Anlagenbau & Prozesstechnik

Die Entwicklung einer Branchenlösung im Single-use Bereich

18.01.2017 -

Hersteller biopharmazeutischer ­Produkte müssen sich stets der zahlreichen operativen Herausforderungen bewusst sein, die während des gesamten Fertigungsprozesses bis hin zum Endkunden auftreten können – auf kleiner wie auch auf großer Ebene – und sie müssen entsprechende Lösungen parat haben.

Werden die täglichen (kleineren) Probleme nicht effizient gemeistert, wird der Produktionsfluss nicht funktionieren. Da viele biopharmazeutische Produkte sehr anfällig für Veränderungen oder Schäden durch äußere Einflüsse sind, haben die Hersteller in der Regel mit folgenden Anforderungen zu kämpfen:

  • Gewährleistung eines hohen Reinheits-und Sterilitätsgrads
  • Erreichen geringer Werte für Leachables und Extractables
  • Minimierung der Verunreinigung des Produktstroms durch Partikelabrieb von Kontaktmaterialien
  • Handhabung der Produkte unter Berücksichtigung ihrer Scherempfindlichkeit
  • Gewährleistung eines kontrollierten, kon­stanten Produktstroms mit geringer Pulsation
  • Vermeidung zusätzlicher Hitzebildung beim Herstellungsprozess
  • Gewährleistung möglichst gleichbleibender Fördermengen

Betrachtet man das Gesamtbild, also die Ma­kroebene, dann sehen sich die Hersteller biopharmazeutischer Produkte meist mit folgenden Herausforderungen konfrontiert:

  • Optimierung der Kosten für Anlagen und Wartung
  • Verbesserung der Möglichkeiten für eine schnellere Markteinführung der Produkte
  • Erhöhung der Ertragskraft während der Pa­tentzeit des biopharmazeutischen Produkts

Eine optimale Mischung
Ein schwieriger Schritt im Fertigungsprozess biopharmazeutischer Produkte ist die Gemengemischung, sei es eine Flüssig-Flüssig-Lösung oder eine Fest-Flüssig-Lösung. Die Anforderungen an die Gemengemischung sind denen des gesamten Biopharma-Herstellungsprozesses sehr ähnlich: Es ist ein Verfahren erforderlich, bei dem die hygienischen Standards für das Produkt während des gesamten Fertigungsprozesses aufrecht­erhalten werden, während das Mischverfahren gleichzeitig zeit- und kostenoptimiert abläuft.

Historie
Vor zwanzig Jahren setzten sich die beiden Freunde und Kollegen Mark van Trier und Tom van der Veeken das Ziel, ihr eigenes Vertriebsunternehmen für biopharmazeutische Produkte zu gründen. Es entstand JM Separations mit Hauptsitz in Tilburg, Niederlande. Im Laufe der Jahre hat sich das Aufgabenspektrum des Unternehmens weiterentwickelt und JM Separations ist inzwischen ein wichtiges Ingenieur- und Entwicklungsunternehmen für die Biopharma-Branche. Seit Juni letzten Jahres ist JM Separations Teil des VWR.
„Uns packte mehr und mehr der Wunsch einer eigenen Fertigung und eigener Produkte, die von unserem eigenen Team aus Ingenieuren entwickelt werden, sodass wir den Kunden komplette Prozesslösungen anbieten können“, erklärte Van Trier. „Unser Anspruch besteht darin, den Kunden wirklich mit ihren Lösungen zu helfen“, ergänzte Van der Veeken. „Mark hat in bestimmten Bereichen mehr Kenntnisse und ich in anderen, und zusammen sind wir ein tolles Team.“
In den letzten Jahren beobachteten sie, dass Anlagen und insbesondere Mischanlagen in Kombination mit Pumpen für den Einmalgebrauch über die gesamte Branche hinweg immer häufiger bei biopharmazeutischen Prozessen zum Einsatz kamen und erkannten das Potenzial, das eine solche Technologie den eigenen Kunden bieten könnte. Single-use ist aus ihrer Sicht die bessere Lösung für den Fertigungsprozess, da die Kosten im Vergleich zu Edelstahl-Mischsystemen geringer sind, während gleichzeitig die erforderlichen Fertigungsstandards für hochreine Produkte eingehalten werden können. JM Separations wollte mit dieser Technologie eine Nische füllen. Durch den Einsatz von Single-use Pumpenanlagen könnte das Verfahren zur Gemengemischung optimiert werden.
Für die Umsetzung des Projekts besannen sie sich auf ihre Vergangenheit, genauer gesagt auf ihren ehemaligen Kollegen Frank Glabiszewski, der Anfang der 1990er Jahre mit Van Trier und Van der Veeken zusammengearbeitet hatte. Seitdem hatte Glabiszewski jedoch mit seinem Geschäftspartner Josef Zitron eine Verdrängerpumpe mit 4-Kolben-Membrantechnologie entwickelt und die Firma Quattroflow Fluid System gegründet. „Wir fanden sie gut, denn die Pumpenköpfe sorgen für minimalen Partikelabrieb, was für Biopharma-Unternehmen äußerst wichtig ist“ erklärte Van Trier. „Wir begannen 2010 gemeinsam mit Frank Glabiszewski an einem Mischsystem zu arbeiten“, erläuterte Van Trier. „2013 kam er zu uns und meinte, er habe möglicherweise die Lösung für uns gefunden.“
Diese Lösung ist heute unter dem Namen JM BioConnect ­Qua­ttroMix Single-Use-Mischsystem bekannt. Das System besteht aus einer Quattroflow 4-Kolben-Membranpumpe, mit deren Hilfe die Flüssigkeiten und Feststoffe in einem Mischbehältnis zirkulieren, damit die erforderlichen Misch- und Verdünnungsverhältnisse erreicht werden – und all das innerhalb eines optimierten Zeitrahmens.

