Chemie & Life Sciences

Unser Kurs heißt Wachstum

Spezialchemiekonzern Lanxess schließt Umbau ab und setzt sich ehrgeizige Ziele

07.10.2010 -

Mit dem Börsengang im Januar 2005 ging Lanxess offiziell an den Start. Der Name - ein Kunstwort aus „lancer" und „success" - wurde zum Programm: Aus dem Commodity-Spinoff des Bayer-Konzerns hat sich ein profitables, weltweit agierendes Unternehmen der Spezialchemie entwickelt. Damit hat das Management den Umbau des Unternehmens abgeschlossen und eine neue Phase eingeläutet: Wachstum. CHEManager sprach mit dem Vorstandsvorsitzenden Dr. Axel C. Heitmann über die Entwicklung, die Pläne und Ziele des Unternehmens und die Strategie für die kommenden Jahre.

CHEManager: Herr Dr. Heitmann, wo stand Lanxess im Januar 2005?

A. C. Heitmann: Wir wurden ab dem ersten Tag unserer Selbstständigkeit mit harten Fakten konfrontiert. Als wir damals vor sechs Jahren als Spin-Off-Unternehmen an den Start gingen, sahen uns viele unserer Stakeholder mit großer Skepsis - teilweise begründet. Denn unsere Geschäfte waren leistungsschwach und unprofitabel. Um Lanxess auf Wachstumskurs zu bringen, trafen wir harte Entscheidungen und handelten entschlossen.
Wir mussten das Unternehmen umgestalten, unproduktive Geschäfte abgeben und uns auf das konzentrieren, was wir am besten können.

Wie wurde Lanxess zu dem, was es heute ist?

A. C. Heitmann: Grundlage des Erfolgs war eine Vier-Phasen-Strategie: Notwendig war - erstens - eine Verbesserung der Performance in allen Geschäften. Um dies zu erreichen, richteten wir den Konzern stärker unternehmerisch aus. Die Leiter unserer Business Units erhielten weltweit mehr Verantwortung.
Zweitens: Für den Erfolg des Unternehmens waren gezielte Restrukturierungen notwendig. Wir haben bestimmte Geschäfte ausgegliedert, die nicht profitabel waren oder unseren langfristigen Wachstumserwartungen nicht entsprachen. Dazu zählten die Geschäftsbereiche Paper Chemicals, Textile Processing Chemicals und Lustran Polymers.
Die dritte Phase betraf die Optimierung unseres Portfolios. Hier stützt sich unsere Strategie auf drei Säulen: die Fokussierung auf Produkte von höchster Qualität, eine konsequente Preis-vor-Menge-Strategie sowie die gezielte Ausrichtung auf Innovationen.
Die vierte Phase unserer Strategie betraf das externe Wachstum des Unternehmens durch Akquisitionen.
Regional konzentrierten wir uns bei unserer Strategie auf die am schnellsten wachsenden Märkte für unsere Produkte und haben uns schon früh entschieden, unsere Geschäfte langfristig in den boomenden BRIC-Staaten - vor allem Brasilien, Indien und China - auszubauen. Diese Ausrichtung war von Beginn äußerst wichtig zur Verbesserung unserer Performance und für unser Wachstum. Ende 2010 wird sich unser Umsatzanteil in diesen Regionen voraussichtlich verdoppelt haben. 2012 werden bereits mehr als 38 % unserer Investitionen nach Asien und Lateinamerika fließen, verglichen mit weniger als 20 % im Jahr 2005. Bestätigt wurde unsere Strategie dadurch, dass gerade diese Staaten sich als erste von der Krise erholt haben. Mittlerweile liegen sie alle mit ihren Wachstumsraten schon weit über dem Vorkrisenniveau, während sich Europa noch nicht wieder vollständig erholt hat.

Welche weiteren Maßnahmen halfen Lanxess durch das Krisenjahr 2009?

