Anlagenbau & Prozesstechnik

Nachhaltiger Ruß

Verfahrenstechnische Betrachtung der Recovered-Carbon-Black-Produktion durch Pyrolyse

28.07.2023 - Recovered Carbon Black (rCB) wird durch Pyrolyse vor allem aus Altreifen gewonnen. Carbon Black ist ein schwarzer Pigmentstoff, der auch als Verstärker in Kautschukmischungen eingesetzt wird. Die Gummi-, Kunststoff- und Druckindustrie sind potenzielle Abnehmer von rCB. Reifenhersteller könnten rCB beispielsweise in der Produktion von Reifen einsetzen, um deren Nachhaltigkeit zu verbessern. Die Nachfrage steigt und die Pyrolyse-Verfahren werden weiter optimiert. Die Gummi-, Kunststoff- und Druckindustrie sind potenzielle Abnehmer von rCB. Reifenhersteller könnten rCB beispielsweise in der Produktion von Reifen einsetzen, um deren Nachhaltigkeit zu verbessern. Die Nachfrage steigt und die Pyrolyse-Verfahren werden weiter optimiert.

Recovered Carbon Black (“rCB”)[1], in Deutschland auch Reifenpyrolyseruß oder Pyrolyseruß genannt, ist ein vor allem in der Reifenindustrie gefragter nachhaltiger, halbverstärkender Füllstoff, der aus Altreifen gewonnen wird. Die Nachfrage nach recovered Carbon Black wird auf 1 Mio. Jahrestonnen bis 2032 eingeschätzt[2].

Recovered Carbon Black wird in einem sechsstufigem Prozess hergestellt:

  • Auswahl einer geeigneten Altreifen-Rohstoffmischung,
  • Schreddern, Granulieren und Waschen der Altreifen-Rohstoffmischung,
  • Pyrolyse des Granulates (Aufspaltung des Altreifengranulats in Gas, Öl und Feststoffrückstand (“roher recovered Carbon Black”),
  • Feinstvermahlen des Feststoffrückstands,
  • Pelletieren des vermahlenen recovered Carbon Blacks,
  • Trocknen des granulierten recovered ­Carbon Blacks

Produktzusammensetzung

Recovered Carbon Black enthält vor allem die verschiedenen Industrieruße, die in den unterschiedlichen Gummimischungen der ausgewählten Altreifen enthalten sind[3]. Die in den ausgewählten Altreifen enthaltenen anorganischen Bestandteile, z.B. Zink als Zinksulfid und der mineralische Füllstoff Kieselsäure und andere mineralische Füllstoffe verbleiben ebenfalls im Feststoffrückstand. Abhängig von den Pyrolysebedingungen[4] kommen zwei organische Bestandteile dazu: organische, flüchtige Bestandteile aus der Polymerzersetzung der Pyrolyse, die nicht verdampft wurden sowie auch elementarer Kohlenstoff aus der Polymerkarbonisierung in der Pyrolyse.

Damit stehen auch die beiden wichtigsten Prozesskontrollmechanismen für die recovered Carbon-Black-Produktion fest: Die Auswahl der Altreifen und die Prozessbedingungen in der Pyrolyse.

Anwendungen von recovered Carbon Black

Als Anwendung liegt vor allem die Verstärkung von Gummimischungen in Neureifen nahe. Dies ist nicht nur eine zirkuläre Anwendung, sondern auch der größte Markt für sowohl recovered Carbon Black und Industrieruß. Da recovered Carbon Black eine Mischung unterschiedlicher Industrieruße enthält, deren Oberfläche zudem teils von elementarem Kohlenstoff (“Koks”) und von anorganischen Bestandteilen inaktiviert ist, kann nur eine halbverstärkende Leistung in Gummianwendungen erwartet werden. Ein guter recovered Carbon Black kann daher vor allem halbverstärkende Industrieruße wie z.B. einen N772 in Gummiteilen oder einen N660 in Reifenkarkassen ersetzen.

Status der rCB-Industrie

Reifenpyrolyseanlagen gibt es schon seit der Ölkrise in den 80er Jahren. Aber erst die industrielle Kommerzialisierung von recovered Carbon Black, immerhin etwa 40 % der Massebilanz, machte es möglich, diese Anlagen auch profitabel zu betreiben. Während in den 80er Jahren nur das Pyrolyseöl als billiger Treibstoff interessant war, ist mittlerweile recovered Carbon Black der profitable “Moneymaker” einer Pyrolyseanlage. Auch das Pyrolyseöl wird heutzutage vorwiegend stofflich verwertet als Rohstoff für die Polymerproduktion oder auch als zirkulärer Rohstoff für die Produktion von Industrieruß.

Hier gibt es erfolgreiche Synergien, weil die Produzenten von Industrieruß sowohl Pyrolyseöl als Rohstoff kaufen, als auch recovered Carbon Black, der dort in Mischungen mit Industrieruß Einsatz findet. Diese Mischungen bieten den Kunden zum einen grüne Aspekte wie reduzierte CO2-Emissionen und recycelte Anteile und zum anderen eine garantierte Verstärkungsleistung in Gummi, sowie die zuverlässige Lieferkette der etablierten Produzenten von Industrieruß.

Während weltweit bisher nur eine Handvoll Firmen existieren, die schon auf Industrieproduktion skaliert haben, bauen derzeit viele Unternehmen Anlagen, die in 2025 in Betrieb genommen werden. Wolfersdorff Consulting Berlin und Notch Consulting, USA, spezifizieren die globale Produktionskapazität von recovered Carbon Black in 2023 auf etwa 100.000 Jahrestonnen und schätzen, dass die Produktionskapazität in 2025 auf über 380.000 Jahrestonnen steigen wird[5].

