Strategie & Management

Biotech: Standortvorteil Schweiz

Mehrere Faktoren machen die Alpenrepublik zum führenden Innovations- und Investitionsstandort

20.05.2016 -

Durch die dichte Vernetzung von Wirtschaft, Wissenschaft und Kapital ist die Schweiz einer der leistungsfähigsten und innovativsten Biotechstandorte in Europa. Hiesige Unternehmen nehmen in vielen Bereichen eine internationale Spitzenstellung ein. Das zieht Forscher und Investoren aus der ganzen Welt an. Damit macht die Schweiz auch Europas größtem Life-Sciences-Standort Deutschland Konkurrenz.

Die begünstigenden politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen machen die Schweiz lukrativ für Investoren der internationalen Biotechindustrie. Ein aktuelles Beispiel dafür ist Biogen, einer der globalen Branchenführer im Bereich Biotechnologie. Das Unternehmen plant den Bau einer weiteren biopharmazeutischen Produktionsanlage im Schweizer Kanton Solothurn. Biogen zufolge soll der Neubau mit einer Investition von rund 1 Mrd. CHF und der Schaffung von bis zu 400 Arbeitsplätzen ab 2019 einhergehen. Ausschlaggebend für die Standortwahl des Unternehmens seien verschiedene begünstigende Faktoren wie qualifizierte Mitarbeiter, ein ausgezeichnetes Bildungssystem und die Nähe zur internationalen Unternehmenszentrale im schweizerischen Zug. Auch die Synergien mit bestehenden Fertigungsaktivitäten in der Region und ein günstiges Wirtschaftsumfeld seien in den Entschluss eingeflossen, so der Konzern zur Begründung seiner Entscheidung für die Schweiz.

Schweizer Biotechsektor wächst stetig

Damit investiert Biogen in einen attraktiven Branchenstandort. 2015 setzten die mittlerweile 279 in der Schweiz ansässigen Biotechfirmen mit rund 14.900 Mitarbeitern 5,1 Mrd. CHF, etwa 4,7 Mrd. EUR, um. Im Vergleich zum Vorjahr stieg der Umsatz um 5% respektive rund 220 Mio. EUR. Dabei verzeichnete die Branche 15 Firmenneugründungen, hauptsächlich im Bereich Entwicklung und Herstellung, sowie einen Mitarbeiterzuwachs von 2,7% gegenüber 2014 (SBA/EY 2016).

Die Biotechindustrie gehört zudem nach wie vor zur größten Exportbranche der Schweiz. Wie aus der Ausfuhrstatistik der Eidgenössischen Zollverwaltung EZV hervorgeht, erholt sich die Schweizer Exportwirtschaft langsam von der Frankenaufwertung zu Beginn des letzten Jahres. So konnte der chemisch-pharmazeutische Sektor seine Ausfuhren im ersten Quartal 2016 um 8,3% gegenüber dem Vorjahresquartal steigern. Die Exporte bei Medikamenten stiegen sogar um 14% und bei pharmazeutischen Wirkstoffen um 12% (EZV Q1/2016).

Stark in Forschung und Ausbildung

Die Schweiz verfügt über eine hohe Dichte an weltweit anerkannten Forschungsinstituten und eine wirtschaftsorientierte Bildungspolitik, die qualifizierte Fachkräfte hervorbringt. Eine enge Zusammenarbeit zwischen den eidgenössischen Hochschulen (ETH) und der Privatwirtschaft führt zu einer hohen Forschungsproduktivität im Biotechsektor. So gehört die Schweiz bei der Anzahl der therapeutischen Produkte in der Forschungspipeline zur Weltspitze (S-GE/EY/Medtrack 2014).

In dem Alpenland besteht ein großes Angebot an modernen Forschungslaboren und Produktionsanlagen für pharmazeutische, biologische und medizintechnische Erzeugnisse. Die ETH Zürich unterhält zudem ein Departement für Systembiologie, das 15 Professuren sowie 300 Mitarbeiter umfasst (S-GE 2013). In der internationalen Rangliste der Länder mit dem größten Einfluss im Forschungsfeld Life Sciences führt die Schweiz noch vor den USA und Großbritannien (S-GE/Thomsen Reuters (SCI/SSCI/A&HCI), Bearbeitung SFBI 2005-2009).

Deutschland bleibt hinter Erwartungen

Gemessen an der Anzahl der jährlichen Patentanmeldungen in den Bereichen Medizintechnik sowie Pharma-, Biotech- und Lebensmittelforschung bildet Deutschland den größten Life-Sciences-Standort in Europa. Weltweit steht die Bundesrepublik an dritter Stelle und folgt damit auf die USA und Japan (JLL Life Sciences Cluster Report 2014). Im Bereich Biotechnologie zählt Deutschland zurzeit 590 Unternehmen mit insgesamt rund 17.900 Angestellten, die 2015 zusammen etwa 3,4 Mrd. EUR Umsatz erwirtschafteten.