Funktionsprinzip
Das Funktionsprinzip des JM BioConnect QuattroMix-Systems ist sehr einfach und leicht verständlich. Ein Mischbehältnis für den Einmalgebrauch wird über die Quattroflow-Pumpe durch eine in das Behältnis integrierte Mischplatte mit 16 Löchern gefüllt. Von dort wird die Flüssigkeit über die Quattroflow-Pumpe vom Boden des Behältnisses an den Außenwänden nach oben gepumpt und dann in der Mitte wieder nach unten und durch die Mischplatte. Dort beginnt sie einen neuen Zirkulationslauf.
„In Kooperation mit Quattroflow haben wir ein interessantes Mischsystem entwickelt, das auf der Pumpentechnologie mit der eingebauten Mischplatte und auf der Technologie von JM BioConnect basiert. Durch diese Kombination entsteht ein leistungsstarkes Single-Use-Anlagenteil für den Fertigungsprozess“, so Van Trier. „Da die Quattroflow-Pumpen über eine hervorragende Volumenkapazität verfügen, sind Fördermengen von bis zu 1.200 l/h (317 gph) möglich, sodass das Mischen sehr schnell geht. Wir können sowohl Flüssig-Flüssig-Lösungen als auch Fest-Flüssig-Lösungen mischen.“
Die einzigartige Betriebsweise der Quattroflow-Pumpen ohne Antriebsrad ist ein weiterer Vorteil gegenüber anderen am Markt erhältlichen Mischsystemen.
„Das Problem anderer Hersteller von Mischtechnologien besteht darin, dass bei den meisten Mischsystemen entweder ein magnetisches Bauteil oder ein Antriebsrad zum Einsatz kommt“, erklärt Van Trier. „Einige Mischsysteme verfügen über Magnetkugeln, weshalb magnetische Bauteile für diese Anwendungen nicht infrage kommen. Wenn sich die Mischkomponente innerhalb des Behältnisses befindet, erhöht sich die Gefahr für Verunreinigungen auf dem Antriebsrad, da dieses durch das Behältnis hindurch muss. Bei dieser Systemlösung ist das nicht der Fall. Hier hat man nur eine komplette, abgedichtete Einheit und daneben einen Pumpenkopf. Das System wird als komplette Einheit installiert, danach wird der Pumpenkopf für den Einmalgebrauch an den Motor angebracht und schon kann das Wasser eingefüllt werden – mit nur zwei Handgriffen einsatzbereit.“
Die vielseitige Quattroflow-Pumpe kann darüber hinaus auch ein­gesetzt werden, um die frisch gemischte Lösung vom Misch- in ein Lagerbehältnis umzufüllen, ohne dass eine zweite Pumpe verwendet werden muss. Dadurch wird die Gefahr einer Produktverunreinigung nochmals verringert.
Selbstverständlich bringt das komplette Single-Use Mischsystem eine ganze Reihe betrieblicher Vorteile mit sich:

  • Geringere Anschaffungskosten im Vergleich zu Edelstahl-Systemen
  • Zeit- und Kostenersparnisse durch den Wegfall von Reinigung und Validierung
  • Schnellere Fertigungsprozesse und somit bessere Möglichkeiten für eine schnellere Markteinführung der Produkte
  • Einfaches Entfernen und Entsorgen des Systems, nachdem der Produktionslauf beendet ist
  • Ideale Alternative, wenn eine CIP-Reinigung oder Dampfsterilisation nicht praktikabel oder nicht möglich ist


„Single-Use-Systeme werden in der Biopharma-Industrie immer beliebter, denn das Produkt soll so schnell wie möglich auf den Markt gebracht werden“, so Van Trier. „Die Hersteller wollen keine Zeit mit der Reinigung vergeuden, da Reinigung und Validierung sehr viel Zeit in Anspruch nehmen und einiges an Arbeitskraft kosten. Bei den Single-Use-Systemen entfällt die Reinigung; die Anlagenbediener stellen einfach das Produkt her, holen ein neues Behältnis, setzen es ein und machen weiter. Außerdem sind solche Systeme im Vergleich zu Edelstahl-Systemen kostengünstiger und schon nach 30 Minuten hält der Kunde seine fertige Lösung in der Hand – darin besteht das Ziel des Systems.“
Derzeit bietet JM BioConnect das Mischsystem mit Mischbehältnissen folgender Volumina an: 50, 200, 500, 1.000 und 1.500 Liter (13–396 Gallonen). JM BioConnect ist inzwischen ein eingetragener Name in den USA sowie in mehreren europäischen und asiatischen Ländern. Der Kundenstamm ist rasant gewachsen und umfasst sowohl international tätige Pharmagiganten wie Johnson & Johnson, Pfizer und Novartis als auch kleinere Unternehmen, die einen Bedarf an maßgeschneiderten Mischsystemen haben.

Kontakt

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