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Sanofi: Zurück auf den Wachstumspfad

14.05.2013 -

Patentabläufe und die Euro-Krise belasteten den französischen Pharmakonzern Sanofi im ersten Quartal 2013. Der Umsatz sank rd. 5 % auf 8 Mrd. €, der bereinigte Nettogewinn um 33 % auf 1,61 Mrd. €. Bereits im vierten Quartal 2012 musste Sanofi einen deutlichen Gewinnrückgang aufgrund des Patentablaufs des Blutverdünners Plavix hinnehmen, einst das zweit-umsatzstärkste Präparat weltweit. Doch das Management des Konzerns ist zuversichtlich: In der zweiten Jahreshälfte 2013 will das Unternehmen auf den Wachstumspfad zurückkehren. Dr. Andrea Gruß befragte dazu Dr. Martin Siewert, Vorsitzender der Geschäftsführung bei Sanofi-Aventis Deutschland.

CHEManager: Im Februar 2010 haben Sie CHEManager die Absicht von Sanofi erklärt, sich als Gesundheitskonzern breit aufzustellen. Wo stehen Sie heute?

Dr. Martin Siewert: Vor drei Jahren waren wir noch ein recht klassisches Pharmaunternehmen, mit dem einen wesentlichen Schwerpunkt bei verschreibungspflichtigen und patentgeschützten Produkten. Inzwischen ist der Gesundheitskonzern keine Absichtserklärung mehr, sondern wir haben unser Ziel erreicht. Unsere Wachstumsplattformen decken ein breites Spektrum ab, von innovativen Produkten und dem speziellen Genzyme-Ansatz der seltenen Erkrankungen bis hin zu Consumer Healthcare. Wir decken breit das Gebiet der Diabetes-Therapien ab, ebenso Impfstoffe und auch die Tiergesundheit. Schwellenländer haben für uns hinsichtlich Wachstum und Strategie eine besondere Bedeutung.

Trotz dieser Diversifizierung ist es Ihnen nicht gelungen, die Patentklippe zu umschiffen...

Dr. Martin Siewert: Wenn sie eine relativ große Abhängigkeit von umsatzstarken, patentgeschützten Medikamenten haben und diese aus dem Patent laufen, kommen sie an der Klippe nicht vorbei. Die Auswirkungen haben uns etliche Milliarden Umsatz weltweit gekostet. Das ist nicht verwunderlich, wenn Sie bedenken, dass ein Medikament, das sein Patent verliert, allein in den USA innerhalb kürzester Zeit den größten Teil seines Umsatzes einbüßt.

Aber wir haben eben schnell mit dem Umbau begonnen und notwendige Anpassungen vorgenommen. Heute haben wir diverse Wachstumsplattformen und sind von Patentabläufen sehr viel weniger abhängig. Von 2013 an sollte es wieder aufwärts gehen, nicht zuletzt auch deshalb, weil wir jüngst mit mehreren Neuzulassungen erfolgreich waren.

Sind darunter auch Produkte mit Potential zum Blockbuster?

Dr. Martin Siewert: Die aktuellen Neuausbietungen entwickeln sich durchaus vielversprechend. Und gegen einen Blockbuster hätten wir sicher nichts einzuwenden. Stolz blicken wir dabei auch auf unser größtes Produkt „Lantus", das im vergangenen Jahr die Umsatzmarke von 5 Mrd. € weltweit nur knapp verpasst hat.

Inwieweit spiegelt sich die Entwicklung Sanofis zum Gesundheitskonzern in Deutschland wider?
Dr. Martin Siewert: Wir haben hier quasi zwei Spiegel. Einer davon ist das Inlandsgeschäft, in dem wir außer mit Sanofi-Aventis Deutschland mit den Landesgesellschaften von Genzyme und Merial breit vertreten sind. Impfstoffe gehören hier in das Joint Venture Sanofi Pasteur MSD. Hinzu kommen unsere Generika von Zentiva und Winthrop, deren Portfolio sich in den letzten Monaten enorm erweitert hat.
Der zweite Spiegel ist der Forschungs- und Produktionsstandort Frankfurt. Hier ist bekanntermaßen das Diabetes-Kompetenzzentrum des Konzerns. Darauf sind wir stolz und dieser Schwerpunkt wird auch in absehbarer Zukunft bleiben. Der Spiegel zeigt aber auch noch ganz andere Bilder des Standorts, die vor der Diversifizierung so noch nicht zu sehen waren. Wir haben erhebliche Anstrengungen unternommen, um die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts zu sichern: Wir haben die Fertigung von Krebsmedikamenten nach Frankfurt geholt. Wir haben den Bereich der Devices ausgebaut, also der „Instrumente" zum Applizieren von Medikamenten. Wir produzieren am Standort Wirkstoffe für Genzyme. Und, um ein Beispiel aus dem Bereich Consumer Healthcare zu nennen, wir stellen hier den Wirkstoff Fexofenadin her, dessen pharmazeutische Präsentationen in Amerika gerade millionenfach gegen Heuschnupfen eingesetzt werden und die in den USA rezeptfrei in Drogerien und sogar Supermärkten verkauft werden.
Auch schaue ich noch einmal auf Lantus. Dieses Produkt wurde in Frankfurt erforscht, entwickelt, wird hier in der gesamten Wertschöpfungskette hergestellt und von hier in alle Welt versandt. Es ist das größte pharmazeutische Exportprodukt aller Zeiten aus Deutschland und steht damit für einige tausend Arbeitsplätze an unserem Standort.

