Logistik & Supply Chain

Studie untersucht Präventionsmaßnahmen in Transportprozessen

13.03.2013 -

Eine gemeinsame Studie der ETH Zürich und Universität St.Gallen (HSG) untersucht erstmals Motive und Unterstützungsfaktoren für den Einsatz von Präventionsmaßnahmen in Transportprozessen bei Frachtführern und verladenden Unternehmen.


Transportprozesse stellen die physischen Bindeglieder der heute global vernetzten Beschaffungs- und Absatzmärkte dar. Insbesondere bei Terminfracht besteht darüber hinaus die Möglichkeit eines Betriebsunterbruchs beim Warenempfänger, so dass Transportschäden schnell auch größere Ausmaße annehmen können. Die ETH Zürich und Universität St.Gallen untersuchen daher erstmals Motive und Unterstützungsfaktoren für den Einsatz von Präventionsmaßnahmen in Transportprozessen aus dem Blickwinkel von verladenden Unternehmen und Frachtführern. Für die Studie sind insgesamt 135 befragt worden, darunter 75 aus der verladenden Wirtschaft und 43 Frachtführer. Unterstützt wurde die Studie durch das Swiss Shippers` Council (SSC) sowie die Transported Asset Protection Association (TAPA), die ihre Mitgliedsfirmen zu der Studie eingeladen haben.

Aktuelle Verbreitung von Präventionsmaßnahmen in den Transportprozessen

Als Präventionsmaßnahmen verstehen wir einerseits technische Maßnahmen, die insbesondere die Transparenz über die Risiken in Transportprozessen erhöhen. Andererseits können diese Informationen von den Unternehmen genutzt werden, um mit s.g. nicht-technischen Maßnahmen entweder die Eintrittswahrscheinlichkeit oder die Höhe eines Schadens effektiv zu reduzieren. Unter die technischen Maßnahmen fallen z.B. die günstigen und vergleichsweise einfachen Indikatoren bzw. Sicherheitssiegel oder Daten-Logger bis hin zu den komplexen GPS- oder Sensor-Telematik- Modulen, die am Packstück selbst angebracht werden können oder das Transportmittel (Container, Lkw, etc.) überwachen.
Zu den nicht-technischen Maßnahmen zählen z.B. eine möglichst direkte Transportroute ohne unnötiges Umladen, die Verteilung der Güter auf mehrere Teilsendungen, die Verkürzung der Transportzeit, die Wahl von risiko-optimierten Verpackungskonzepten und die Schulung sowie Sensibilisierung der Mitarbeiter.

Aus der Analyse der Umfrageergebnisse geht hervor, dass unter den technischen Maßnahmen der Einsatz von GPS-Telematik in der Wirtschaft am weitesten verbreitet ist. 41% der befragten Unternehmen setzten GPS-Telematik in hohem bzw. sehr hohem Masse ein. Die Sicherheitssiegel und Indikatoren erreichen mit 35% und 27% einen ähnlich hohen Verbreitungsgrad. Beim Einsatz nicht-technischer Maßnahmen dominieren die Schulungen der Logistikmitarbeiter. Über ein Viertel der Befragten (35%) setzt die Schulungen in (sehr) hohem Maße ein. Auch die Wahl von Transportrouten ohne Umschlagspunkte (Direktverkehre) ist vergleichsweise weit verbreitet (37%).

Motive für den Einsatz von Präventionsmaßnahmen

Die Studie zeigt, dass Präventionsmaßnahmen meist auf externen Druck von außen in den befragten Unternehmen eingeführt werden (Vgl. Abb. 1). Mehr als zwei Drittel der befragten verladenden Unternehmen (67%) bestätigen, Präventionsmaßnahmen aufgrund des Kundendrucks einzusetzen. Rund die Hälfte der Befragten gibt an, diese auf Druck der Versicherung hin einzusetzen. Die Analyse der hintergründigen Motive zur Umsetzung von Präventionsmaßnahmen zeigt (s. Abb. 2), dass die Reduzierung der Schadenkosten die höchste Bedeutung hat (68% (volle) Zustimmung).

