Anlagenbau & Prozesstechnik

Explosionsschutz

Teil 2: Was haben Betreiber zu beachten?

27.02.2020 - Im zweiten Teil dieser dreiteiligen Artikelserie gehen die Autoren auf die gesetzlichen Vorgaben ein, die durch Arbeitgeber (Betreiber) zu berücksichtigen sind.

Bei der Bildung einer gefährlichen explosionsfähigen Atmosphäre (g.e.A.) treten Gase, Dämpfe, Nebel oder Stäube in einer solchen gefahrdrohenden Menge auf, dass ein einziger Zündfunke zu einer Explosion führen kann. Dies soll durch Schutzmaßnahmen verhindert werden.
Die Einhaltung und Umsetzung von Schutzmaßnahmen sind nicht nur für die Hersteller von Maschinen und Geräten verpflichtend. Auch durch den Arbeitgeber (Betreiber) ist sicherzustellen, dass Maßnahmen zum Schutz von Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten oder Dritter eingehalten und umgesetzt werden.

Betriebssicherheitsverordnung und Gefahrstoffverordnung
In der Europäischen Union ist jeder Arbeitgeber (Betreiber) entsprechend den Vorgaben der Richtlinie 89/391/EWG verpflichtet, eine Beurteilung von Gefahren für die Sicherheit und Gesundheit seiner Mitarbeiter durchzuführen. Der Richtlinie 89/391/EWG unterliegen mehrere Einzelrichtlinien, in denen spezifische Regelungen für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei bestimmten Tätigkeiten und Gefahren festgelegt sind.
Eine dieser Einzelrichtlinien ist die Richtlinie 1999/92/EG. Diese beschreibt die Mindestvorschriften zur Verbesserung des Gesundheitsschutzes und der Sicherheit der Arbeitnehmer, die durch eine explosionsfähige Atmosphäre gefährdet werden können. Die Richtlinie verpflichtet Arbeitgeber bei einer Gefährdung durch eine explosionsfähige Atmosphäre u. A. ein Explosionsschutzdokument zu erstellen. Dieses muss regelmäßig geprüft und auf dem aktuellen Stand gehalten werden. Außerdem werden im Explosionsschutzdokument jene Gefährdungen dargelegt, die sich aus dem Entstehen einer explosionsfähigen Atmosphäre ergeben können. Dabei werden Risiken bewertet, Zoneneinteilungen festgelegt und notwendige Explosionsschutzmaßnahmen beschrieben.
Die Umsetzung der Richtlinie 1999/92/EG erfolgt in Deutschland durch die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) und die Gefahrstoffverordnung (GefStoffV). Die BetrSichV regelt die Sicherheit und den Gesundheitsschutz bei der Verwendung von Arbeitsmitteln. Für den Explosionsschutz von besonderer Relevanz ist dabei der Anhang 2, der sich mit den Prüfvorschriften von überwachungsbedürftigen Anlagen befasst. Arbeitsmittel, die im explosionsgefährdeten Bereich aufgestellt sind, zählen zu den überwachungsbedürftigen Anlagen.
Für diese Arbeitsmittel soll entsprechend der BetrSichV ein ausreichender Schutz gegenüber möglichen Explosionen sichergestellt werden.
Daher ist für Arbeitsmittel in explosionsgefährdeten Bereichen eine Prüfung vor Inbetriebnahme und nach prüfpflichtigen Änderungen und Instandsetzung durchzuführen. Bei dieser Ordnungsprüfung wird kontrolliert:

  • ob die technischen Unterlagen vollständig sind, ihr Inhalt plausibel erscheint,
  • die Anlagen sich in einem sicheren Zustand befinden und entsprechend der BetrSichV ausgeführt sind
  • und ob alle Maßnahmen funktionsfähig sind und geprüft wurde, ob die Geräte und Schutzsysteme oder Sicherheits-, Kontroll- oder Regelvorrichtungen den Anforderungen der Richtlinie 2014/34/EU entsprechen.

