Anlagenbau & Prozesstechnik

Aufbruch zu neuen Technologien

Ethernet für das Feld der Prozessanlage

03.06.2021 - Mit Ethernet-APL rückt jetzt eine neue Technologie in den Fokus, die eine nahtlose, netzwerk-basierte Kommunikation vom Feld bis in der Unternehmensebene ermöglicht.

Das APL Projekt, eine Kooperation von zwölf Firmen und vier Dachverbänden stellt zur Achema Pulse alle notwendigen Spezifikationen als Standards zur Verfügung und öffnet damit den Weg für die Anwendung – gleichermaßen für Lieferanten, Planer, Anlagenbau, Betreiber oder Instandhalter.

APL macht Standard-Ethernet-Technologien verfügbar

Die Ethernet-Infrastruktur ist in unseren Büros, in der diskreten Fertigung und sogar in unseren Wohnhäusern etabliert. Unter diesen Voraussetzungen hat Ethernet-APL das Potential breit akzeptiert zu werden. Damit ist Ethernet-APL nicht nur großen Unternehmen vorbehalten, die Ressourcen, Spezialisten und Methoden haben, um neue Technologien zu implementieren. Im Gegenteil: APL macht Standard-Ethernet-Technologien verfügbar. Dies trifft auf eine zukünftige Belegschaft mit Fähigkeiten in der Ethernet-Kommunikation. Ethernet-APL erfüllt die Erwartungen der Anwender nach „einfachem Zugang überall“ ohne die Komplexität, die mit existierenden Kommunikationstechnologien verbunden ist.

Das Interesse ist groß: Bereits jetzt evaluieren Anwender and Anlagenbauer Ethernet-APL für Anlagen, die in drei Jahren in Betrieb gehen werden. Sie sind motiviert durch die Möglichkeiten, die eine durchgängige, barrierefreie Kommunikationsinfrastruktur in Aussicht stellt. Ob 200 oder 12.000 Feldgeräte in einer Anlage, Applikationen ermöglichen ein signifikant höheres Maß an Automation des Flottenmanagements. Sie können Geräte erkennen, Konfiguration oder Diagnose auslesen und auswerten, Dokumentation uploaden oder Arbeitsschritte beim Gerätetausch unterstützen. Dies erhöht die Qualität von Arbeitsprozessen und entlastet Mitarbeiter in allen Fachbereichen von sich wiederholenden Tätigkeiten mit nur wenig Wertschöpfung. Diese und weitere Ideen und Konzepte, wie sie die NAMUR Open Architecture (NOA) oder die Open Process Automation Architecture beschreiben, erfordern eine Datenautobahn bis zum Instrument.

Der Advanced Physical Layer (APL) oder Ethernet-APL ertüchtigt Ethernet-Kommunikation für das Feld der Prozessanlage. Dabei handelt es sich rein um die Übertragungsphysik basierend auf der bekannten Zweidrahtleitung mit sehr langen Kabelwegen bis zu 1.000 m, die jedes Protokoll überträgt. Gleich mehrere, teilweise neue Kapitel in existierenden IEC und IEEE Standards definieren die integralen Bestandteile: Kommunikation, Stromversorgung, Installation und Explosionsschutz mit Eigensicherheit. Die harmonisch abgestimmten Eigenschaften von Ethernet-APL ermöglichen den zuverlässigen Betrieb von Geräten verschiedener Hersteller in einem Netzwerk. Dabei legen die Entwickler besonderen Wert darauf, einen einfachst möglichen Umgang in der Praxis von der Planung über die Installation bis zum Betrieb zu realisieren. Flexibilität in der Planung und Umsetzung ermöglicht die Stromversorgung mit bis 96 W Leistung, die damit über die von Power over Dataline definierten Grenzen hinaus geht – eine Grundvoraussetzung für die in der Prozesswelt üblichen langen Kabelwege.

Der Standard für Zweileiter-Ethernet mit Eigensicherheit (2-WISE, engl: Two Wire, intrinsically safe Ethernet) definiert Grenzwerte, die von Lieferanten und Kabelherstellern eingehalten werden müssen. Für den Anwender beschränkt sich die Planung und der Nachweis des eigensicheren Explosionsschutzes auf die Auswahl und Dokumentation kompatibler Geräte und Installationstechnik bei einer Leitungslänge von bis zu 200 m. So kennen es die Anwender bereits vom Eigensicherheitskonzept für Feldbus, FISCO (engl: Fieldbus Intrinsically safe Concept).

