Strategie & Management

C-Chemikalien-Management

Neuer Beschaffungsansatz für Nebenrohstoffe ermöglicht Chemieunternehmen signifikante Einsparungen

14.08.2016 -

Sinkende Preise in der Chemiebranche zwingen immer mehr Unternehmen, Kosten einzusparen und neue Wertschöpfungsquellen zu identifizieren. Viele Unternehmen haben hierbei auch die Rohstoffkosten im Visier. Dabei wird eine wichtige Quelle oftmals außer Acht gelassen: chemische Rohstoffe mit kleineren Beschaffungsvolumina – sogenannte Nebenrohstoffe oder C-Chemikalien. Ein neuer Beschaffungsansatz bietet hier enormes Wertschöpfungspotenzial.

Meistens werden C-Chemikalien bedarfsbezogen und einzeln beschafft. Doch der Gesamtbedarf an solchen Nebenrohstoffen summiert sich über die Vielzahl kleinerer Beschaffungsvolumina schnell auf: ein mittelgroßes Chemieunternehmen gibt bis zu 150 Mio. EUR, ein Großunternehmen sogar bis zu 1 Mrd. EUR pro Jahr für diese Rohstoffe aus – mit zumeist ungenutztem Einsparpotenzial.

Mit traditionellen Beschaffungsansätzen kann das Einsparpotenzial, das in der Beschaffung von C-Chemikalien steckt, nicht gehoben werden. Es bedarf eines unkonventionellen Vorgehens, das Strukturierung erlaubt und die starke Fragmentierung des Lieferantenportfolios sowie seine hohe Komplexität überwindet: Typischerweise lässt sich mit diesem Ansatz ein Einsparpotenzial von sieben bis zwölf Prozent realisieren.

Das typische Beschaffungsportfolio chemischer Rohstoffe

In fast allen Chemieunternehmen folgen die kumulierten Rohstoffkosten dem Paretoprinzip: 80% der Kosten entfallen auf großvolumige Hauptrohstoffe, den A- und B-Rohstoffen, die restlichen 20% auf C-Rohstoffe, die in dem abflachenden Bereich auf der Paretokurve liegen (vgl. Abb. 1).

Während die Hauptrohstoffe etwa 80% der Beschaffungskosten ausmachen, entfallen nur ca. 20% der Materialnummern auf sie. Das Gegenteil gilt für C-Chemikalien: Ca. 20% der Kosten werden für 80% der Materialnummern aufgewandt. Auch etwa 80% der Komplexität liegen in diesem Bereich, mit seiner Vielzahl an Materialien und Lieferanten, Einkäufern, Standorten und Spezifikationsvarianten.

Die Rohstoffspezialisten im Einkauf widmen sich zu Recht vorrangig den A- und B-Rohstoffen. C-Rohstoffe sind oft nicht Teil des strategischen Kategoriemanagements und werden folglich weniger systematisch und intensiv bearbeitet. Ihre Beschaffung geschieht oftmals rein regional: Einkäufer vor Ort schicken z.B. eine Anfrage an bekannte Lieferanten und wählen das beste Angebot aus – eine Praxis, die ganz nebenbei zu häufig wechselnden Lieferquellen führt, zu Lieferinstabilitäten und in der Folge auch zu wenig Bereitschaft der Lieferanten, günstigere Konditionen anzubieten.

Systematische C-Rohstoff Beschaffung

Unser Einkaufsansatz für C-Rohstoffe folgt einem unkonventionellen Kategorisierungsprinzip: Anders als bei der üblichen Bündelung von (Sub)kategorien werden die C-Chemikalien über Kategorien und Regionen hinweg zusammen gefasst und in einer elektronisch unterstützten, ganzheitlichen Marktintervention im globalen Lieferantenmarkt beschafft – dabei können problemlos 2.000 Materialien und genauso viele Lieferanten einbezogen werden.

Der Ansatz nutzt dabei drei Werthebel:

  • Direkte Einsparungen: Mittels einer effektiveren Kombination der Chemikalien zusammen mit einer flexiblen Marktbearbeitung können 7–12% der Kosten eingespart werden. Dabei kommt es auf Schnelligkeit und Flexibilität an: Neue Materialien oder Lieferanten müssen freigeprüft bzw. qualifiziert werden – mit vertretbarem Aufwand und innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens. Durch geschickte Bündelung entstehen attraktive Rohstoffpakete auch für größere Lieferanten.
  • Lieferantenkonsolidierung: Eine global optimierte Lieferantenbündelung steigert die Effizienz im Einkauf und senkt die Prozesskosten. Wenn auch ein hoher Bündelungsgrad nicht zwangsläufig zum niedrigsten Preis pro Material führt, kann er auf Ebene der Gesamtkosten (Total Cost of Ownership, TCO) unter Berücksichtigung von Zahlungsbedingungen, Mengenrabatten, Konsignationslägern etc. erhebliche Vorteile bringen. Unsere Erfahrung zeigt, dass die Lieferantenbasis dabei um bis zu 40% reduziert werden kann.
  • Mittel- bis langfristige Kontrolle über die Lieferantenbasis: Stärkere Fokussierung auf ausgewählte Lieferanten für C-Rohstoffe führt zu weniger Lieferantenwechseln, verbesserten Lieferantenbeziehungen und höherer Liefertreue. Durch enge Zusammenarbeit mit drei bis vier Lieferanten pro Kategorie wird die Lieferantenbasis nachhaltig auf ein kontrollierbares Maß reduziert. Gleichzeitig wird dem verbreiteten Problem hoher Abhängigkeiten von einzelnen Lieferanten begegnet und Wettbewerb auch auf Ebene der C-Chemikalien entfacht.

