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Chemiekonjunktur – Deutsche Chemie wächst im Jahr 2015 langsamer als erwartet

Branche erwartet Produktionswachstum von 1,5 % für 2016 / Basischemie bleibt unter Druck

08.12.2015 -

Die deutsche Chemie war mit Optimismus ins Jahr 2015 gestartet, denn die Prognosen der Wirtschaftsforschungsinstitute hatten eine wirtschaftliche Erholung in Deutschland und Europa angekündigt. Und billiges Öl, ein schwacher Euro und niedrige Zinsen sorgten im Jahresverlauf tatsächlich für eine gesamtwirtschaftliche Belebung. Allerdings konnte die Industrie kaum von diesem Rückenwind profitieren, denn dafür fehlten durchgreifende Impulse von der Weltwirtschaft. Vor allem die Entwicklung in den Schwellenländern blieb deutlich hinter den Erwartungen zurück: Russland und Brasilien befinden sich in einer Rezession, in China schwächt sich das Wachstum deutlich ab. Diese Kombination wirkt lähmend auf die übrige Welt und bremst die Industrieproduktion. Entsprechend langsam wuchs die globale Nachfrage nach Chemikalien. Das bekamen auch die deutschen Chemieunternehmen zu spüren. Der Absatz zog im In- und Ausland nur leicht an. Gleichzeitig war der Wettbewerbsdruck – vor allem in der Basischemie – nach wie vor hoch. Die erhoffte Belebung im zweiten Halbjahr ist daher weitgehend ausgeblieben. Die Dynamik blieb insgesamt gering (Grafik 1).

Enttäuschende Jahresbilanz 2015

Vor diesem Hintergrund hat die chemische Industrie in Deutschland ihre Jahresziele nicht ganz erreicht. Die Jahresbilanz fällt entsprechend enttäuschend aus (Grafik 2). Zwar konnte die Produktion leicht zulegen. Ohne Pharmazeutika war sie aber rückläufig (-0,5%). Und die Kapazitäten waren mit 83,3% nur durchschnittlich ausgelastet. Bei sinkenden Rohstoffkosten und hohem Wettbewerbsdruck sanken die Chemikalienpreise deutlich – insgesamt um 2,5%. Daher stagnierte der Branchenumsatz trotz leicht steigender Absatzmengen. Das Inlandsgeschäft ging um 1,5% zurück, während der Auslandsumsatz etwas zulegen konnte (+1,0%), weil der schwache Euro das Exportgeschäft nach Übersee beflügelte.

Ein Lichtblick: Trotz der schwachen wirtschaftlichen Dynamik haben die Chemieunternehmen 2015 weiter Personal aufgebaut. Allerdings kam der Jobaufbau im Jahresverlauf zum Erliegen. Die Zahl der Arbeitsplätze in der Branche stieg gegenüber dem Vorjahr um 0,5%. Die deutsche Chemieindustrie beschäftigt aktuell 447.000 Mitarbeiter.

Basischemie unter Druck

Die deutsche Basischemie hat 2014 einen kräftigen Produktionsrückgang hinnehmen müssen. In diesem Jahr  belebte sich zwar die Nachfrage im Jahresverlauf. Das Minus des Vorjahres konnte aber nicht kompensiert werden. Das hat zwei Ursachen: Zum einen mussten sich die Hersteller von Basischemikalien mit einem zunehmenden Importdruck auseinandersetzen. Zum anderen wurden einige Anlagen in der Grundstoffchemie wegen technischer Probleme vorübergehend abgeschaltet. Daher sank die Herstellung von Petrochemikalien und Polymeren. Lediglich die Produktion von anorganischen Grundstoffen konnte leicht ausgeweitet werden (Grafik 3).

In der Fein- und Spezialchemie setzte sich hingegen der Aufwärtstrend des Vorjahres fort. Dieses Segment konnte ein Produktionsplus von 1,5% erzielen. Besonders positiv entwickelte sich das Pharmageschäft. Die Produktion stieg um 4,5%. Dagegen verfehlten die Konsumchemikalien das Produktionsniveau des Vorjahres. Zwar stieg der Konsum in Deutschland insgesamt an. Hiervon konnten die Hersteller von Seifen, Wasch- und Reinigungsmitteln sowie Kosmetika aber kaum profitieren. Zudem stieg in dieser Sparte der Importdruck. Die Hersteller mussten daher die Produktion drosseln.