Das existierende Kabel Typ ‚A‘ kann in der Regel weiterverwendet werden und reduziert den Aufwand bei Modernisierungen und Upgrades. Ethernet-APL ermöglicht erstmals einen gleichzeitigen Betrieb neuer APL-Feldgeräte und existierender Feldbus-Feldgeräte mit Profibus PA (PA) an einer gemeinsamen Infrastruktur. Dies ermöglicht in besonders einfacher Weise der APL Field Switch der FieldConnex-Reihe. Die Anschaltung passt sich automatisch der Kommunikationsphysik des angeschlossenen Geräts an. Erkennt der Switch auf Protokollebene ein PA-Gerät erledigt der integrierte Proxy die Übersetzung der Daten auf Profinet. Dieser auf Hutschiene montierbare Field Switch kann in Zone 2 installiert werden. Die Anschlüsse für Feldgeräte sind eigensicher für die Zone 2 (Ex ic, 2-WISE).

Die an der Entwicklung der Standards beteiligten Unternehmen unterwerfen sich den gemeinsam entwickelten Konfirmitätstests für APL. Die vier beteiligten Nutzerorganisationen verwenden die gleichen Tests und erkennen bereits bestandene Prüfungen gegenseitig an, sie erzeugen damit ein hohes Maß an Inter­operabilität und Zuverlässigkeit. Dies erleichtert Herstellern die Entwicklung von Geräten mit verschiedenen Protokollen. Mit dem Abschluss der Standardisierung steht Ethernet-APL allen Marktteilnehmern zur Verfügung.

Infrastruktur

Die Installation muss für die Umgebungsbedingungen aller Arten von Anlagen anpassbar sein. Der APL Switch bildet hierfür das Verbindungselement zur Instrumentierung und transportiert die Daten transparent und barrierefrei. Switches unterstützen in Richtung Leitwarte Fast Ethernet oder Gigabit und lassen sich in jede überliegende Netzwerkarchitektur, optional auch mit Redundanz, einbinden. Ethernet-APL definiert die Geräteanschlüsse mit bis zu 200 m Länge und Eigensicherheit für jede explosionsgefährdete Zone oder Division wählbar.

Kabellängen bis 1.000 m ermöglicht in Zukunft der Power Switch mit hoher Speiseleistung in Kombination mit bis zu drei Trunk-gespeisten APL Field Switches. Diese Variante entspricht dem heute bei Feldbusinstallationen bekannten und wegen seiner Einfachheit und Robustheit geschätzen Topologie mit Haupt- und Stichleitungen, genannt: Trunk-und-Spur-Topologie.

Durchstarten

Eine von den Fachexperten und Dachverbänden gemeinsam erstellte Planungsrichtlinie (Engineering Guideline) stellt nicht nur alle Sachverhalte aus Sicht des Anwenders dar. Sie beschreibt Anwendungsbeispiele für verschiedene Anlagenausdehnungen und Ansprüche einschließlich Beispielen für die Umsetzung mit Explosionsschutz für Zonen und Divisionen. Allgemeine Erklärungen, Vorschriften und Praxistips verhelfen Anwendern dazu, gleich beim ersten Projekt erfolgreich zu sein und Ethernet-APL auf die eigenen Bedürfnisse anzupassen.

Im Rahmen der Achema Pulse zeigen die Hersteller erste Produkte und stellen in Vorträgen und Seminaren am 15. und 16. Juni technische Hintergründe vor, erläutern Details zu Infrastruktur und zum Engineering und geben Planungshinweise.

Jetzt ist die Zeit gekommen, sich die Möglichkeiten der Digitalisierung durch ein flaches, Ethernet-basiertes Netzwerk zu durchdenken und zu erschließen. Die ersten Infrastrukturkomponenten und Feldgeräte können zur Achema Pulse im Rahmen von Testinstallationen auf Herz und Nieren geprüft werden. Ethernet-APL bringt die digitale Transformation für das Feld der Prozessautomation.

Das APL-Projekt

Die Vereinbarung zur Entwicklung der Ethernet-APL-Technologie im Rahmen des APL Project wurde im Jahr 2018 geschlossen. Sie wird von den Industriestandard-Entwicklungsorganisationen FieldComm Group, ODVA, OPC Foundation und Profibus & Profinet International unterstützt, sowie von Prozessautomatisierern wie ABB, Emerson, Endress+Hauser, Krohne, Pepperl+Fuchs, Phoenix Kontakt, R. Stahl, Rockwell Automation, Samson, Siemens, Vega und Yokogawa.

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„Jetzt ist die Zeit gekommen, sich die Möglichkeiten der Digitalisierung durch ein flaches, Ethernet-basiertes Netzwerk zu durchdenken und zu erschließen."

 

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