Forschung & Innovation

Werkstoffe für die Elektrochemie

XEMX treibt die datengetriebene Entwicklung von Materialien für die Elektrolyseverfahren der Zukunft voran

17.04.2024 - Die Elektrifizierung chemischer Prozesse wird einen bedeutenden Beitrag zur nachhaltigen Chemieindustrie leisten. Der Aufwind, den die Elek­trolyse zurzeit erfährt, wird durch Werkstoffe, die über die passenden Eigenschaften verfügen, langfristig zum Erfolg führen.

Als Werkstoffpartner unterstützt XEMX eine nachhaltige chemische Produktion mittels Elektrolyseverfahren. Schnelle Entwicklungszyklen und skalierbare Fertigungsverfahren ermöglichen die Bereitstellung kunden- und anwendungsspezifischer Werkstofflösungen. Die beiden Gründer Lars Banko und Sven Maihöfer erläutern die Idee hinter dem 2023 aus einem Forschungsprojekt der Ruhr-Universität Bochum ausgegründeten Start-up.

CHEManager: Was hat Sie und Ihr Team dazu bewogen, ein Start-up zu gründen?

Sven Maihöfer: Unsere Entscheidung, ein Deeptech-Start-up in der Chemieindustrie zu gründen, wurzelt in unserer Zeit als Doktoranden an der Ruhr-Universität Bochum. Dort erlebten wir ein Forschungsumfeld, dass nicht nur unsere wissenschaftliche Neugier weckte, sondern uns auch die Bedeutung erstklassiger Forschung zeigte, beispielsweise die Notwendigkeit zur Entwicklung neuer Werkstoffe für die Energiewende. Universitäre Forschung treibt oft grundlegende Innovationen voran. Aber erst wenn diese Erkenntnisse in die Industrie übertragen werden, können die Technologien und Werkstoffe von morgen wirkliche Markt­reife erlangen und dabei helfen, reale Probleme zu lösen.

Warum besteht aus Ihrer Sicht im Bereich der Elektrolyse noch Innovationsbedarf?

Lars Banko: Werkstoffe, die in anderen Anwendungen gut funktionieren, versagen häufig unter den rauen Bedingungen wie sie beispielsweise in der alkalischen Elektrolyse herrschen. Die Komponenten eines Elektrolyseurs müssen einem komplexen Belastungskollektiv standhalten und gleichzeitig funktionelle Eigenschaften erfüllen. Ein Beispiel sind Elek­troden, die eine hohe Standfestigkeit und gleichzeitig eine hohe katalytische Aktivität aufweisen müssen. Aber auch Konstruktionswerkstoffe müssen insbesondere eine hohe Korrosionsbeständigkeit aufweisen. Für die Entwicklung neuer Werkstoffe besteht ein umfassendes Anforderungsprofil, das neben Werkstoffeigenschaften auch die zwei Kriterien Fertigung und Verfügbarkeit berücksichtigen muss. Wir haben eine Screening-Technologie entwickelt, mit der sich Werkstoffe unter Berücksichtigung vieler Randbedingungen effizient identifizieren und zügig vom Pilot- in den Indus­triemaßstab überführen lassen.

XEMX steht noch ganz am Anfang. Trauen Sie sich die Skalierung in den Industriemaßstab zu?

S. Maihöfer: Der Transfer von Ergebnissen aus der Grundlagenforschung in die Industrie ist eine Heraus­forderung, die es wert ist, sie anzunehmen. Die Elektrifizierung chemischer Prozesse bietet eine große Chance, die Chemieindustrie nachhaltiger und umweltfreundlicher zu machen. Und es gibt dafür keine bessere Zeit, denn Fortschritte in Bereichen wie künstliche Intelligenz, Big Data und Materialwissenschaften bieten heute neue Möglichkeiten, Innovationsprozesse zu beschleunigen. Mit unseren Werkstofflösungen möchten wir diesen Prozess unterstützen.

Die Wasserstoffelektrolyse ist ein stark wachsender Markt. Wie kann XEMX als Start-up da mithalten?

