Logistik & Supply Chain

Schiffbruch verhindern: Niedrigwasser mit Konsequenzen

Hubert Fink, Mitglied des Lanxess-Vorstands, über den Aktionsplan „Niedrigwasser Rhein“

18.04.2023 - Ständig neue Temperaturrekorde, extreme Unwetter auch in bislang gemäßigten Breiten, monatelange Trockenphasen – der weltweite Klimawandel ist weithin sichtbar.

Das gilt auch für die Wasserstraßen in Deutschland. Deren Pegelstände sinken mittlerweile in den Sommermonaten regelmäßig auf tiefste Stände und machen den Gütertransport per Schiff immer wieder zu einer Herausforderung. Vor allem an unseren großen Standorten am Niederrhein werden niedrige Wasserstände, die die Schiffbarkeit einschränken oder sogar unmöglich machen, immer mehr zu einem logistischen Problem.

Niedrigwasser mit Konsequenzen

In den vergangenen zehn Jahren gab es beim Rhein als Europas wichtigster Wasserstraße acht relevante Niedrigwasserphasen. Der Wasserstand war jeweils unter die kritische Marke von 1,60 m gefallen. Das macht den Transport nicht nur wesentlich teurer, er ist dann auch nicht besonders nachhaltig und alles andere als effizient. Teilweise musste die Beladung der Schiffe auf ein Sechstel reduziert und dafür die Zahl der Transporte entsprechend vervielfacht werden. Die Verlagerung auf andere Verkehrs­träger ist nur sehr bedingt möglich.

Ein Produktionsstandort wie der von Lanxess in Leverkusen, der 2021 bspw. mehr als 400.000 t Rohstoffe über den Rhein übernommen hat, müsste eine substanzielle Alternativlogistik aufbauen, um diesen Herausforderungen zu begegnen. Dafür ist unsere Infrastruktur und die unserer Logistikpartner nicht ausgelegt.

Ein Rechenbespiel: Wenn wir die 400.000 t Rohstoffe statt mit 200 Frachtschiffen über Straße und Schiene hätten transportieren wollen, wären dafür 7.300 Bahncontainer oder alternativ 16.700 Lkw nötig gewesen.
Vor dem Hintergrund ohnehin extrem eingeschränkter Logistikkapazitäten und einer überlasteten und in Teilen maroden Infrastruktur ist das nur ein theoretisches Szenario.

 

Aktionsplan „Niedrigwasser Rhein“

Für Lanxess sind funktionierende Wasserstraßen essenziell und daher haben wir uns bereits 2019 dem damaligen Aktionsplan „Niedrigwasser Rhein“ angeschlossen. In acht Punkten sollen zuverlässig kalkulierbare Transportbedingungen am Rhein geschaffen werden. Dazu gehören u.a. die Einrichtung zusätzlicher moderner Umschlagpunkte, die Optimierung von Abstell- und Lagerflächen für Container in den Binnenschiffsterminals sowie eine stärkere Automatisierung und Digitalisierung, einschließlich der Nutzung des 5G-Netzes zur Datenübertragung. Darüber hinaus sollen gezielt Fachkräfte, insbesondere Schiffsführer, gewonnen werden. Schließlich sieht der Plan auch Engstellenbeseitigungen und Sohlenanpassungen am Niederrhein vor, um die Schifffahrt auf dem Rhein verlässlich zu gewährleisten.

Das sind alles valide Punkte, aber die Umsetzung des Aktionsplans verläuft bislang schleppend. Hier brauchen wir dringend mehr Tempo. Wir plädieren dafür, den Aktionsplan „Niedrigwasser Rhein“ zur Ländersache zu machen und bspw. ein Kommission auf Länderebene einzusetzen, die die Umsetzung voranbringt.

Verknüpfung von Schiffs- und Schienenverkehr

Wir müssen davon ausgehen, dass der Rhein in Zukunft immer öfter nur eingeschränkt schiffbar sein wird. Daher gilt es, auch im Sinne einer nachhaltigen Logistik zusätzlich die Schiene als zweitbeste Alternative zur Schifffahrt weiter auszubauen. Das bedeutet zuvorderst: Erneuerung und Ausbau der Schieneninfrastruktur.  Wie es um diese bestellt ist, können wir bei Lanxess vor unserer eigenen Haustür besichtigen. Die Kölner Südbrücke liegt zentral auf europäischen Güterverkehrskorridoren, wird gleichzeitig für den Personenverkehr genutzt und ist ein chronisch überlasteter Engpass.
Investitionen in Wasserstraße und Schiene als nachhaltige und effiziente Verkehrsträger müssen Vorrang haben. Wir müssen dabei europaweit denken und Lösungen entwickeln, die Bahn und Schiff miteinander verbinden. Moderne Containerterminals sind dabei nur ein Beispiel. Auch eine optimale Zusammenarbeit der großen Häfen in Rotterdam und Antwerpen wird notwendig sein.
Industriestandorte brauchen für ihre Investitions- und Standortentscheidungen eine klare Perspektive – und eine funktionierende Logistik ist hierbei einer der zentralen Faktoren.


Autor: Hubert Fink, Mitglied des Vorstands, Lanxess

 

„Investitionen in Wasserstraße und Schiene als nachhaltige und effiziente Verkehrsträger müssen Vorrang haben.“

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