Anlagenbau & Prozesstechnik

Gerätekauf oder Service?

Raumdekontamination mit Wasserstoffperoxid

05.10.2015 -

In Reinräumen in der Pharmaindustrie sollen Kontaminationen mit Mikroorganismen, Partikeln und Pyrogenen möglichst vermieden werden. Dieses ist im „Anhang 1 zum EG-Leitfaden der Guten Herstellungspraxis“ geregelt. Die empfohlenen Grenzwerte für die mikrobiologische Kontamination dürfen nicht überschritten werden.

Vor Inbetriebnahme des Reinraumes oder nach Wartungsarbeiten sind geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die geforderten Keimzahlen nicht zu überschreiten. Nach gründlicher Reinigung und ggf. Wisch- oder Sprühdesinfektion bietet sich die Raumdekontamination mit H2O2-Dampf an. Sollte es während des Betriebes des Reinraumes zu Abweichungen der Keimzahlen kommen, ist auch in diesem Fall die Raumdekontamination mit Wasserstoffperoxid als geeignete Maßnahmen in Betracht zu ziehen.
Bei der Raumbegasung mit Wasserstoffperoxid ist zwischen Verfahren die Tröpfchen aus 6 %igen Wasserstoffperoxid erzeugen und solchen die 30 – 35 %iges Wasserstoffperoxid verdampfen deutlich zu unterscheiden. Das Erzeugen von Tröpfchen ist letztendlich eine Art Sprühdesinfektion mit kleinen Tropfen und es bleibt neben der begrenzten Wirksamkeit von 6 % Wasserstoffperoxid die Frage der Erreichbarkeit aller Oberflächen.
Bei der Verdampfung wird H2O2 direkt in die Gasphase gebracht und anschließend erfolgt die Mikrokondensation auf den Oberflächen. Daraus resultiert eine hohe Wirksamkeit, sogar gegen Sporen. Nach Ende des Desinfektionsprozesses wird das Wasserstoffperoxid katalytisch zu Wasser und Sauerstoff zersetzt.

Das Prinzip der H2O2-Verdampfung
Die H2O2-Lösung tropft auf eine heiße Platte und verdampft schlagartig. Ein Luftstrom nimmt den warmen Dampf auf, kühlt ihn auf Umgebungstemperatur ab und verteilt den Dampf gleichmäßig im Raum. Die H2O2-Konzentration im Raum wird permanent kontrolliert und entsprechend der Luftfeuchtigkeit und Raumtemperatur gesteuert.
Abhängig von den Umgebungsbedingungen wie Temperatur und Luftfeuchtigkeit wird die Raumluft soweit mit dem H2O2–Dampf beaufschlagt, bis der Taupunkt von Wasserstoffperoxid erreicht wird. Nun wird die Verdampfung gestoppt und es beginnt die Haltezeit. In dieser Phase wird lediglich das sich auf den Oberflächen gleichmäßig kondensierende H2O2 ersetzt und die Konzentration in der Luft konstant gehalten. Der Film auf den Oberflächen ist optisch nicht sichtbar, d. h. die Flächen sind nicht nass. Daher der Begriff Mikrokondensation. Durch diese gleichmäßige Benetzung der Oberflächen und dem daraus resultierenden Kontakt mit den verschiedenen Keimen kommt es zu einer optimalen Dekontamination der gesamten Flächen.
Das Prinzip der Mikrokondensation ermöglicht eine ausgezeichnete mikrobiologische Wirksamkeit ohne erst die Umgebungsbedingungen, wie Temperatur und Luftfeuchtigkeit anpassen zu müssen. Dieses ist ein großer Vorteil gegenüber anderen Systemen, da keine Zeit und Energie für die Trocknung und Kühlung der Raumluft aufgewendet werden muss.

Der Dekontaminations-Zyklus
Die Dekontamination teilt sich in vier Phasen: die Konditionierung des Gerätes, die Begasung des Raumes, die Einwirkzeit und die Belüftung bzw. der katalytischer Abbau des H2O2.

