Anlagenbau & Prozesstechnik

Vier Messstellen reichen für ein Fünftel des importierten Mineralöls

Eingriffsfreie Durchflussmessung bewährt sich an der Tankerlöschbrücke

04.11.2015 -

Clamp-On-Ultraschallsensoren von Flexim überwachen den Durchfluss von fast 20 Mio. t Rohöl im Jahr an der Tankerlöschbrücke in Wilhelmshaven.

„Mindestens ein Fünftel des nach Deutschland importierten Mineralöls wird von unseren Durchflussmessern Fluxus erfasst“, berichtet Ingrid Panicke, die als Marketing-Managerin bei Flexim den Industriesektor Öl und Gas betreut. Wer nun glaubt, die Durchflussmessung von fast 20 Mio. t
Rohöl im Jahr erfordere eine riesige Anzahl von Messgeräten, hat weit gefehlt: „Für diese 20 % an der Mineralölversorgung Deutschlands genügen ganze vier Messsysteme“, klärt sie auf: „Diese messen auf der Löschbrücke der Firma Nord-West Oelleitung GmbH in Wilhelmshaven das Mineralöl, das von den dort angelandeten Tankern umgeschlagen wird.“

Die Mineralölversorgung sicherstellen
Die Nord-West Oelleitung GmbH (NWO) wurde 1956 mit dem Ziel gegründet, die erste Mineralölfernleitung in Europa zu bauen, zu betreiben und mit dieser die Mineralölversorgung der Raffinerien im Emsland und Rhein-Ruhr-Gebiet sicherzustellen. Bereits zwei Jahre später konnten die Anlagen in Betrieb genommen werden. Zu den Betriebsanlagen gehören seither im Wesentlichen die Tankerlöschbrücke und das Tanklager in Wilhelmshaven sowie die Fernleitung von Wilhelmshaven bis nach Wesseling bei Köln. Außerdem übernimmt NWO die Betriebsführung für eine weitere Fernleitung von Wilhelmshaven nach Hamburg und es sind zudem verschiedene Kavernenanlagen an die Anlagen angebunden. Über die Tankerlöschbrücke wird von Tankern angelandetes Mineralöl in das angeschlossene Tanklager gelöscht und anschließend in die Fernleitungen gepumpt. An dieser Stelle beginnt, neben dem Umschlag und der Lagerung von Mineralöl, das eigentliche Kerngeschäft der NWO als Dienstleistungsunternehmen, nämlich die Durchleitung von Mineralöl bzw. die Belieferung der angeschlossenen Raffinerien und Kavernen.
NWO gilt als Keimzelle des einzigen deutschen Tiefwasserhafens Wilhelmshaven und entwickelte sich als Knotenpunkt für Umschlag, Lagerung und Durchleitung zum bedeutendsten Mineralölimporthafen Deutschlands. In Europa gibt es vergleichbare Anlagen noch in Triest, Rotterdam und Marseille. Seit Betriebsbeginn haben mehr als 18.000 Tanker an der Löschbrücke des bedeutendsten deutschen Mineralölimporthafens angelegt und mehr als 1 Mrd. t Mineralöl gelöscht. Im vergangenen Jahr 2014 betrug die Umschlagsmenge 18,6 Mio. t, was bei Gesamteinfuhren nach Deutschland in Höhe von 89,6 Mio. t einem Anteil von knapp 21 % entspricht.

Der Weg des Öls
Das bei NWO per Tanker ankommende Mineralöl beginnt seinen Weg durch die Anlagen an der Tankerlöschbrücke. Für die Ölschiffe ist sie von der Seeseite und vom Land aus über eine 670 m lange Zufahrtsbrücke erreichbar. Die Löschbrücke selbst ist 1.207 m lang und liegt nahe am Fahrwasser, sodass die Tanker hier problemlos festmachen können, um ihre Ladung umzuschlagen. Für den Umschlag von Mineralöl stehen dem Stand der Technik entsprechende, äußerst leistungsstarke Verladeeinrichtungen, sogenannte Löschköpfe, zur Verfügung. Sie bieten einen hohen Standard in puncto Sicherheit und Umweltschutz und garantieren zudem kurze Liegezeiten der Tanker während der Tag- und Nachtzeit, an sieben Tagen in der Woche.
Insgesamt stehen drei Löschköpfe mit einer Gesamtumschlagleistung von 40.000 m3/h Mineralöl zur Verfügung. Die Leistung verteilt sich auf zwei Löschköpfe, mit denen jeweils bis zu 12.000 m3/h umgeschlagen werden können sowie auf einen Löschkopf mit bis zu 16.000 m3/h Löschleistung. Die Tanker pumpen das Öl mit schiffseigenen Pumpen über die Löschköpfe in das Tanklager der NWO, sodass die tatsächliche Löschleistung von der Pumpenkapazität des jeweiligen Tankers abhängt. In der Regel wächst diese mit der Schiffsgröße, wodurch eine durchschnittliche Löschzeit von etwa 24 Stunden auch bei größeren Tankern kaum überschritten wird.