S. Maihöfer: Der Markt ist sehr dynamisch und das sorgt dafür, dass sich die Lösungswege schnell ändern und sich neue Standards durchsetzen. Unser entscheidender Vorteil ist die rasche Umsetzung neuer Ideen in Prototypen. Wir sind technologieoffen – egal ob Pulver, Beschichtung oder Volumenmaterial – unsere Screening-Technologie hilft, Werkstoffe unabhängig von der Werkstoffform oder Fertigungsmethode zu entwickeln. Die Herstellungsverfahren; die wir für unsere Laborprototypen anwenden sind kompatibel zu etablierten Herstellungsverfahren unserer Partner.

Welche Entwicklungsmöglichkeiten sehen Sie über Wasserstoff hinaus?

L. Banko: In der Forschung entstehen derzeit neue und innovative Elek­trolyseverfahren, die das Potenzial haben, eine Vielzahl von Chemikalien nachhaltig zu produzieren. Wir sind im ständigen Austausch mit der Spitzenforschung in der Elektrochemie und entwickeln unsere Screening-Technologie kontinuierlich weiter, um auch für zukünftige Elektrolysemärkte individuelle Werkstofflösungen anbieten zu können. Erste Untersuchungen in den Anwendungsbereichen CO2 und NOx zeigen vielversprechende Ergebnisse.

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Zur Person

Sven Maihöfer studierte Vertriebsingenieurwesen mit dem Schwerpunkt ­Werkstoffe und promovierte an der Ruhr-­Universität Bochum zum Thema Implementierung fortgeschrittener Fertigungs­­technologien in Industrieunternehmen. Als Leiter Sales & Marketing und COO von XEMX treibt er den Vertrieb von technologieintensiven und erklärungsbedürftigen Produkten wie innovativen Materialien in der Chemie­industrie voran.

Lars Banko ist Maschinenbauingenieur und spezialisiert auf kombinatorische Materialforschung. In seiner Doktorarbeit entwickelte Banko KI-gestützte ­Methoden zur Optimierung mikrostruktureller Schichteigenschaften und KI-Methoden zur automatisierten Analyse von elektrochemischen Daten. Bei XEMX ist er Geschäftsführer und verantwortlich für die Weiterentwicklung der XEMX-Technologien zur Entdeckung und Fertigung innovativer Materialien.

 

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Der XEMX-Prozess von der Suche bis zur Herstellung der Elektrodenmaterialien. © XEMX

 

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©Business Idea

Wasserstoff ist nur der Anfang ...

Als Werkstoffpartner unterstützt XEMX eine nachhaltige chemische Produktion mittels Elek­trolyseverfahren. Schnelle Entwicklungszyklen und skalierbare Fertigungsverfahren ermöglichen die Bereitstellung kunden- und anwendungsspezifischer Werkstofflösungen.

Ein prominentes Elektrolysebeispiel ist die Herstellung von grünem Wasserstoff. Die Leistung der Wasserelektrolyse muss noch erheblich verbessert werden, um mit den herkömmlichen Methoden der Wasserstofferzeugung konkurrieren zu können. Die Elektroden sind dabei von enormer Bedeutung für den Durchbruch der Wasserelek­trolyse. Die nächste Generation von Elektroden wird sich durch eine längere Lebensdauer, höhere Aktivität und geringere Herstellungskosten auszeichnen. Die Nutzung skalierbarer Herstellungsverfahren für Elektroden wird sicherstellen, dass der Markthochlauf der Wasser­elektrolyse erfolgreich sein wird.

XEMX verfolgt einen dreistufigen Ansatz, um leistungsfähige Werkstoffe für Elektrolyseverfahren zu liefern. Zunächst nutzt das Team die eigene Screening-Technologie um eine große Datenbasis neuer, potenziell geeigneter Materialien zu erzeugen. In Schritt 2 erfolgt die Herstellung von Mustern und Prototypen von Materialien, die im Screening vielversprechende Eigenschaften gezeigt haben. Diese werden dann unter industriellen Elektrolysebedingungen validiert und optimiert. Schritt 3 ist die Validierung und Übertragung der Herstellung auf etablierte Fertigungsverfahren.
Darüber hinaus bietet die elektrochemische Datenbank, die während der Entwicklungsphase entsteht, die Möglichkeit, mittels künstlicher Intelligenz Erkenntnisse über das Verhalten unterschiedlicher Werkstoffe in elektrochemischen Anwendungen zu erhalten, aus denen neue Entwicklungsimpulse entstehen können.

