Forschung & Innovation

Pharmazeutischer Prüfstand nach Maß

Exakt regelbare Luftströme für den Betrieb der Parsum-Sonde

05.09.2023 - Wo Fluidik im Einsatz ist, sind oft individuelle Systemlösungen gefragt, bei denen nicht nur die Komponenten passen ­müssen, sondern auch deren Zusammenspiel. Typische Beispiele ­dafür finden sich in pharmazeutischen Betrieben, wenn es um Messtechnik geht, mit deren Hilfe Prozesse bei der Arznei­mittelherstellung analysiert und optimiert werden, bevor sie auf Produktionsanlagen an anderen Standorten oder bei Lohn­herstellern transferiert werden.

Um Prozesse an neue Produkte anzupassen oder sie so einzustellen, dass sie auf andere Produktionsanlagen transferiert werden können, nutzt die Pharmaindustrie üblicherweise Parsum-Messungen (siehe: www.parsum.de), damit im nachfolgenden Wirbelschichtgranulator (Aufmacher) Partikelanzahl und Verteilung stimmen. Für die Tablettenproduktion ist ein solches Vorgehen unerlässlich. Nur so lassen sich die Granulate richtig trocknen. Die Parsum-Sonden verwenden ein optisches Verfahren zur Vermessung der Schatten von Partikeln, die sich durch einen Messspalt an der Sondenspitze bewegen. Dazu wird der Messspalt mit einem parallelen Laserstrahl durchleuchtet. Bewegte Partikel erzeugen dann bewegte Schatten auf der Gegenseite des Messspaltes. Hier befinden sich faseroptische Empfänger zur Erfassung der individuellen Geschwindigkeit und Flugzeit der einzelnen Partikel.

Geregelte Luftzufuhr für Sonde und Wirbelscheibe

Um die Partikel unter definierten Bedingungen in einer laminaren Strömung durch den Messspalt zu befördern, muss der Dispergierer der Sonde mit zwei definierten Luftströmen versorgt werden. Diese beiden Luftströme muss der Experte an die Bedingungen, unter denen die Sonde arbeitet, anpassen können. In einem Beispiel wurde eine Alternative gesucht, die sich von einem Reinraum aus über ein entsprechend ausgelegtes Panel bedienen lässt, sich selbst aber außerhalb befinden kann. Im Kontakt mit dem Bürkert-Innendienstmitarbeiter wurde der genaue Einsatzzweck erörtert. Nach einem Gespräch über die Anwendung empfahl dieser aufgrund seiner Erfahrung einen Massendurchflussregler mit direkt im Gerät integrierten Regler und Regelventil. Dieser regelt den Massendurchfluss von Gasen über einen großen Durchflussbereich und kann die im Messsystem benötigten Volumenströme von maximal 10 l/min oder maximal 40 l/min präzise liefern. Auch die Anpassung an unterschiedliche Granulate, die in der Anlage getrocknet werden, ist damit einfach realisierbar.

Reaktionsschnelle Regelung der Durchflussmenge

Direkt im Gasstrom befindet sich ein thermischer MEMS-Sensor, der bei der Durchflussmessung sehr schnelle Reaktionszeiten erlaubt, und ein direktwirkendes Proportionalventil gewährleistet als Stellglied eine hohe Ansprechempfindlichkeit. Der integrierte PI-Regler sorgt für ausgesprochen gute Regeleigenschaften mit deutlich kürzeren Ansprechzeiten als die üblicherweise verwendete Regelung über eine SPS. Die Regelung erledigt jetzt das „Kleinhirn“ im MFC. Da es sich um eine pharmazeutische Anwendung handelt, ist ein weiterer Punkt wichtig: Der hier eingesetzte MFC hat eine FDA-Zulassung, erfüllt also alle für die Branche notwendigen Qualitätsanforderungen.

Aber ein MFC allein ist noch kein Prüfstand. Schlussendlich setzten sich die Fluidikexperten mit ihrem Kunden zusammen und feilten gemeinsam an einer maßgeschneiderten Lösung, einem Komplettsystem für die Luftregelung und Spülung der Partikelsonde. In partnerschaftlicher Zusammenarbeit entstand schließlich eine kompakte Lösung, die eine präzise und reproduzierbare elektronische Regelung der Luftströme sowie die Steuerung der Sondenspülung unter High-Containment-Bedingungen garantiert. Alle benötigten Ventile, Druckregler und Massendurchflussregler wurden in einem gemeinsamen Gehäuse untergebracht. Selbstverständlich sind auch die Ventile und Sensoren aufgrund der eingesetzten Materialien für die pharmazeutische Anwendung ausgelegt.

So ist ein kompakter Schrank für die Versorgung der Parsum-Sonde mit geringen Abmessungen entstanden. Die gewünschten Luftströme lassen sich über ein Panel im Reinraum vorgeben. Eine einzige Zuleitung verbindet das Panel und die Technik im Reinraum mit der außerhalb platzierten Versorgungseinheit. Zur Verbindung genügt ein Schlauch, durch den die Leitungen für Licht, Luft, Daten und die elektrische Versorgung geführt werden.

Herausforderungen gemeinsam meistern

Die Software ermöglicht eine hohe Flexibilität des neuen Systems: Produktspezifische Rezepte für die Granulat-Trocknung können bspw. abgearbeitet werden und die Volumenströme während des Betriebs lassen sich protokollieren. Auch die ein oder andere Herausforderung, die sich während der Prüfstandentwicklung ergab, wurde gemeinschaftlich gemeistert. So gab es zunächst Bedenken, dass die Druckstöße beim Spülprozess der Sonde mit immerhin 3 bar Eingangsdruck die MFCs stören könnten. Entsprechende Messungen zeigten jedoch, dass sich die Massendurchflussregler sehr schnell wieder „beruhigen“ (Abb. 4). Nach ca. 0,3 Sekunden stimmt die Durchflussmenge wieder. Dieses Praxisbeispiel zeigt, dass Bürkert durch sein breites Produktportfolio für viele verschiedene Kundenanwendungen eine passende Lösung hat.

Autoren: Johannes Eichert, Produktexperte Gastechnik, Bürkert Fluid Control Systems
Dirk Müller, Account Manager Pharma & Biotech, Bürkert Fluid Control Systems

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