Chemie & Life Sciences

Vier Jahrzehnte Therapien zur Behandlung der Hämophilie

Getrieben von Wissensdurst und der Vision, neue Gesundheitslösungen zu schaffen, wird bei Octapharma unermüdlich geforscht

18.10.2023 - Octapharma, ein Familienunternehmen mit Hauptsitz in Lachen, Schweiz, stellt sich seit seiner Gründung 1983 in den Dienst von Patienten mit Hämophilie und unterstützt bei der Immunologie und der Intensivmedizin.

Am 2. Juni 1983 bündelten Wolfgang Marguerre und Robert Taub ihre Kräfte und gründeten in der Schweiz ein Unternehmen, das sie Octapharma nannten – in Anlehnung an Faktor VIII, dem Gerinnungsfaktor, den Hämophilie-Patienten so dringend benötigen.

Die Geschichte der Hämophilie

1803 berichtete J. C. Otto, ein Arzt aus Philadelphia, von einer erblichen Blutungsneigung von der nur Männer betroffen sind und Frauen, die nicht an einer Blutungsneigung leiden, diese aber weitervererben können.

1840 veröffentlicht ‚The Lancet‘ einen Artikel über die erste erfolgreiche Behandlung eines Kindes mit Hämophilie, dessen tagelange Blutung nach einer Operation erfolgreich durch die Gabe von Voll­bluttransfusionen gestoppt werden konnte.

Ab 1853 wird Hämophilie auch als königliche Krankheit bezeichnet, da die englische Königin Viktoria die Blutungsneigung an ihre Kinder weitervererbte. Ihr Sohn Leopold stirbt im Alter von nur 31 Jahren an einer Gehirnblutung, ihre beiden Töchter geben die Blutungsneigung an andere Königsfamilien weiter.

1964 gelang der erste Durchbruch bei der Behandlung als Judith G. Pool, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Stanford University, eine Technik entwickelte, mit der zum ersten Mal ein Kryopräzipitat aus dem Plasma eines einzelnen Spenders in einer Blutbank produziert werden konnte. Pool fand heraus, dass Kryopräzipitat große Mengen an Gerinnungsfaktor VIII enthält, welcher essenziell ist für die Blutgerinnung. Von da an war Kryopräzipitat von einzelnen Spendern für Hämophilie-Patienten allgemein verfügbar.

Die Fortschritte mit Kryopräzipitat lösten eine Welle des Interesses an plasmabasierten Therapien aus. Die Entwicklung von kommerziellen Fraktionierungstechnologien in den späten 1960ern und 1970ern führte zu lyophilisierten Gerinnungsfaktorkonzentraten, die den fehlenden Gerinnungsfaktor sofort auf ein normales Niveau anhoben, von Patienten auf Reisen mitgenommen und sich selbst verabreicht werden konnten. Zum ersten Mal konnten Hämophilie-Patienten schon vor einer Blutung (prophylaktisch) mit einem Faktor-VIII-Konzentrat behandelt werden, wodurch das Risiko für eine Blutung verringert wurde.

Leider wurde die Euphorie über die Behandlung mit aus Plasma hergestellten Faktor- Konzentraten abrupt gestoppt – Ursache dafür war die Übertragung des Hepatitis-Virus. Spender-Screening, Virustests, Techniken zur Inaktivierung und Eliminierung von Viren wurden bei der Herstellung noch nicht eingesetzt. Bis 1980 waren fast alle Patienten, die mit Gerinnungsfaktorkonzentraten behandelt worden waren, mit dem Hepatitis-Virus infiziert.