Für diese Arbeitsmittel sind weiterhin wiederkehrende Prüfzyklen festzulegen
Die BetrSichV beschreibt maximale Prüffristen, die durch den Arbeitgeber (Betreiber) einzuhalten sind. Wiederkehrend ist alle sechs Jahre die gesamte Explosionssicherheit zu prüfen, alle drei Jahre sind die Geräte und Schutzsysteme, Sicherheits-, Kontroll- oder Regelvorrichtungen zu prüfen und Lüftungsanlagen, Gaswarneinrichtungen und Inertisierungseinrichtungen sind jährlich zu prüfen. Die durch den Gesetzgeber festgelegten Mindestintervalle der wiederkehrenden Prüfungen können durch den Prüfer auf Grund von Betriebsbedingungen oder Ausführung der Geräte und Schutzsysteme, Sicherheits-, Kontroll- oder Regelvorrichtungen angepasst werden.
Die Inbetriebnahmeprüfung sowie die wiederkehrenden Prüfungen, ausgeschlossen der erlaubnispflichtigen Anlagen nach § 18 Satz 1 Absatz 1 Nr. 3 bis 8, dürfen durch befähigte Personen nach Anhang 2 Abschnitt 3 Nr. 3 durchgeführt werden. Die erlaubnispflichtigen Anlagen nach § 18 Satz 1 Absatz 1 Nr. 3 bis 8 müssen durch eine ZÜS (zugelassene Überwachungsstelle) kontrolliert werden.
Für die Prüfungen nach BetrSichV ist das Vorhandensein eines aktuellen Explosionsschutzdokuments nach Gefahrstoffverordnung notwendig.
Aus dem Explosionsschutzdokument sollte hervorgehen, dass Explosionsgefährdungen ermittelt und einer Bewertung unterzogen wurden. In diesem Schutzkonzept ist darzulegen, wo und in welchem Umfang Zonen festgelegt wurden, welche Explosionsschutzmaßnahmen getroffen wurden, wie die Zusammenarbeit mit Fremdfirmen umgesetzt wurde und welche Prüfungen nach BetrSichV durchzuführen sind. Die Gefährdungsbeurteilung für Explosionsgefahren, die die Basis für das Explosionsschutzdokument bildet, ist von einer fachkundigen Person zu erstellen.