Die Sicherstellung der Produktqualität (62%) sowie der Liefertreue (64%) wurden weiterhin als zentrale Motive für den Einsatz präventiver Maßnahmen angegeben. Die vergleichsweise hohe Zustimmung in Bezug auf die Reduzierung von Falschauslieferungen (56%) nimmt die Frachtführer besonders in die Pflicht. Logistik-orientierte Zielsetzungen, z.B. Bestandsreduzierung, Betriebskostenreduktion, spielen beim Einsatz von Präventionsmaßnahmen für die befragten Unternehmen eine untergeordnete Rolle. Zusammenfassend zeigt sich in den Unternehmen bei den Motiven des Präventionseinsatzes ein Schwerpunkt bei der Reduzierung von Schadenkosten. Da in Unternehmen für Investitionsentscheidungen detaillierte Kosten-Nutzen-Vergleiche durchgeführt werden, erscheint es naheliegend, dass Investitionen in die Schadenprävention auch in erster Linie die Reduzierung der Schadenkosten bewirken sollen. Dies widerspiegelt die grundlegendsten Mechanismen eines „Business Cases".

Weitere Ergebnisse und Details zur Schadenprävention sowie Empfehlungen für die Praxis lesen Sie in CHEManager-Ausgabe 19/2012 oder auf www.chemanager-online.com/logistik

Schadenprävention: Verlader vs. Frachtführer

Als begünstigende Faktoren für den Einsatz von Präventionsmaßnahmen identifizierte die vorliegende Studie eine hohe Risikoorientierung der Unternehmen, externen Druck und einen hohen Informationsaustausch über die eigenen Unternehmensgrenzen hinweg. Die grundlegende Idee hinter diesen begünstigenden Faktoren ist, dass Unternehmen mit einer hohen Risikoorientierung, durch externen Druck sowie einen ausgedehnten Informationsaustausch mit Kunden bzw. Lieferanten die Präventionsmaßnahmen einfacher und erfolgreicher in die bestehenden Prozesse integrieren können.

Die Umfrageergebnisse zeigen bei der Umsetzung von Präventionsmaßnahmen signifikante Unterschiede zwischen verladenden Unternehmen und Frachtführern (Vgl. Abb. 3). Mögliche Gründe hierfür liegen im Angebot einer standardisierten Dienstleistung und der daraus resultierenden Austauschbarkeit der Frachtführer. Über die Positionierung der Frachtführer als hochwertiger und sicherer Dienstleister besteht für sie die Möglichkeit, sich am umkämpften Markt entsprechend zu differenzieren. Transporte sind das Kerngeschäft der Frachtführer und diese sind bestrebt die Transportgüter unbeschädigt zu transportieren. Die Nutzung von „Synergieeffekten" bei der Umsetzung von Präventionsmaßnahmen ist für die Unternehmen damit besonders vorteilhaft. Gleichzeitig können die verladenden Unternehmen die Verantwortung (und damit auch die Kosten) hierfür an die Frachtführer übertragen.

Frachtführer setzen sowohl operative Risikomanagementmaßnahmen als auch die nicht-technischen Maßnahmen in höherem Maße ein als dies in den verladenden Unternehmen der Fall ist. Vor allem operative Maßnahmen sind bei den Frachtführern weit verbreitet (Wert: 5.67). Bei der Umsetzung technischer Präventionsmaßnahmen ist der Unterschied zwischen verladenden Unternehmen und den Frachtführern weniger deutlich. Frachtführer bspw. zeigen bezgl. Transportschäden eine signifikant größere Risikoorientierung (Wert: 6.02). Daraus lässt sich schlussfolgern, dass sie mit Transportschäden und somit auch mit entsprechenden Präventionsmaßnahmen vertrauter sind als verladende Unternehmen. Frachtführer bewerten zudem den externen Druck zu deren Einsatz (Wert: 5.77) wesentlich größer als verladende Unternehmen (Wert: 4.81).

