Anlagenbau & Prozesstechnik

Neujahrsapéro: Schweizer Reinraumbranche

04.04.2016 -

Am Abend des 2. Februar 2016 fand in den Räumen der Cleanroom­Academy in Wangen an der Aare der traditionelle Neujahrsapéro der Schweizer Reinraumbranche statt, an dem sich die Möglichkeit bot, in entspannter Atmosphäre mit Fachleuten aus der Branche über kommende Trends zu sprechen.

Die Schweizerische Gesellschaft für Reinraumtechnik ist eine Vereinigung der Reinraumverantwortlichen Schweiz mit derzeit ca. 185 Kollektiv- und 120 Einzelmitgliedern. Neu in diesem Jahr bot sie anlässlich des Neujahrsapéros in Kooperation mit der CleanroomAcademy in Wangen eine interessante Veranstaltung für die Reinraumbranche an: Während eines zweitägigen Fachsymposiums „Reinraum und Spital: Ein Thema, zwei Welten“ wurden in Kurzreferaten neue Produkte und Leistungen vorgestellt.

Vortragsteil Reinraum und Spital
Werner Straub, Sekretär der Schweizerischen Gesellschaft für Reinraumtechnik Swiss CCS, hielt das Einführungsreferat. Die Reinraumbranche erlebe 2016 ein Jahr ohne grosse Neuerungen. Qualität, Transparenz, Verfügbarkeit und Effizienz gebäudetechnischer Anlagen seien für Spitäler entscheidende Erfolgsfaktoren. Mit effizientem Energieeinsatz könnten Kliniken zudem viel Geld sparen und so dem anhaltenden Kostendruck begegnen. Er ermunterte die Anwesenden sich bei Swiss CCS zu engagieren: Die Themen der Branche, so Straub, würden immer komplexer und vielschichtiger, darum benötige es Spezialisten, welche sich auch in anderen Reinraumbereichen bestens auskennen. Er verwies darauf, dass die Swiss CCS daher Ihre Aktivitäten erweitert habe und ab 2016 Expertengruppen zu Themen wie Anlagebau, Mikrobiologie oder Reinraumbetrieb zur Verfügung stehen.
Frank Duvernell betonte bei der Einführung zum Vortrag „Umgang mit Hygiene in der Pharmaindustrie“, es gebe ein Spannungsfeld zwischen den Einheitsanforderungen in der Pharmaindustrie und jenen im Spitalalltag.
Die Referentin Barbara Schmitz, Novartis, Stein am Rhein, ist QA-Spezialistin im Bereich Reinraum und Isolator mit Schwerpunkt aseptische Arbeitstechnik sowie sterile Produktion für konventionelle Abfüllanlagen und Isolatoren. In ihrem Kurzvortrag verwies sie auf folgende Schwerpunkte: mikrobiologisches QA Training, aseptisches Handling sowie korrektes Ankleideprozedere in der aseptischen Produktion der Reinraummitarbeiter, um Kontaminationsquellen auszuschliessen. Besonderes Gewicht legte sie auf die kontinuierliche Schulung der Reinraummitarbeiter – zur Korrektur bei Fehlverhalten. Dabei wurde das Verhalten der Mitarbeiter während der Routineproduktion analysiert
Dazu demonstrierte ein Film anekdotisch einige konträre Fälle aus dem Spitalalltag (z. B. Telefonieren während der OP), welche die Arbeit der Pharma-Hygieniker zunichte machen.

Fachkräftegewinnung
Hygiene im Spital war der Titel des Referats von Brigitte Finke vom Inselspital Bern. Sie fokussierte dabei auf die Arbeit der Hygienekommission, der sie angehört, die paritätisch zusammengesetzt ist und sich für den Infektionsschutz durch Hygienerichtlinien engagiert. Ein zentrales In­strument ist der Hygieneordner, der für das ganze Spital verbindliche Richtlinien enthält. Die Weisungen der Hygienekommission werden im Hygieneordner publiziert.
Gastgeber Frank Duvernell, Geschäftsführer der Cleanroom Academy und Swiss CCS Vorstand betonte, der Markt für die Reinraumbranche sei gigantisch, der Trend für Reinraum­produkte und Dienstleistungen zeige stets aufwärts. Er warnte jedoch vor Nachwuchsproblemen.
Bekomme die Branche keine Spezialisten mehr, so habe sie ein echtes Problem. Daher haben die Arbeitgeber und das Management vermehrt darauf zu achten, dass solche Arbeitsplätze auch attraktiv werden. Denn wenn ein Beruf, der eine geringe Wertschätzung habe und schlecht bezahlt sei, dabei aber sehr viel Disziplin erfordere und sehr stark reguliert sei, dann bestehe die Gefahr, dass die Mitarbeiter rasch einmal Alternativen suchten. 
Im internen Gespräch betonte Duvernell, dass Zusammenarbeit auf allen Ebenen der Reinraumtechnik eine wichtige Rolle einnehme. Das betreffe sowohl die persönlichen Kontakte in der Branche als auch das Zusammenwirken der wichtigsten Institutionen der Reinraum-assoziierten Industriezweige.
Der neue Vorstand der Swiss CCS habe diese Erkenntnis umgesetzt und mittlerweile Swiss CCS-Expertengruppen ins Leben gerufen,­ deren Ziel es ist, im jeweiligen Fachgebiet neue Trends, Erfahrungen, neue Geräte und Prozesse­ aufzuspüren und zu lokalisieren und an der Frühjahresversammlung eine Swiss CCS Stellung­nahme an die Mitglieder weiterzugeben. An die Expertengruppen können auch Fragen gestellt werden (info@swissccs.org).
Bisher sind folgende Swiss CCS Expertengruppen aktiv:

