Chemie & Life Sciences

Große Chance für fermentatives Isobuten

Global Bioenergies nimmt weltweit einzige Demonstrationsanlage stufenweise in Betrieb

28.02.2017 -

Global Bioenergies hat Ende 2016 eine Demonstrationsanlage zur direkten fermentativen Umwandlung von erneuerbaren Rohstoffen in gasförmige Kohlenwasserstoffe fertiggestellt. Die Konzeption dieser Demonstrationsanlage ist weltweit einzigartig – sie greift sowohl auf Technologieelemente des Fermentations- als auch des Petrochemiebereichs zurück. Die Anlage wurde im Fraunhofer-Zentrum für chemisch-biologische Prozesse CBP im Industriepark von Leuna installiert und u.a. durch einen Zuschuss des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) in Höhe von 5,7 Mio. EUR sowie ein Darlehen eines Konsortiums französischer Banken (Société Générale, BNP Paribas, CM-CIC und BPI) über 4,4 Mio. EUR finanziert.

In der Demonstrationsanlage können verschiedene Zucker wie Glukose, Saccharose und Xylose aus verschiedenen Quellen wie zucker- oder stärkehaltige Pflanzen sowie Agrar- und Forstabfallstoffen verwertet werden. Das entstehende Produkt Isobuten hat einen existierenden Multimilliarden-Euro-Markt mit Anwendungen im Bereich synthetischer Butylkautschuke (z.B. für Reifenschläuche und Kaugummis), Polyisobutylen für verschiedene Schmiermittel sowie andere Kunststoffanwendungen. Derivate von Isobuten wie Isooktan und Isododekan werden in der Kosmetikindustrie sowie im Treibstoffbereich eingesetzt.

Weg zum Bau der Demonstrationsanlage

Laut Ales Bulc, Geschäftsführer der deutschen Niederlassung von Global Bioenergies, war der Weg bis zum Bau der Demonstrationsanlage in Leuna sehr lang. „Zahlreiche Zulieferer waren an den Arbeiten beteiligt. Das Leuna-Team von Global Bioenergies übernahm die Rolle des Generalunternehmers – dabei war die Synchronisierung der Bewältigung aller Aufgaben äußerst herausfordernd, ermöglichte es aber, das technische Know-how im Unternehmen zu behalten“, so Bulc.

Nachdem Global Bioenergies gentechnisch veränderte Bakterien entwickelt hatte, die in der Lage waren, Zucker in leichte Olefine zu verwandeln, hatte das Unternehmen entschieden, alle Schritte von der technologische Prozessentwicklung über die Kommerzialisierung der Technologie bis hin zur endgültigen Lizenzvergabe an interessierte Investoren selbst zu übernehmen.

Dabei bestanden die Herausforderungen zunächst einmal im Up-Scaling des Prozesses aus dem Labor- in den Produktionsbereich und in der Anpassung des Verfahrens auf ein industrielles Umfeld. Die entsprechende Pilotanlage dazu wurde in Pomacle in Frankreich gebaut. Der Transfer der Bakterien aus den Labor-Fermentern im französischen Evry in den Pilotfermenter in Pomacle mit einer Kapazität von 500 l fand im Jahr 2014 statt. Thomas Buhl, Leiter Business Development, Global Bioenergies, ergänzte: „Die Demonstrationsanlage in Leuna stellt nun den letzten Schritt vor der kommerziellen Produktion dar.“