Wasserstoff ist für XEMX der erste Anwendungsfall. Das Start-up will die grüne Produktion von Chemikalien über Wasserstoff hinaus vorantreiben und ist zuversichtlich, durch schnelle und flexible Produktentwicklung überzeugende Lösungen insbesondere für neue Anwendungsgebiete auf den Markt bringen zu können. 2025 wird zuerst eine Elektrode für die Wasserelektrolyse auf den Markt kommen und anschließend werden schrittweise Werkstoffe für weitere Elektrolyseverfahren entwickelt. Denn in der Elektrochemie warten noch spannende Aufgaben und innovative Werkstoffe.

 

© XEMX
Aus den Sceening-Datensätzen identifiziert das XEMX-Team die vielversprechendsten Materialien. © XEMX

 

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Elevator Elevator Pitch

Meilensteine und Roadmap

XEMX Materials Space Exploration wurde im Oktober 2023 aus einem EXIST-Forschungstransferprojekt an der Ruhr-Universität Bochum heraus gegründet. Ein signifikanter Erfolg für das junge Unternehmen war der Aufbau einer der größten Datenbanken für elektrochemische Eigenschaften aus eigenen Hochdurchsatzexperimenten. Derzeit werden die aussichtsreichsten Werkstoffe für eigene Produktentwicklungen und im Rahmen von Entwicklungspartnerschaften genutzt.

Das Kernteam von Ingenieuren, Materialwissenschaftlern, Elek­trochemikern und Vertriebsingenieuren wird von den Professoren Alfred Ludwig und Wolfgang Schuhmann als Beiräte mit Erfahrung in Materialforschung und Elektrochemie unterstützt.

2023 hat XEMX erstmals Elektroden im Labormaßstab hergestellt und unter Industriebedingungen validiert. Für 2024 ist ein Seed Investment für die Pilotproduktion erster Wasserstoffelektroden im Industriemaßstab geplant. Dies ist ein entscheidender Schritt in der Kommerzialisierung der XEMX-Technologie. Die ersten Produkte werden Anfang 2025 für die alkalische Wasserelektrolyse verfügbar sein. Mit seinen Partnern wird XEMX in der Lage sein, auch große Bedarfe von Elektrolyseurherstellern zu decken.

Durch die Beteiligung an Forschungsprojekten wird das Produktportfolio weiter ausgebaut, um auch in weiteren Märkten Lösungen anbieten zu können. XEMX strebt an, kontinuierlich innovative Lösungen für eine nachhaltige chemische Produktion zu unterstützen.

Meilensteine

  • 2022
    - Start des Ausgründungsprojekts an der der Ruhr-Universität Bochum
    - Förderung durch EXIST-Forschungstransfer (BMWi)
    - Hochdurchsatzexperimente und Aufbau der Datenbank
  • 2023
    - Sieger Science4Life Energy Cup
    - Entwicklung und IP-Schutz leistungsfähiger Katalysatoren für die alkalische Wasserelektrolyse
    - Ausbau der Testkapazitäten
    - Gründung der XEMX Materials Space Exploration GmbH
    - Herstellung erster Elektroden im Labormaßstab und Validierung unter Industriebedingungen
    - Abschluss von Kooperationsverträgen mit Industriepartnern zur skalierbaren Produktion von Elektroden
    - Konsortialpartner bei Forschungsanträgen zu Elektrolyseverfahren

Roadmap

  • 2024
    - Abschluss und Ausbau von Entwicklungspartnerschaften in der Elektrolyse
    - Seed-Investment für die Pilotproduktion von Elektroden
    - Pilotproduktion von Elektroden
  • 2025
    - Markteintritt mit ersten Produkten für die alkalische Wasserelektrolyse
    - Erweiterung des Werkstoff- und Anwendungsportfolios
    - Aufbau eines Anwendungslabors zur Entwicklung neuer Elektrolyseverfahren

 

XEMX
Die umfangreiche XEMX-Datenbank ermöglicht die Einschätzung des Entwicklungspotenzials der identifizierten Materialien. © XEMX

 

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Kontakt

XemX Materials Space Exploration GmbH

Zentrum für Grenzflächendominierte Höchstleistungswerkstoffe (ZGH)
Bochum
Deutschland