Anlagenbau & Prozesstechnik

Expansion - Sabic baut HDPE-Anlagenbau in Gelsenkirchen

05.12.2011 -

Expansion - Sabic baut HDPE-Anlagenbau in Gelsenkirchen

Stillstand ist für Jan van den Berg ein Albtraum. Nichts stört den Geschäftsführer der Sabic Polyolefine mehr als die Unterbrechung seiner Geschäftsaktivitäten. Der Grund: Bis zum Jahr 2010 will Sabic, die saudiarabische Muttergesellschaft, der größte Hersteller von Polyolefinen in Europa werden. Noch ist Sabic jedoch die Nummer Drei in Europa – hinter Borealis und Basell. Entsprechend konzentriert blickt der Manager deswegen auf die Baustelle des Unternehmens am Chemsite- Standort in Gelsenkirchen-Scholven. Für 200 Mio. €, inklusive der notwendigen Verbesserungen der Infrastruktur, soll dort bis Ende 2008 eine der modernsten Anlagen zur Herstellung von bimodalem Polyethylen entstehen.

„Die neue Anlage in Gelsenkirchen ist ein zentraler Baustein unserer Wachstumsstrategie. Damit können wir nicht nur unser Produktionsvolumen erhöhen und unsere Kostenbasis verbessern, sondern auch spezifischer und individueller auf die Materialanforderungen unserer Kunden eingehen“, sagt van den Berg und schaut dabei auf einen der Drehkräne, die gerade die letzten Betonpfeiler für das Grundgerüst an ihren Bestimmungsort schweben lassen.

Alles geht nach Plan. Die Kapazität der neuen Anlage ist auf ein Volumen von 250.000 Tonnen Polymergranulat pro Jahr ausgelegt – eine Menge, mit der sich die Arena auf Schalke bis unters Dach füllen lässt. Zu den Abnehmern der Polyolefine gehören vor allem Hersteller von hochwertigen Rohren zur Gas- und Wasserversorgung.

Herzstück der bimodalen Polymerisationsanlage sind zwei Reaktoren, mit denen sich eine große Bandbreite hochwertiger Kunststoffgranulate mit unterschiedlichen Kettenlängen und Teilchengrößen hervorbringen lässt. Für van den Berg ein wichtiger Wettbewerbsvorteil: „Mit der Anlage und unserem Fachwissen sind wir in der Lage, Polymergranulate mit herausragenden mechanischen Eigenschaften zu produzieren.“

Eine führende Rolle hat Sabic bereits im schnell wachsenden Markt für Gas und Wasserrohre (PE-80, PE-100) erlangt, wo es insbesondere auf Materialeigenschaften wie Schlagfestigkeit, Haltbarkeit, Korrosionsbeständigkeit und Geschmacksneutralität ankommt. „Mit der neuen Anlage werden wir unsere Position deutlich ausbauen“, sagt van den Berg. Einen weiteren Schlüssel zum Ausbau sieht van den Berg zudem im Standort selbst: Gelsenkirchen- Scholven ist Teil des Chemsite-Verbundes, der mit seinen sieben Standorten in Nordrhein-Westfalen und einer Gesamtfläche von rund 1.400 ha mittlerweile zu den größten und am besten entwickelten Chemieclustern in Deutschland zählt.

Von der Mineralölverarbeitung und Petrochemie in Gelsenkirchen über die Basis- und Spezialchemie in Marl bis hin zur Teerchemie in Castrop-Rauxel und Rußherstellung in Dortmund ist in dem Zusammenschluss die gesamte Bandbreite der produzierenden und verarbeitenden Chemieindustrie miteinander verzahnt. Die Vernetzung der einzelnen Produktionsstätten und mithin die Sicherung der Rohstoffversorgung wird dabei über einen umfangreichen Stoffstromverbund mit mehr als 4.000 Roh- und Hilfsstoffen sichergestellt.

„Wir sind Bestandteil eines integrierten Raffinerie- und petrochemischen Anlagenkomplexes. Als solcher profitieren wir insbesondere von den Synergien vor Ort“, fügt van den Berg hinzu. Sabic ist neben BP Refining & Petrochemicals auf dem Chemsite-Standort in Gelsenkirchen angesiedelt, von wo Sabic via Pipeline unter anderem die Grundstoffe Propen und Ethen bezieht.

Ein weiterer Vorteil der Standortgemeinschaft ist beispielsweise die gemeinschaftliche Nutzung von Strom- und Dampfversorgung, des Werkschutzes, der Werkfeuerwehr, des ärztlichen Dienstes sowie der Kantine. Für den Transport des Granulats zur weiterverarbeitenden Kunststoffindustrie steht dem Standort zudem die gesamte Bandbreite einer trimodalen Transport- und Logistikinfrastruktur mit Lkw, Güterwagon und Binnenschiff zur Verfügung.

Gelsenkirchen-Scholven sieht Jan van den Berg als Teil der Expansionsstrategie von Sabic: „Wir haben hier vor Ort optimale Wachstumsbedingungen. Zudem werden wir von der Chemsite in unserer Expansion unterstützt“. Auch für den Bau weiterer Anlagen sieht sich van den Berg am Standort gut aufgehoben.“ Während 480 ha am Standort erschlossen sind, stehen derzeit noch 80 ha für die Neuansiedlung von Unternehmen oder die Erweiterung bestehender Produktionsanlagen zur Verfügung. Neben allen Vorteilen, die Sabic am Standort genießt, sieht van den Berg noch einen zusätzlichen Nutzen: „Die neue Anlage wird die Zukunft des Standort sichern und ist ein positives Signal für die Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen.“

Zur Erreichung der ehrgeizigen Expansionsziele muss van den Berg allerdings weiter für Bewegung sorgen. Während derzeit die letzten Betonpfeiler für das Grundgerüst eingepasst, werden beginnt im Oktober ein routinemäßiger Revisionsstillstand in einigen Teilanlagen. Ein Stillstand nach Plan. Mit der Hilfe von rund 300 zusätzlichen Arbeitern werden nicht nur Ventile, Dichtungen und Schrauben überprüft und ausgetauscht, sondern auch Verbindungen der bestehenden Anlagen mit der neuen Anlage vorbereitet.

In nur zwei Wochen soll der erweiterte Routinecheck abgeschlossen sein. Den bevorstehenden Aufgaben sieht Jan van den Berg trotz der anspruchsvollen Arbeiten gelassen entgegen. Selbst der zwischenzeitliche Stillstand bereitet ihm keinerlei Albträume: „Die Voraussetzungen sind optimal und wir liegen gut im Zeitplan.“ Der Expansion von Sabic dürfte damit nichts im Wege stehen.