  • In der ersten, relativ kurzen Phase fährt das System hoch, die Umgebungsparameter werden gemessen und die Heizplatte wird vorgeheizt.
  • In der folgenden Begasungs-Phase wird H2O2 -Lösung verdampft und der Raum mit dem Dampf zum Erreichen des Taupunktes gefüllt. Dieses nimmt je nach Raumgröße und Umgebungsbedingungen unterschiedliche Zeit in Anspruch.
  • Während der anschließenden Einwirkzeit entfaltet das H2O2 durch die gleichmäßige Mikrokondensation auf allen Oberflächen seine volle Wirksamkeit.
  • Die letzte Phase ist die Belüftungsphase. Hier wird der H2O2-Dampf über einen Katalysator umweltfreundlich und rückstandsfrei in die Bestandteile Wasser und Sauerstoff zerlegt. Die Dauer dieser Phase ist abhängig von der Raumgröße. Zur Beschleunigung können spezielle Zusatzgeräte eingesetzt oder die zentrale Belüftungsanlage zugeschaltet werden.


Rahmenbedingungen
Zum erfolgreichen Einsatz des Systems sind natürlich einige Rahmenbedingungen zu beachten. Die Lüftung muss in dem zu dekontaminierende Raum während der ersten drei Phasen abgeschaltet und die Türen sowie alle weiteren Öffnungen gasdicht verschlossen bzw. abgeklebt sein.

Gerätekauf oder Service
Um zu entscheiden, ob die Anschaffung eines H2O2-Dampfgenerators sinnvoll ist oder aber es günstiger ist die Raumbegasung als Serviceleistung durchführen zu lassen müssen die individuellen Bedingungen geprüft werden. Dazu sind eine Reihe von Fragen zu beantworten.

Welches Volumen soll begast werden?
Hiervon ist abhängig wie viele Generatoren benötigt werden. Bei mehreren verschieden großen Räumen ist immer der größte Raum zu betrachten. Daraus ergeben sich dann die benötigte Geräteanzahl und das Investitionsvolumen. Ein weiterer Kostenfaktor sind die ev. jährlich notwendigen Wartungen der Dampfgeneratoren und die Kalibrierungen der Messeinheiten.

Wie häufig sollen die Begasungen stattfinden?
Je häufiger eine Begasung stattfindet, desto eher rechnet sich die Anschaffung von Geräten.

Ist Personal für die Durchführung von Raumdekontaminationen vorhanden und entsprechend ausgebildet bzw. geschult um eine Begasung durchführen zu können?
Ohne speziell geschultes Personal ist eine Raumdekontamination mit H2O2 nicht möglich.
Vor einer Begasung ist dann noch zu prüfen, ob auch die Wartungen der Geräte durchgeführt wurden und ob alle Messgeräte kalibriert sind. Weiter muss auch ausreichend Verbrauchsmaterial, wie z. B. Wasserstoffperoxid und Bioindikatoren vorhanden sein. Hier ist insbesondere das Verfalldatum zu beachten, da sowohl Wasserstoffperoxid als auch die Bioindikatoren eine relativ kurze Haltbarkeit haben.
Alternativ dazu wird auch die Durchführung der Raumdekontamination als Service angeboten. Dieser Service umfasst den gesamten Ablauf, von der Vorbereitung inklusive Risikobewertung und Verfahrensbeschreibung über die Durchführung durch speziell geschulte Techniker, bis hin zur GMP-gerechten Auswertung und Dokumentation.
Ablauf des Dekontaminationsprozesses:

  • Begehung vor Ort zur Erfassung der räumlichen Gegebenheiten wie z. B.: Raumvolumen, Raumanordnung, Ausstattung, Materialien, Klimatechnik, Zugänge und Notausgänge
  • Angebotserstellung
  • Information zur Arbeitssicherheit, Vorbereitungsmaßnahmen und Sicherheitshinweise
  • Durchführung vor Ort – Umgebungsvorbereitung, Sicherheitsbelehrung, Aufstellung der Geräte und Positionierung der biologischen Indikatoren, Durchführung der Dekontamination, Abbau der Geräte und Vorbereitung der Bioindikatoren zur Auswertung
  • Auswertung – Untersuchung der Bioindikatoren, Zwischenbericht
  • Abschlussbericht – Dokumentation des Services in einem umfassenden Bericht mit allen Parametern sowie dem Ablauf und Ergebnissen des Prozesses

Die Kosten für den Service werden für jede Anwendung individuell kalkuliert und variieren entsprechend des notwendigen Aufwandes. In den meisten Fällen ist die Durchführung des Service die kostengünstigere Variante.