Sicherheit und Effizienz
Weil aus Sicherheitsgründen eine festgelegte Fördermenge pro Leitung nicht überschritten werden darf, muss der Löschvorgang mit Durchflussmessern überwacht werden. Darüber hinaus können durch die Messung der Löschleistung die Schiffspumpen so geregelt werden, dass Anlagen und Prozess bestmöglich gefahren werden. Nicht zuletzt erlauben Durchflussmessungen eine erste Erfassung der gelöschten Mineralölmengen. Die fiskalisch relevante Mengenmessung erfolgt durch Füllstandmessungen in den jeweiligen Tanks.
Bislang kommen zur Durchflussmessung Staudrucksonden und Turbinen zum Einsatz, die nicht auf der Löschbrücke selbst, sondern an Land installiert sind. Diese benetzten Messeinrichtungen haben ihre bekannten Schwächen: Sie sind mechanischem Verschleiß ausgesetzt und verfügen nur über eine geringe Messdynamik, d. h. sie messen nur in einem beschränkten Arbeitsbereich genau. Für Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten muss die Rohrleitung geöffnet werden, steht also dem Betrieb zeitweise nicht zur Verfügung. Im Rahmen der Modernisierung der Anlagentechnik suchten die verantwortlichen Ingenieure daher gezielt nach einer besseren Alternative.

Eingriffsfreie Durchflussmessung mit Clamp-On-Ultraschalltechnik
Einmal mehr erweist sich die eingriffsfreie Durchflussmessung mit Fluxus als ideale Lösung. Weil die Clamp-On-Ultraschallsensoren einfach außen auf dem Rohr angebracht werden, sind sie keinerlei Verschleiß durch das innen fließende Medium ausgesetzt. Die Installation erfordert kein Öffnen der Leitung und erfolgt bei laufendem Betrieb. Das akustische Messverfahren ist trägheitsfrei und bietet eine außerordentliche Messdynamik, also hohe Genauigkeit von den geringsten bis höchsten Strömungsgeschwindigkeiten. Dadurch können auch An- und Abfahrvorgänge genau erfasst werden.
Nachdem der zuständige Vertriebsaußendienstmitarbeiter mit seinem portablen Durchflussmesser die grundsätzliche Eignung der Clamp-On-Ultraschalltechnik für diese Messaufgabe demonstriert hatte, entschieden sich die Verfahrensingenieure der NWO, zunächst einen der drei Löschköpfe mit Fluxus zu instrumentieren. Eine besondere Schwierigkeit der Messung liegt darin, dass die Tankerpumpen häufig auch Luft fördern, die als Blasen im Mineralölstrom die Ultraschallsignale stark dämpfen. Diese Herausforderung wurde durch die Verwendung von Ultraschallsensoren, die mit Lamb-Wellen arbeiten, gelöst. Um höchste Zuverlässigkeit gewährleisten zu können, wurde die Messung zweikanalig ausgeführt. Schließlich sollten zur Erreichung höchstmöglicher Genauigkeit auch noch die im Prozessleitystem vorliegenden Werte für Dichte und Viskosität des jeweils gelöschten Mineralöls für die Durchflussmessung verrechnet werden. Als Messumformer kommt daher der Fluxus F709 zum Einsatz, über dessen frei konfigurierbare Eingänge Dichte und Viskosität als Stromsignal eingespeist werden und der im überdruckgesicherten Schaltraum des Löschkopfes untergebracht wurde.
Die eingriffsfreie Durchflussmessung mit Fluxus überzeugte auch im Langzeittest. Daher wurden auch die beiden weiteren Löschköpfe entsprechend nachgerüstet. An einem dieser Löschköpfe werden außer Mineralöl auch hochviskose Raffinerierückstandsprodukte umgeschlagen, die gewärmt angelandet und durch eine isolierte, beheizte Leitung zu den Tanks an Land gepumpt werden. Hier spielt die eingriffsfreie akustische Messung von außen erst recht ihre Vorteile aus. Die Clamp-On-Sensoren wurden in die Isolierung integriert.
Sämtliche Messungen wurden im Vergleich zu den Tankfüllstandmessungen feldkalibriert. Mit Hilfe der genauen und dynamischen Durchflussmessungen soll nun noch ein zusätzliches Sicherheitssystem zur schnellen Erkennung eventueller Leckagen implementiert werden.
Ingrid Panicke ist jedenfalls kein Mensch, der sich mit 20 % zufrieden gibt: „Natürlich passieren Mineralöle und Mineralölprodukte in den nachgelagerten Prozessen der Verarbeitung und des Transports noch viele Male mit unseren Durchflussmessern instrumentierte Messstellen. Aber unsere Clamp-On-Ultraschallsysteme Fluxus eignen sich halt auch insbesondere zur eingriffsfreien Messung an den großen Transportleitungen. Kurzum: Die verbleibenden 80 % reizen uns schon sehr.“

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