A. C. Heitmann: Als die Krise kam, haben wir sofort und schnell gehandelt. Dabei gab es vor allem zwei wichtige Initiativen: Unser globales „Challenge"-Programm, das eine Kombination von technischen Maßnahmen und Kosteneinsparungen im Personalbereich umfasste. Alle Mitarbeitergruppen weltweit, einschließlich des Vorstands, trugen durch deutliche Kürzungen fixer und variabler Gehaltsbestandteile dazu bei, die Kosten zu senken. Inzwischen hat sich unser Geschäft bereits soweit erholt, dass wir nun einen Großteil des „Challenge"-Programms aussetzen können.
Der zweite Schlüsselfaktor zur Bewältigung der Krise war das flexible Anlagenmanagement, das ich auch gerne als „Variabilisierung" unserer Fixkosten bezeichne. Dadurch konnten wir unsere Produktion rasch an die rückläufige Nachfrage anpassen und unsere Ausgaben für Rohstoffe, Energie, Infrastruktur und Logistik senken. Zudem haben wir Überproduktionen mit daraus resultierenden überhöhten Lagerbeständen vermieden, die wiederum zu niedrigeren Preisen geführt hätten.
Über die Maßnahmen im Personalbereich und das flexibles Anlagenmanagement hinaus haben wir während der Krise mehr als 120 spezifische Einzelmaßnahmen auf den Weg gebracht. Und die Ergebnisse waren schon innerhalb kurzer Zeit sichtbar: Insgesamt haben wir in den Jahren 2009 und 2010 Einsparungen von 290 Mio. € realisiert und zudem unsere Schulden reduziert, unsere Liquiditätsreserven erhöht sowie unsere Bilanzstruktur verbessert.

Wo steht Lanxess heute?

A. C. Heitmann: Wir sind heute ein äußerst stabiles Unternehmen, das weltweit im Jahr 2009 einen Umsatz von 5 Mrd. € erzielt hat und aktuell weltweit an 42 Produktionsstandorten präsent ist. Das Kerngeschäft von Lanxess bilden Entwicklung, Herstellung und Vertrieb von Kunststoffen, Kautschuken, Zwischenprodukten und Spezialchemikalien. Zum Abschluss dieses Geschäftsjahres werden wir trotz der globalen Wirtschaftskrise im vergangenen Jahr unser EBITDA vor Sondereinflüssen gegenüber 2004 um rund 80 % auf ca. 800 Mio. € gesteigert haben. Unsere EBITDA-Marge wird im Jahr 2010 bei rund 12 % liegen, nach 6,6 % im Jahr 2004. Diese Erfolgsgeschichte spiegelt unsere operative Stärke wider. Für Lanxess hat jetzt eine neue Ära des Wachstums begonnen.

Welche Ziele haben Sie sich für die „neue Ära" gesetzt?

A. C. Heitmann: Wir planen eine weitere Steigerung des Ergebnisses um 80 % in den kommenden fünf Jahren. Für 2015 haben wir ein EBITDA vor Sondereinflüssen von rund 1,4 Mrd. € anvisiert. Dies ist mit Sicherheit ein herausforderndes Ziel. Aber es ist erreichbar! Um dieses mittelfristige Ergebnisziel zu erreichen, setzen wir auf eine zweigleisige Strategie mit organischem und externem Wachstum.

Also Innovationen und Akquisitionen gleichermaßen?