Sanofi hat am Standort Frankfurt in den vergangenen Jahren aber auch massiv Stellen abgebaut, insbesondere in der Forschung und Entwicklung..
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Dr. Martin Siewert: Ja, das war schmerzlich. Aber wir haben das in guter Tradition sozialverträglich und ohne betriebsbedingte Kündigungen geschafft. Wir mussten intern Stellen abbauen, um vermehrt Partnerschaften und Kooperationen eingehen zu können. Denn noch mehr Investitionen für Forschung und Entwicklung als knappe 5 Mrd. €, wie im letzten Jahr, um Kooperationen zusätzlich zu bezahlen, das wäre beim besten Willen nicht möglich gewesen. Zudem haben wir erkennen müssen, dass wir es als großes, forschendes Pharmaunternehmen allein nicht schaffen, genügend neue Medikamente zur Zulassung zu bringen. Nun haben wir intern eine zukunftsfähige Größe erreicht und den German Hub erfolgreich gestartet, eines von vier integrierten Forschungs- und Entwicklungszentren weltweit. Denn außer Frage steht, dass wir weiterhin Innovationen brauchen. Damit meine ich uns als Wirtschaftsunternehmen, vor allem aber die Patienten. Und wir sind optimistisch, in den „Hubs" die notwendigen Innovationen zu generieren.

Ist dieses partnerschaftliche F&E-Konzept bzw. die Sanofi-Strategie der Diversifizierung auch ein Erfolgsrezept für andere Pharmakonzerne?

Dr. Martin Siewert: In Anbetracht von 13 Jahren durchschnittlicher Dauer für die Erforschung und Entwicklung eines neuen Medikaments besteht wohl breiter unbestrittener Handlungsbedarf. Welche Antworten die richtigen sind, muss jedes Unternehmen für sich entscheiden.
Wir sind davon überzeugt, dass wir gemeinsam mehr schaffen können, indem jeder seine Expertise und Kapazitäten einbringt, und laden daher alle interessierten wissenschaftlichen und medizinischen Partner ein, das „Innovation Gap" gemeinsam mit uns und zusammen für die Patienten anzugehen.
Was die Diversifizierung anbelangt, geht daran aus meiner Sicht ab einer bestimmten Größe kein Weg vorbei. Zu schwierig ist die Steuerung eines Geschäfts, das ausschließlich auf erfolgreicher Forschung, Entwicklung und Zulassung von Medikamenten basiert, als dass man allein darauf setzen wollte.
Die Konzepte waren einfacher in einer Zeit, in der die niedrig hängenden Früchte in der Wissenschaft noch nicht abgeerntet waren, die Medizin uns noch nicht so viele Lebensjahre geschenkt hatte, in der wir zunehmend medikamentöser Therapien bedürfen und sich die Bevölkerung weltweit noch nicht so explosiv vermehrt hatte.

Wo sehen Sie die größten Herausforderungen für Ihr Unternehmen in der Zukunft?

Dr. Martin Siewert:
Die Zulassung neuer Produkte wird immer schwieriger. Kostendämpfungsmaßnahmen wirken immer stärker; die Ansprüche der Menschen steigen. Entwicklungs- und Schwellenländer haben ihre eigene Dynamik mit eigenen Anforderungen. Jeder dieser Bereiche fordert maßgeschneiderte Lösungen. Sanofi ist hierfür sehr gut aufgestellt. Der Standort Frankfurt leistet einen wesentlichen Beitrag dazu.

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