Es kam noch schlimmer, als man Ende der 1980er Jahre in den USA auf eine neue durch Blut übertragbare Krankheit aufmerksam wurde – das erworbene Immunschwächesyndrom (AIDS) verursacht durch den HI-Virus. 1982 wurde in den USA der erste Todesfall einer mit AIDS infizierten Person, die an Hämophilie litt, bekannt. Eine erste Warnung vor der Gefahr einer Ansteckung mit AIDS über kontaminiertes Blut wurde veröffentlicht. 1983 kam eine weitere Warnung von der WHO, die darauf hinwies, dass Hämophilie-Patienten vor den Gefahren gewarnt werden sollten.

Aufruf zum Handeln: Dringende Notwendigkeit einer Virusinaktivierung

Wolfgang Marguerre und Robert Taub, Freunde seit vielen Jahren und Arbeitskollegen im Bereich Plasmaderivate, verstanden schnell die gewaltige Tragweite dessen, was der Community der Hämophilie-Patienten gerade widerfuhr. Sie beschlossen rasch zu handeln, um eine Technologie zu finden, die in der Lage war, diese unterschiedlichen Krankheitserreger zu inaktivieren.
Marguerre und Taub bündelten ihre Kräfte und gründeten am 

2. Juni 1983 in der Schweiz ein Unternehmen, das sie Octapharma nannten in Anlehnung an Faktor VIII, dem Gerinnungsfaktor den Hämophilie-Patienten so dringend benötigen. Zu der Zeit wurde am New York Blood Center (NYBC) an einer Methode zur Inaktivierung lipidumhüllter Viren wie Hepatitis und HIV geforscht. Robert und Wolfgang entschieden sich zu investieren und mit dem Team von Wissenschaftlern am NYBC zusammenzuarbeiten. Bei diesem sog. Solvent/Detergens (S/D)-Verfahren zersetzt ein Lösungsmittel die Lipidschicht und ein Detergens inaktiviert das Virus ohne dem FVIII-Protein zu schaden. Wolfgang und Robert erkannten das große Potenzial von S/D in Bezug auf die Gewinnung von viral sicheren Gerinnungsfaktorkonzentraten und erwarben vom NYBC eine Lizenz zur Nutzung des S/D-Verfahrens.

Der erste Vollzeitmitarbeiter wurde eingestellt, um gemeinsam mit den Forschern des NYBC das S/D-Verfahren zu modifizieren. Kurze Zeit darauf wurde das Verfahren in der Niederlassung des Deutschen Roten Kreuzes in Haagen in einem kommerziellen Maßstab weiter verfeinert und Octapharma begann auf Auftragsherstellungsbasis mit verschiedenen europäischen Plasmafraktionierungsunternehmen zusammenzuarbeiten.

1985, nur zwei Jahre nach der Gründung, konnte Octapharma Hämophilie-Patienten das erste Virus inaktivierte FVIII-Konzentrat zur Verfügung stellen, das unter Anwendung des S/D-Verfahrens produziert wurde.

1989 kaufte Octapharma seine erste eigene Fraktionierungsanlage in Wien. Das Unternehmen wurde von einem Zwölf-Personen-Betrieb zu einem mit 150 Angestellten. Nun war es auch möglich, neue Medikamente aus Plasma zu entwickeln und zu produzieren.

1995, nach mehr als einem Jahrzehnt, trennten sich die Wege der beiden Gründer von Octapharma. Auch wenn Marguerre und Taub beruflich getrennte Wege gehen, sind sie Freunde geblieben.

Einsatz von Plasmaproteinen in der Biotechnologie

Neben der Anwendung von aufgereinigten und virusinaktivierten Plasmaproteinen bei der Behandlung von Menschen mit unterschiedlichen Erkrankungen wird ihr Einsatz in der Biotechnologie immer häufiger. Der Grund dafür: Plasmaproteine sind natürliche Hilfsstoffe. Seit mehr als zehn Jahren arbeitet Octapharma eng zusammen mit biotechnologischen Unternehmen, welche im Bereich Gen- und Zelltherapie, Impfstoffe, In-vitro-Fertilisation, Diagnostika und Arzneimittelformulierung tätig sind.

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