Forschungsetats stagnieren – Investitionen fließen ins Ausland

Die Forschungsaufwendungen der Branche blieben auf hohem Niveau stabil. Insgesamt gaben die Unternehmen 2015 rund 10,4 Mrd. EUR für Forschung und Entwicklung aus. Ob dies nur eine Atempause bei der mittelfristig positiven Entwicklung der Forschungsetats ist, bleibt abzuwarten. Denn weiterhin fehlen wirksame Impulse aus der Politik für mehr Innovationen. Auch bei den Investitionen im Inland sehen wir kein Ende der langjährigen Investitionszurückhaltung. Insgesamt hat die Branche mit 7,2 Mrd. EUR zwar 1,0% mehr als im Vorjahr investiert. Eine Trendumkehr ist dies aber nicht, denn die Unternehmen investieren verstärkt im Ausland. Die Investitionen der deutschen Chemie im Ausland legten um 2,0% auf 8,6 Mrd. EUR.

Ausblick: Weiterhin geringe Dynamik

Angesichts des schwierigen weltwirtschaftlichen Umfeldes ist die Branche mit dem bescheidenen Wachstum zufrieden. Noch kann die Branche passable Geschäfte machen. Doch die konjunkturellen Risiken drücken mittlerweile auf die Stimmung. Zuletzt rutschten die Geschäftserwartungen ins Minus. Dies zeigt eine zunehmende Verunsicherung der Unternehmen. Der Hauptgrund dürfte im schwindenden Vertrauen der Unternehmen liegen, dass die globale Erholung robust verläuft. Denn Schwachstellen sind bereits sichtbar geworden. Insbesondere das gebremste Wachstum in China und die Rezessionen in Russland und Brasilien könnten andere Volkswirtschaften anstecken.

Doch nicht nur die geringe weltwirtschaftliche Dynamik macht den Unternehmen Sorge. Sie befürchten auch, dass es durch den massiven Aufbau der Basischemie im Nahen Osten, in China und in den USA zu Überkapazitäten im Weltmarkt kommt. Billige Basischemikalien könnten zukünftig verstärkt nach Europa drängen.

Dennoch erwartet der Verband der Chemischen Industrie (VCI) in den kommenden Monaten einen moderaten Aufwärtstrend. Weil Öl billig und der Euro vor allem gegenüber dem Dollar schwach bleibt, bestehen für die deutsche Volkswirtschaft auch 2016 gute Wachstumschancen. Im Inland kann die Chemie dabei auf ein positives Mengengeschäft hoffen, denn die Industrieproduktion sollte ebenso zulegen wie das Baugewerbe. Und dadurch steigt die inländische Nachfrage nach Chemikalien.

Auch für das Exportgeschäft sind die Aussichten gut, denn die Weltwirtschaft wird im kommenden Jahr voraussichtlich mit mehr Dynamik wachsen. Die wirtschaftliche Stabilisierung Europas schreitet voran. Hiervon sollten deutsche Hersteller profitieren, zumal sich auch in Osteuropa die Absatzchancen verbessern. Auch von außerhalb Europas kommen derzeit positive Signale: Die US-Wirtschaft erweist sich als robust und das Asiengeschäft der deutschen Chemie dürfte sich weiter beleben (Grafik 4).

Vieles spricht für eine leichte Belebung des deutschen Chemiegeschäftes. Allerdings gilt das nicht gleichermaßen für alle Sparten. In der Basischemie mildert zwar das günstige Öl den Nachteil der Produktionskosten gegenüber den USA oder dem Nahen Osten ab. Dennoch hat die Sparte mit zunehmendem Importdruck und Problemen der Wettbewerbsfähigkeit zu kämpfen. Die Spezialchemie erhält hingegen Rückenwind von der sich weiter stabilisierenden Nachfrage aus Europa und anderen wichtigen Auslandsmärkten.

Für das Gesamtjahr 2016 rechnet der VCI mit einem Zuwachs der Chemieproduktion von 1,5%. Die Erzeugerpreise dürften stabil bleiben, denn Preiserhöhungen werden sich im schwierigen konjunkturellen Umfeld kaum durchsetzen lassen. Für den Umsatz ergibt sich ein Anstieg um 1,5% auf 193,6 Mrd. EUR. Der Inlandsumsatz (+1,0%) wächst etwas schwächer als das Auslandsgeschäft (+1,5%).

Kontakt

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