Entscheidung für Leuna

Global Bioenergies hat sich weltweit nach einem möglichen Standort für die Demonstrationsanlage umgesehen. Es wären z.B. auch einige Standorte in den USA möglich gewesen. Bulc nannte die folgenden Gründe, warum die Entscheidung auf Leuna gefallen ist: „Ein Aspekt war, dass das Fraunhofer CBP bereits die Erlaubnis hatte, mit genmodifizierten Bakterien zu arbeiten. Auch wenn es in den USA grundsätzlich einfacher ist, eine solche Erlaubnis zu erhalten, hätte dies eine Weile gedauert. So konnten wir Zeit sparen.“ Ein weiterer Grund war die Tatsache, dass CBP als Teil der deutschen Spitzencluster-Initiative „BioEconomy“ den Standort Leuna speziell auf den Bau biochemischer Demonstrations- und Pilotanlagen ausgelegt hatte. Außerdem waren bereits alle notwendigen infrastrukturellen Gegebenheiten, von der Energieversorgung bis zur Abfallbeseitigung, verfügbar. „Ausschlaggebend für den Standort Leuna war, dass hier sowohl die biotechnologischen also auch die petrochemischen Kompetenzen vorhanden waren. Letzteres ist für uns besonders wichtig, da die von uns hergestellte Substanz Isobuten eine seit etlichen Jahrzenten bereits in der Petrochemie verwendete Substanz ist“, fügte Buhl hinzu. Nicht zuletzt haben all diese Faktoren die Kosten für den Bau der Anlage niedrig gehalten.

Auf einen weiteren Aspekt machte Bulc aufmerksam: „Zusätzlich beweist der Standort in Europa und insbesondere in Deutschland, dass es möglich ist, für diese Technologie – trotz einer Vielzahl an Auflagen für Umwelt und Sicherheit – in der ganzen Welt eine Betriebserlaubnis zu erhalten.“

Wahl der Anlagengröße

Das Fermentervolumen der Anlage beträgt 5 m3 und es können damit bis zu 100 t/a Isobuten produziert werden. „Die Demonstrationsanlage musste groß genug sein, um Mengen zu produzieren, die nicht nur für die Analyse in den F&E-Abteilungen der Chemieproduzenten und anderer interessierter Abnehmer ausreichen, sondern es musste auch möglich sein, Mengen zu produzieren, die vergleichbar mit denen in existierenden Isobutenanlagen sind. Dafür musste die Demonstrationsanlage eine Kapazität von etlichen Tonnen im Jahr besitzen“, so Bulc. Die Wahl dieser Größe sollte es außerdem ermöglichen, die Betriebsdaten, die in der Pilotanlage in Pomacle gesammelt worden waren, mit denen in Leuna direkt zu vergleichen.

Stufenweise Inbetriebnahme

Global Bioenergies hat inzwischen die offizielle Genehmigung zur Inbetriebnahme der Demonstrationsanlage vom TÜV erhalten. Diese Genehmigung wurde nach einer vollständigen Prüfung, die sich vor allem auf Sicherheits- und Umweltfragen konzentrierte, für den Fermentationsbereich erteilt. Stufenweise soll die Anlage nun in Betrieb genommen werden. In den nächsten Wochen soll fermentatives Isobuten hergestellt werden, das abgefackelt wird. Die Aufbereitungsanlage und die Abfüllstation werden voraussichtlich im Laufe des 1. Quartals 2017 in Betrieb gehen. Kurz darauf sollte die Auslieferung von Isobuten im Tonnenmaßstab beginnen. Es wird erwartet, dass die Prozessparameter bis Ende 2017 nahe an den für eine kommerzielle Nutzung nötigen Zielwerten liegen werden, so dass dann die industrielle Verwendung erfolgen kann. Buhl abschließend: „Wir werden die Anlage nicht zusammen mit Industrieunternehmen betreiben, sondern aktuellen Partnerunternehmen sowie zukünftig interessierten Unternehmen ermöglichen, Material aus der Demonstrationsanlage – sowie Derivate davon – für ihre jeweilige Anwendung zu testen. Wir haben bereits Testmaterial an mehrere Unternehmen wie z.B. Arkema, Clariant, Arlanxeo und Audi aus unserer industriellen Pilotanlage in Frankreich geliefert und planen dies auch für Material aus Leuna. Des Weiteren besteht ein Vertrag mit dem Spezialkraftstoffhersteller Aspen, welcher sich ebenfalls Rechte an der Produktion in Leuna gesichert hat.“ (bm)

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