Wichtig für die recovered Carbon-Black -Industrie ist ein Paradigmenwechsel der Betreiber. Während das typische Recyclinggeschäft opportunistisch, ökonomisch und kurzfristig motiviert ist, baut die Geschäftsgrundlage für recovered Carbon Black auf eine kontrollierte technische Produktion, Ökologie und Nachhaltigkeit.

 

Technologieentwicklung Pyrolyse

Obwohl die Pyrolyse nur einen kleinen Teil der Qualitätssicherung für recovered Carbon Black darstellt, gibt es hier aber den größten Technologiefortschritt. Die anderen technischen Prozessschritte des Verfahrens wie Granulierung, Vermahlung, Pelletieren und Trocknen sind eher Standardoperationen für deren Maschinen es genügend Auswahl gibt.

Während anfangs nur Drehrohröfen für die Reifenpyrolyse eingesetzt wurden, kamen ab dem Jahr 2000 vor allem Schneckenreaktoren auf den Markt. Für Forschungszwecke in Laboratorien und Universitäten werden dank der effizienten und turbulenten Wärmeübertragung gerne Wirbelschichten für Pyrolyseoperationen eingesetzt. In der Industrie gibt es ein Unternehmen, das dieses Verfahren seit mehr als zehn Jahren einsetzt. Diese Firma war auch die erste Firma, die mit einem Produzenten von Industrieruß zusammenarbeitet, dank der guten Qualität des recovered Carbon Blacks.

Für die Produktion von recovered Carbon Black und für die Reifenpyrolyse im Allgemeinen haben sich vor allem auf Reifenpyrolyse spezialisierte Technologien durchgesetzt. Dies liegt zum einen am Trend zu schlüsselfertigen Anlagen und zum anderen am Interessenkonflikt der beiden Hauptprodukte der Reifenpyrolyse.

Für Pyrolyseöl sind mäßige Temperaturen optimal, da schweres Pyrolyseöl hochwertiger ist als leichtes. Recovered Carbon Black hingegen benötigt hohe Temperaturen, damit die organischen flüchtigen Bestandteile entfernt werden können. Daher kommen in der recovered Carbon-Black-Industrie hauptsächlich mehrstufige Systeme zum Einsatz, die beide Produkte zu den optimalen Prozessbedingungen herstellen können.
Die niederländische recovered Carbon Black Firma Black Bear Carbon hatte eine zweistufige Drehrohrofenpyrolyse in Betrieb. Die britische Firma Circtec betreibt in Polen eine zweistufige Wirbelschichtpyrolyse. Die Start-up-Firma BB&G in Portugal hat einen dreistufigen Schneckenreaktor entwickelt und baut gerade eine Technikumsanlage.

Als ab 2015 einige Start-up-Firmen Mikrowellentechnologien für die Reifenpyrolyse entwickelten, sah es so aus, als ob diese Technologie im Kommen sei. Die Vorteile liegen auf der Hand, mit Mikrowellen kann man den Isolator Gummi von innen heraus durch Anregung der Kohlenstoffatome und des Stahlanteils erhitzen. Durch Einkauf von grünem Strom kann die Mikrowellenpyrolyse mit sehr geringen CO2-Emissionen betrieben werden. Dies wäre ein großer Marktvorteil. Leider konnten diese Firmen bis heute nicht in der Industrie Fuß fassen, vor allem weil sie keine Produktentwicklung für recovered Carbon Black vorangetrieben haben. Langfristig werden sich nur solche Pyrolysetechnologien durchsetzen, die eine hohe Energieeffizienz haben.

Schlüssel- und neue Technologien

Eine Schlüsselaufgabe haben die der Reifenpyrolyse nachgeschalteten Kondensatoren, die aus den im Reaktor entstehenden Pyrolysegasen die kondensierbaren Gase als Pyrolyseöl abspalten. Im Kondensator entscheidet sich auch, in welchen Massenstrom der Schwefel geht.

Kondensatoren, die es vermögen, den Schwefel vorwiegend im Pyrolysegas zu belassen, erzeugen so ein schwefelarmes und damit wertvolles Pyrolyseöl.

Sehr oft kommt die Frage nach Technologien zum Reduzieren des Aschegehalts von recovered Carbon Black auf. Hier gibt es Anbieter, aber noch keine Zuverlässigen, die Industriereife erreicht haben. Zudem gründen die meisten Verfahren auf der Extraktion mit Säuren oder Basen und erzeugen somit Abfallströme, welche schwer zu kommerzialisieren sind.

Die recovered Carbon-Black-Industrie ist dabei, industrielle Kapazitäten aufzubauen. Prozesstechnisch sind vor allem in der Pyrolyse neue Entwicklungen zu erwarten, die die Energieeffizienz erhöhen.

Autor: Martin von Wolfersdorff, Wolfersdorf Consulting

 

Referenzen
[1] Die Namensgebung, sowie das Akronym “rCB” ist in der ASTM Norm D8178 “Standard Terminology Relating to Recovered Carbon Black (rCB) festgelegt.
[2] Wolfersdorff Consulting Berlin, Notch Consulting Inc. Industriereferenzbericht “Prospects for recovered Carbon Black 2023”
[3] Reifen enthalten ca. 20-30% Industrieruße, z.B. Karkassenruße N660 und N550 sowie Laufflächenruße N339, N330 und der Felgenbandruß N326
[4] Vor allem Granulatgröße, Pyrolysetemperatur und Verweilzeit
[5] Wolfersdorff Consulting Berlin, Notch Consulting Inc. Industriereferenzbericht “Prospects for recovered Carbon Black 2023”

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