Den neuen Beschaffungsansatz „industrialisieren"

Eine große Herausforderung liegt darin, den Umfang einer Marktintervention zu definieren und die notwendigen Daten zu sammeln:

  • Bereits vorhandene IT- und ERP-Systeme können die benötigten Informationen meistens nicht im nötigen Detail liefern, so dass separate Datenbanken einzurichten sind, die u.a. Informationen über Bedarfe, Material- und Verpackungsspezifikationen beinhalten.
  • Marktinterventionen im beschriebenen Umfang sind nur mit einer flexiblen elektronischen Plattform möglich, die in der Lage ist Tausende Materialien zu managen und mit den Lieferanten zu kommunizieren. Zur Sicherung von Effizienz und Nachhaltigkeit bedarf es dafür eines hochautomatisierten und wiederholbaren, also „industrialisierten“ Prozesses.

Ist die elektronische Plattform eingerichtet und ein qualifiziertes Team zusammengestellt, können Marktinterventionen ein bis zwei Mal jährlich durchgeführt werden.

Während der Interventionen gilt es, eine Reihe von Anforderungen zu berücksichtigen, wie Beschaffungszeiten, gewünschte Lieferantenkonsolidierung und zusätzliche Produktfreigaben. Einfach den Lieferanten mit dem besten Preis auszuwählen oder bei Bestandslieferanten zu bleiben, führt nicht immer zum besten Ergebnis. Es geht um den „besten Fit“ und dafür müssen verschiedene Szenarien mit Blick auf die Gesamtkosten unter Einbeziehung betrieblicher Einschränkungen analysiert werden.

Ein zentrales Element der Szenarien-Analyse ist, die Beschaffungsquellen wechseln zu können, was normalerweise mit F&E, Qualitätssicherung, Produktion und Produktmanagement/Marketing abzustimmen ist. Das Beschaffungsteam sollte sich daher eng und frühzeitig mit ihnen austauschen und die Szenarien gemeinsam bewerten. Gleichzeitig werden die Lieferanten angehalten ihre Angebote so zu strukturieren, dass sie den Mehraufwand eines Wechsels rechtfertigen.

Strukturen überdenken

Für ein nachhaltiges C-Rohstoff-Management müssen Prozesse und Verantwortlichkeiten neu definiert werden: Das bedeutet zum Beispiel ausgewählte Aufgaben von lokalen Einkäufern an zentrale Teams zu übertragen und hier stärker analytisch geprägte Kompetenzen aufzubauen.

In vielen Unternehmen ist die Beschaffungsorganisation entlang von Rohstoff-Kategorien organisiert. C-Rohstoff-Management hingegen setzt auf Kategorie-übergreifendes Vorgehen.

Die Organisation muss nun beiden Anforderungen gerecht werden: Neben der Gliederung nach Kategorien für strategische Rohstoffe sollte eine übergreifende Einheit für C-Chemikalien geschaffen werden. Dabei wird die Beschaffungsverantwortung aus den Standorten heraus gelöst und in einer neuen, zentral gesteuerten Funktion zusammengefasst.

Aufgrund der Vielfalt und Komplexität des Portfolios empfehlen wir für das C-Rohstoff-Management ein Team aus Einkäufern verschiedener Kategorien mit Expertise im Projekt- und Prozessmanagement sowie exzellenten Analysefähigkeiten. Ein C-Rohstoff-Manager benötigt ein breites Verständnis der verschiedenen Märkte mehr als tiefes Detailwissen über ausgewählte Wertschöpfungsketten (vgl. Abb. 2).

Kultureller Wandel

Der neue Beschaffungsansatz für C-Rohstoffe ist zugleich ein Eingriff in die Organisation: Verantwortlichkeiten werden von regionalen Einkäufern auf zentralisierte Einheiten verschoben und neue Prozesse und IT-Strukturen aufgebaut. Nur Unternehmen, die bereit sind, diese Strukturen aktiv zu verändern, werden in der Lage sein das Potenzial der C-Chemikalien voll und nachhaltig auszuschöpfen. Der Wandel muss von oberster Ebene und erfahrenen Führungspersönlichkeiten gesteuert werden. Liebgewonnene Gewohnheiten, Selbstverständlichkeiten und eingeübte Rollen sollten insbesondere auf Seiten der Kategoriemanager überprüft werden. Sie anzuhalten, die Mauer zwischen kleineren und größeren Beschaffungskategorien zu überwinden, ist nicht nur die größte Herausforderung, sondern auch ein wesentlicher Erfolgsfaktor.

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