A. C. Heitmann: Wir werden auch in den kommenden fünf Jahren organisches Wachstum aus eigener Kraft stärker betonen als externes Wachstum. Ein Verhältnis von organischem zu externem Wachstum von 2 zu 1 hat uns in der Vergangenheit gut gedient. Diese Strategie werden wir beibehalten.
Sehr erfolgversprechend ist zudem unsere Fähigkeit, vier der wichtigsten Wachstumstrends profitabel zu nutzen: Die Welt wird immer mobiler. Die Welt braucht immer mehr Nahrungsmittel. Weltweit ziehen immer mehr Menschen in Großstädte. Und die Welt braucht mehr denn je eine gesicherte Versorgung mit sauberem Wasser. Alle unsere Geschäftsbereiche profitieren von der Ausrichtung auf Premiumprodukte für Mobilität, Landwirtschaft, Urbanisierung und Wasser. Und wir erwarten von jedem unserer Geschäfte, dass es seinen Beitrag zum Erreichen unserer Ziele leistet. Die konkrete Vorgabe lautet. Es muss bis 2015 ein durchschnittliches jährliches EBITDA-Wachstum vor Sondereinflüssen von mindesten fünf Prozent erzielen.

Wie wollen Sie Ihre Unternehmensziele erreichen?

A. C. Heitmann: Hierfür sind eine Reihe an Schlüsselinvestitionen notwendig. Dazu zählt unsere bislang größte Investition von 400 Mio. € in eine hoch moderne Butylkautschukanlage in Singapur. Die Anlage verfügt über eine Kapazität von 100.000 t/a und nimmt ihren Betrieb Anfang 2013 auf. Die Anlage zielt mit ihren Produkten vor allem auf die boomenden Reifenmärkte in Asien. Außerdem werden wir unsere bestehende Anlage für Butylkautschuk in Antwerpen ausbauen.
Darüber hinaus investieren wir in bestehende Produktionskapazitäten für den Hochleistungskautschuk Neodymium Polybutadiene Rubber - NdPBR - in Deutschland, Brasilien und den USA. Für die Produktion von Hochleistungsreifen wird dieser Kautschuktyp immer wichtiger. Für NdPBR erwarten wir ein globales jährliches Wachstum von etwa 10 %, was bedeutet, dass die Nachfrage das Angebot 2014 übersteigen wird. LANXESS ist führend in dieser wichtigen Technologie und wird seine Position durch den Aufbau zusätzlicher Kapazitäten in Asien weiter stärken. Wir prüfen derzeit den Bau eines neuen Werkes für Nd-PBR mit einer Kapazität von 100.000 bis 150.000 t/a. Die Entscheidung, ob und wo das neue Werk in Asien gebaut wird, erfolgt innerhalb der kommenden fünf Monate.

Wie tragen die anderen Geschäftsbereiche von Lanxess zur Ausrichtung auf die Megatrends bei?

A. C. Heitmann: Auch mit unseren Hightech-Kunststoffen Durethan und Pocan bedienen wir den Megatrend Mobilität. Durch deren Anwendungen werden Karosserieteile im Automobilbau leichter und tragen somit zur Energieeffizienz im Straßenverkehr bei. Aufgrund der wachsenden Nachfrage nach diesen Produkten bauen wir derzeit die bestehenden Kapazitäten in Wuxi, China, aus und errichten ein neues Werk am indischen Standort Jhagadia.
Mit Blick auf die Megatrends Landwirtschaft, Urbanisierung und Wasser wurden weitere Investitionsprojekte gestartet. Ein Beispiel ist der Neubau eines Werkes in Bitterfeld für Membran-Filtertechnologie. Ab dem Jahr 2011 bietet Lanxess damit eine neue Klasse von Produkten zur industriellen Wasseraufbereitung an. Diese Technologie stellt einen rasch wachsenden Markt dar, der jetzt schon auf ein Volumen von über 1 Mrd. € geschätzt wird. Zusätzlich wird in Jhagadia auch ein neues Werk zur Produktion von Ionenaustauschern gebaut. Die Produktion dort wird noch in diesem Jahr beginnen und zielt auf den wachsenden Markt für Wasseraufbereitung in Asien.
Diese Beispiele belegen, dass sich jeder Euro, den wir in organisches Wachstum investieren, rentiert. Mit all diesen Projekten werden wir die Wirtschaftlichkeit unseres Unternehmens weiter steigern. 

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