Im Hinblick auf die Umsatzentwicklung liegt Deutschland mit einem Plus von 12% gegenüber 2014 deutlich vor der Schweiz (EY/BIO Deutschland 2016). Bei Betrachtung der absoluten Zahlen wird jedoch deutlich, dass die Alpenrepublik mit weniger als der Hälfte an Biotech-Unternehmen im vergangenen Jahr rund 1,3 Mrd. EUR mehr umgesetzt hat. Eine Erklärung dafür findet sich dem Deutschen Biotechnologie Report 2016 zufolge darin, dass die Biotechbranche in Deutschland den Börsenaufschwung 2015 nicht effektiv genutzt hat (EY 2016). Die Gründungsdynamik sei weiterhin rückläufig. Sowohl die Anzahl der Unternehmen als auch die Beschäftigtenzahlen verharrten 2015 mit +2% respektive +/-0% fast auf dem Niveau des Vorjahres (EY/BIO Deutschland 2016).

Hohe Investitionen in F&E

Obwohl in Deutschland mehr Biotechfirmen operieren als in der Schweiz, wenden die Unternehmen im Nachbarland deutlich mehr Kapital für F&E auf. Im vergangenen Jahr waren es 1,44 Mrd. EUR, die in die Schweizer Biotech-forschung investiert wurden (SBA/EY 2016). Dagegen waren es in Deutschland nur 1,05 Mrd. EUR (BIO Deutschland/EY 2016). Die zwei in der Schweiz ansässigen Pharmazeutik-Konzerne Novartis und Roche rangieren sogar unter den Top-6 der Unternehmen mit den weltweit höchsten Ausgaben für F&E. Zudem halten die beiden Konzerne im Vergleich zu Unternehmen anderer Wirtschaftscluster den größten Anteil an Patentanmeldungen im Land (Studie Universität St. Gallen 2015).

Die hohe Investitionsbereitschaft der hiesigen Unternehmen und die enge Verzahnung von Wissenschaft und Wirtschaft zeichnen die Schweiz nicht zuletzt als das innovations- und konkurrenzfähigste Land der Welt aus. Laut dem Global Competitiveness Report 2015 des World Economic Forum führt die Schweiz bereits das siebte Jahr in Folge in puncto globaler Wettbewerbsfähigkeit. Gleichzeitig steht die Alpenrepublik seit fünf Jahren an der Spitze der innovativsten Länder weltweit (Global Innovation Index 2011-2015).

Wichtigster Life-Sciences-Börsenplatz

Ein maßgeblicher Schweizer Erfolgsfaktor ist auch das Zusammenspiel zwischen Biotechunternehmen und eidgenössischen Finanzinstitutionen. So ist die Schweizer Börse SIX Swiss Exchange mit rund 42% der europäischen Life-Sciences-Marktkapitalisierung zum wichtigsten Marktplatz der Biotechbranche in Europa herangewachsen. Seit Mitte 2012 boomt der Markt mit Biotech-Aktien und hat sich seither verdreifacht (S-GE 2014).

Flankiert wird das günstige finanzielle Umfeld in der Schweiz durch die Entwicklungsförderung des Bundes. Die Kommission für Technologie und Innovation (KTI) fördert bspw. den Technologietransfer zwischen Hochschulen und Industrie durch die Finanzierung von bis zu 50% der Ausgaben von F&E-Projekten. Dadurch können jährlich etwa 1.000 Forscherstellen finanziert werden (SG-E 2014).

Schweizer Biotech hat die Nase vorn

„Die Schweiz bietet mit einer der höchsten Konzentrationen von Biotech-Entwicklern und -zulieferern weltweit sowie der dichten Vernetzung von Industrie und Wissenschaft optimale Bedingungen für Investitionen“, sagt Tobias Rühmann von der Schweizerischen Investitionsförderung. „Das Geschäft der Pharmaunternehmen steigert sich stetig. Angesichts des demografischen Wandels wird die Gesundheitsbranche in Zukunft weiter wachsen. Wer jetzt in die Schweiz investiert, profitiert von der boomenden Branche.“ Deutsche Mittelständler können sich über Investitionsmöglichkeiten unverbindlich und kostenfrei bei der Schweizerischen Investitionsförderung informieren und beraten lassen.

Schweizerische Investitionsförderung

Switzerland Global Enterprise bündelt die Leistungsaufträge der Schweizer Export- und Importförderung sowie der Standortpromotion unter einem Dach, unterstützt exportwillige Schweizer KMU und vernetzt Unternehmen, Wissensträger und Organisationen weltweit. Die 21 Swiss Business Hubs im Ausland sind in der Mehrheit bei den Schweizer Botschaften angesiedelt.