Technische Regeln
Mittels der BetrSichV und der GefStoffV sind nur die wesentlichen Schutzziele festgelegt. Diese werden durch Technische Regeln konkretisiert. Die Technischen Regeln sind rechtlich nicht bindend, allerdings wird davon ausgegangen, dass bei Einhaltung der Technischen Regeln eine ausreichende Sicherheit gewährleistet ist. Werden abweichende Lösungen ausgeführt, ist die Gleichwertigkeit der Maßnahme zur Technischen Regel nachzuweisen. Neben den Technischen Regeln sind auch von den gesetzlichen Unfallversicherungen Regeln, Informationen und Grundsätze veröffentlicht, die den Arbeitgebern als Unterstützung für ihre Pflichten im Bereich Sicherheit und Gesundheitsschutz dienen. Diese Regeln, Informationen und Grundsätze besitzen auch keinen rechtsverbindlichen Charakter, es wird allerdings auch bei diesen Regelwerken davon ausgegangen, dass durch Einhaltung der Vorgaben eine ausreichende Sicherheit gewährleistet ist und der Stand der Technik eingehalten wird.
Hauptbestandteil der Gefährdungsbeurteilung eines Explosionsschutzdokumentes sollten die Inhalte der Technischen Regeln für Gefahrstoffe, die TRGS 722, 723 und 724, sein. In diesen Regelwerken werden Maßnahmen zur Vermeidung und Einschränkung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre, Vermeidung der Entzündung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre und Maßnahmen des konstruktiven Explosionsschutzes, welche die Auswirkung einer Explosion auf ein unbedenkliches Maß beschränkt, beschrieben. Unter Verwendung von weiteren Technischen Regeln bzw. der Regeln, Informationen und Grundsätze der gesetzlichen Unfallversicherungen werden bestimmte Belange des Explosionsschutzes bzw. bestimmte Anlagentypen betrachtet und die Schutzmaßnahmen für diese bestimmt. Bei der Umsetzung von Schutzmaßnahmen bezüglich des Explosionsschutzes ist es empfehlenswert harmonisierte Normen und Fachberichte als Informationsquelle zu berücksichtigen, da diese den Stand der Technik und auch den Stand der Sicherheitstechnik wiedergeben.
Wird entsprechend der Gefährdungsbeurteilung festgestellt, dass Explosionsschutz­einrichtungen durch Mess-, Steuer- und Regeleinrichtungen umgesetzt werden, sind die Anforderungen an die Zuverlässigkeit entsprechend der TRGS 725 auszuführen. Diese Technische Regel wurde 2016 veröffentlicht und besitzt keine Übergangsfristen. Dies bedeutet, dass Betreiber die Umsetzung der TRGS 725 zeitnah auch für Bestandsanlagen durchführen müssen.
Mittels der Gefährdungsbeurteilung sind im Explosionsschutzdokument die notwendigen Anforderungen festzulegen. Dabei werden entsprechend der TRGS 725 Klassifizierungsstufen festgelegt, welche den notwendigen Grad der funktionalen Sicherheit der Funktionseinheit wiedergeben.
Da die Umsetzung der TRGS 725 auf verschiedenste Weisen erfolgen kann, z. B. entsprechend prozesstechnischer Eigenschaften oder Verfahrensweisen, können Hilfestellungen durch befähigte oder fachkundige Personen des Explosionsschutzes gegeben werden.

Atex
Beim Einsatz von Geräten und Schutzsystemen in Zonen ist durch die Arbeitgeber sicherzustellen, dass diese entsprechend der Richtlinie 2014/34/EU ausgeführt und für die ausgewiesenen Zonen und die auftretenden Stoffe geeignet sind.
Sind im Betriebsbereich elektrische Geräte und Schutzsysteme eingesetzt, die vor dem 01.01.2003 in Betrieb genommen wurden, sollten diese entsprechend der ElexV (Verordnung über elektrische Anlagen in explosionsgefährdeten Bereichen) ausgeführt sein oder einen Eignungsnachweis besitzen.
Nicht-elektrische Geräte und Schutzsysteme, die vor dem 01.01.2003 in Betrieb genommen wurden, sollten ein Eignungsnachweis entsprechend der GefStoffV § 11 Abs. 3 und Anhang 1 Nr. 1.8 haben.
Die Eignungsnachweise stellen sicher, dass die Geräte und Schutzsysteme in explosionsgefährdeten Bereichen verwendet werden können. Sinnvoll dabei ist es, den Eignungsnachweis mit Hilfe der harmonisierten Normen zur Richtlinie 2014/34/EU durchzuführen.

Fazit
Das erforderliche Sicherheitskonzept zum Schutz der Arbeitnehmer und Dritter vor einer Explosion ist verpflichtend durch den Betreiber mittels einer Gefährdungsbeurteilung darzulegen. Hierfür sind eine Vielzahl an Technischen Regeln und Normen zu berücksichtigen.
Weiterhin ist durch regelmäßige Prüfungen sicherzustellen, dass das Sicherheitskonzept umgesetzt und eingehalten wird.
Um bei der Erstellung des Explosionsschutzdokumentes und der notwendigen Gefährdungsbeurteilung alle Aspekte zu berücksichtigen, empfiehlt es sich, diese in Zusammenarbeit mit einem Experten des Explosionsschutzes zu erstellen und so die Erfahrung und Fachkenntnis im Explosionsschutz nutzen zu können.

Kontakt

Horst Weyer & Partner GmbH

Schillingsstr. 329
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Deutschland

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