Anlagenbau & Prozesstechnik

Strömungsrichtung in reinen Bereichen

17.06.2011 -

Druckabfälle in Reinräumen bewirken ein Kontaminationsrisiko das mittels Messung des Überdrucks nicht verifiziert werden kann. Fällt der Überdruck in reinen Bereichen ab, liegen üblicherweise keine Messdaten vor mit denen sich das Risiko einer Querkontamination beurteilen lässt. Mit Hilfe moderner Strömungssensoren, die neben der Strömungsgeschwindigkeit auch die Strömungsrichtung erfassen, lassen sich diese Risiken einfach und kostengünstig beherrschen.

Immer mehr Produktions- und Industriebereiche benötigen für ihre Produktion Reinraumumgebungen. Reinräume sind nach ihrer technischen Reinheit klassifiziert. Das wichtigste internationale Regelwerk für die Spezifizierung von Reinräumen ist die ISO Richtlinienreihe 14644. In diesem Regelwerk sind 9 unterschiedliche Luftreinheitsklassen definiert. Je nach Anforderungsprofil der zu verarbeitenden Produkte werden diese Reinheitsumgebungen gewählt. Wobei die Abstufung der einzelnen Luftreinheitsklassen dekadisch erfolgt. Ein Reinraum der Klasse 3 ist somit Faktor 1.000 reiner als ein Reinraum der Klasse 6. Analog zu den Luftreinheitsklassen der ISO 14644 existieren für den Pharmabereich die GMP Klassen A-D. In den GMP-Klassen A-D sind in Analogie zur ISO 14644 auch Luftreinheitsklassen definiert.

Prinzip der Zwiebelschale
Reinräume mit höheren Reinheitsanforderungen werden üblicherweise in Reinräumen mit niedrigeren Luftreinheitsklassen integriert. In manchen Bereichen z. B. in der Produktion steriler Arzneimittel ist diese Vorgehensweise zwingend vorgeschrieben. Hier durch den „Leitfaden der guten Herstellpraxis" - GMP den jeder einzuhalten hat, der Arzneimittel in Verkehr bringen will. So wird ein Reinraum der Klasse A immer in einen Reinraum der Klasse B integriert. Der Bereich mit der höchsten technischen Reinheit findet also immer Kern der Produktionsumgebung. In Abbildung 1 ist dieses Prinzip der Einbettung hochreiner Bereiche in Reinraumumgebungen schematisch dargestellt.

Abgrenzung durch Überdruck
Die Reinraumbereiche mit unterschiedlichen Luftreinheitsklassen werden mittels Überdruck abgegrenzt. In der Praxis werden normalerweise mind. 15 Pa höhere Drücke in den einzelnen Reinheitszonen generiert. Dies verhindert einen Eintrag luftgetragener Kontaminationen vom Reinraum mit geringerer Luftreinheit in den Reinraum mit höherer Luftreinheit. Diese Überdrücke in den einzelnen Reinheitsbereichen werden über die Zuluftmenge der RLT-Anlage erreicht. Es wird in Bereichen mit höherer Reinheit der Zuluftvolumenstrom relativ erhöht und somit ein Druckgefälle aus
den Reinheitsbereichen heraus ermöglicht. Eine Ausnahme bilden Unterdruckreinräume oft in biologischen Sicherheitslabors, hier wird mittels Unterdruck verhindert, dass zumeist virulente Kontaminationen in die Außenwelt geraten.

Objektivierung des Kontaminationsrisikos bei Druckabfall
In den abgegrenzten Reinraumbereichen finden immer wieder Druckabfälle statt. Über die Druckmessung kann in diesen Fällen keine Aussage über die Schutzfunktion und den Eintrag luftgetragener Kontaminationen getroffen werden. Die Druckanzeige zeigt lediglich den Druck an, entscheidend ist jedoch die Fließrichtung der Reinraumluft. Fließt diese vom reinen in den unreinen Bereich, ist ein Kontaminationrisiko sehr gering bzw. nicht höher als bei bestehendem Überdruck. Ein Kontaminationsrisiko stellt jedoch der umgekehrte Fall dar, initiiert durch einen Druckabfall, z. B. eine Fehlfunktion im Schleusenbereich fließt die Luft vom unreinen den reinen Bereich. Kontaminationen können dadurch in die Reinräume mit höheren Luftreinheitsklassen eindringen und eine Produktgefährdung bewirken. Der Produktionsverantwortliche hat keine zuverlässigen Messdaten um die produzierten Chargen frei zu geben.

Bestimmung der Strömungsrichtung
Moderne Strömungssensoren sind nicht nur in der Lage Strömungsgeschwindigkeiten zuverlässig zu bestimmen; heutzutage sind auch Sensoren am Markt erhältlich die neben der Geschwindigkeit auch die Strömungsrichtung bestimmen können, sogenannte bidirektionale Strömungssensoren. Diese erkennen mittels beheizter Halbleiterelemente die Abkühlung, die durch eine Luftströmung induziert wird. Durch „Parallelschaltung" zweier solcher Halbleiterelemente kann zuverlässig die Richtung der Strömung identifiziert werden. (siehe Abb. 2)

Risikoobjektivierung bei Druckabfall
Im Falle eines Druckabfalls in einer Reinraumumgebung können bidirektionale Strömungssensoren objektive Messdaten liefern. Das Vorliegen einer Produktgefährdung durch luftgetragene Kontaminationen wird quantitativ bestimmt. Der Produktionsverantwortliche ist in der Lage anhand dieser Messdaten auf einer soliden Basis Produkte freizugeben. Wird ein bidirektionaler Strömungssensor an ein Monitoringsystem angebunden liegen für den kompletten Produktionszeitraum zuverlässige Messdaten vor. Bidirektionale Strömungssensoren können auf einfache Weise z. B. über eine 4-20 mA Schnittstelle in bestehende Monitoringsysteme integriert werden. Die Aussagekraft von Monitoringdaten können durch die Integration der Messung der Strömungsrichtung nachhaltig erweitert werden. Kalibrierungen, die auch den gesteigerten Anforderungen der pharmazeutischen Industrie Stand halten, sind heutzutage problemlos erhältlich.

Kleiner Sensor, großer Nutzen
Moderne Sensoren zur Bestimmung der Strömungsrichtung in Reinräumen kosten im dreistelligen Bereich. Der Nutzen bei der Freigabe von Chargen, die ein Mehrfaches kosten, liegt ungleich höher. Die Verzögerung einer Charge kann hier schon die Amortisierung des Sensors bedeuten. Das Verhältnis der Kosten eines bidirektionalen Strömungssensors zur produzierten Chargen garantiert eine schnelle Amortisation der Investition.

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