Empfehlungen für die Praxis

Vor dem Einsatz von Präventionsmaßnahmen steht die genaue Analyse der konkreten Risikosituation eines spezifischen Transports. Dabei kann sich die Risikosituation bei Verwendung mehrerer Verkehrsträger oder beim Transport unterschiedlich gefährdeter Güter auch innerhalb des Unternehmens deutlich unterscheiden. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass Unternehmen primär aus externer Veranlassung heraus und insbesondere aufgrund des hohen Kundendrucks Präventionsmaßnahmen im Transport umsetzen. Die verladende Wirtschaft erhöht den Druck auf ihre Frachtführer und ergreift nur vereinzelt selbst Maßnahmen zur Prävention von Transportschäden. Besonders weit vorangeschritten ist der Einsatz von Präventionsmaßnahmen bei den befragten Frachtführern. Für diese Gruppe stellen Transporte das tägliche Kerngeschäft dar und sie profitieren durch Schadenprävention hinsichtlich einer qualitativ hochwertigeren Transportleistung. Im Idealfall arbeiten die verladenden Unternehmen mit den Frachtführern zusammen. So kann es zur Vermeidung von Beschädigungen sinnvoll sein, wenn das verladende Unternehmen die Verpackung besser polstert und der Frachtführer auf unnötige Umschlagsprozesse verzichtet.

Wie die Studie zeigt, sind Frachtführer und verladende Unternehmen von einer hohen Kundenorientierung geprägt. Frachtführer können die technischen Präventionsmaßnahmen auch für die Gestaltung spezieller eigener Services nutzen und ihren Kunden z.B. eine hochauflösende Sendungsverfolgung inkl. Übermittlung der jeweiligen Transportkonditionen (Temperatur, Erschütterung, Feuchtigkeit, etc.) anbieten. Sie profitieren so vom Einsatz von Präventionstechnologien. Doch auch verladende Unternehmen können Synergien aus dem Einsatz von Präventionsmaßnahmen nutzen. Wesentliche Prinzipien und Philosophien, die für eine erfolgreiche Prävention von Transportschäden wichtig sind, haben Unternehmen häufig im Bereich des Qualitäts- und Risikomanagements bereits umgesetzt. Die Prävention von Transportschäden ermöglicht demnach, die eigene Sicherheitskultur über die Unternehmensgrenzen hinweg zu erweitern und den Empfängern eine unbeschädigte Belieferung sicherzustellen. Bei den technischen Präventionsmaßnahmen eignen sich besonders die Indikatoren für einen großflächigen Einsatz und die Sensibilisierung des Logistikpersonals während des Warenumschlags durch die entsprechende Kennzeichnung. Mit dem Einsatz von Indikatoren wird primär eine Reduktion der Schadenfrequenz beabsichtigt. Die teuren Telematik-Systeme können dagegen bei hochwertigen Transportgütern die sinnvollere Wahl sein.

An erster Stelle für einen erfolgreichen Einsatz von Präventionsmaßnahmen steht das Eingeständnis der Problematik von Transportschäden im eigenen Unternehmensbereich. Diese Problemwahrnehmung von Transportschäden sollte auch in der Geschäftsführung vorhanden sein. Nur so können finanzielle Mittel für eine Analyse der bestehenden Risikosituation und im Anschluss die sinnvollen Präventionsmaßnahmen identifiziert und umgesetzt werden. Doch auch durch den Einsatz von Präventionsmaßnahmen lassen sich Transportschäden nie vollständig vermeiden. Dennoch auftretende Schäden sollten aber Anlass geben, weitere Probleme detailliert zu analysieren und - im Sinne eines Zyklus - Schäden in den Transportprozessen schrittweise kontinuierlich zu reduzieren.

Bei einem flächendeckenden Einsatz der Präventionsmaßnahmen können vor allem die häufigen und zumeist kleinen Transportschäden reduziert werden. Schäden also, die momentan die verladenden Unternehmen aufgrund des Selbstbehalts oft selbst tragen. Mit der Schadenprävention helfen die Unternehmen sich und ihren Kunden und für den trotzdem weiterhin möglichen Schaden bleiben sie durch ihre Versicherung geschützt. Unternehmen sollten sich daher über die vielfältigen Präventionsangebote informieren.


Vollständige Studie unter www.alexandria.unisg.ch/Publikationen/Zitation/Alexander_Skorna/212917

 

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