  • Expertengruppe Reinraum Anlagenbau
  • Expertengruppe Mikrobiologie im Reinraum
  • Expertengruppe Reinraumbetrieb


Neue Märkte
Ein immer wieder aufgegriffenes Thema war das Wachstum der Reinraumbranche im Lebensmittelbereich. Werner Straub verwies im Gespräch darauf, dass die Produzenten in der Lebensmittelbranche stets nur die minimalen Anforderungen erfüllen, um ihre Produkte noch ohne chemische Zusätze verkaufen zu können. Solange Chemikalien in Nahrungsmitteln geduldet waren, wurden die Produkte damit haltbar gemacht. Wenn Hersteller ihre Produkte jedoch nach den neu geltenden Regularien ohne Chemie stabilisieren möchten, sind sie gezwungen, im Reinraum unter aseptischen Bedingungen zu arbeiten. Auch neue Trends, wie glutenfreie Nahrungsmittel, erfordern den Einsatz von Reinraumtechnik, um Cross-Contamination zu vermeiden. Das fördert den Einsatz der Reinraumtechnik im Lebensmittelbereich.
Schon seit langem steht nicht mehr die reine Luft, – es steht das reine Produkt im Zentrum der Anforderungen. Daher hält Straub die Einführung von Reinraumzelten für eine Alibiübung, da man etwas reine Luft erhalte, aber nicht partikelfrei arbeiten könne. Die Abläufe zur Produktion partikelfreier Produkte können seiner Meinung nach nicht im Reinraumzelt mit kontaminierten Oberflächen umgesetzt werden. In den letzten Jahren wurde vermehrt auf die Partikelfreiheit der Oberflächen gesetzt, auch neue Normen zur Reinraumtauglichkeit von Materialien wurden eingeführt.

Neuigkeiten aus dem Reinraummarkt Schweiz
Kinder aus dem Reinraum: Immer mehr Frauen schieben ihren Kinderwunsch vor sich her oder sie lassen Embryonen einfrieren, um später ihren Kinderwunsch zu erfüllen. Dann aber beträgt bei einer In Vitro Fertilisation die Schwangerschaftsrate pro Eingriff nur noch 25 %. Denn viele Embryonen sind genetisch defekt und nicht entwicklungsfähig. Auch die Verkeimung der Proben ist für eine reduzierte Schwangerschaftsrate verantwortlich. Mit Hilfe eines Reinraums, in dem die Zahl der Erreger reduziert ist und das Personal und strengen Reinraumbedingungen arbeitet, gelingt es Schweizer Medizinern um Professor Michael Hohl, die Schwangerschaftsrate auf über 35 % zu erhöhen. Dies stellt eine Hoffnung für unfruchtbare Paare dar.
Triumph für den KUKA Kleinroboter: Mit dem Gewinn des amerikanischen Good Design Awards kann der KUKA Roboter KR Agilus punkten. Der KR Agilus umfasst eine Kleinroboter­serie, die für Reinraumanforderungen in der Kunststoffindustrie sowie Pharma und Medizintechnik optimiert wurde. Mit innen liegenden Leitungen und Energiezuführungen ist der ­KR Agilus für die Produktion in partikelfreien Umgebungen optimiert. Spezielle Oberflächenbehandlungen weisen eine sehr hohe Beständigkeit gegenüber Reinigungsmitteln auf und geben praktisch keine Partikel an den Reinraum ab.
Der Markt für HEPA-Filter wird enger: Da macht es Sinn, sich zu spezialisieren: Die Unifil Schweiz produziert auch Spezialanfertigungen – angefangen bei winzigen HEPA Filtern mit 60 mm Kantenlänge bis hin zu industriellen mit 1 m Kantenlänge und mehr. Unifil verfügt über eine eigene Filterproduktionsanlage und testet die Spezial-Filter auch gleich im hauseigenen Prüflabor. Denn Druckverlust, Abscheidegrad und Wirkungsgrad sind für Filter bei der Verwendung im regulierten Umfeld vorgegeben.
Neben dem Menschen ist das Einschleusen von Material eine der grössten Kontaminationsquellen im Reinraum. Daher sollte das Material desinfiziert werden. Desinfektionsmittel wirken aber nicht nur gegen Mikroorganismen, sondern schädigen auch Oberflächen und Mitarbeiter. Bei Ecolab hat man eine neues, gründliches Desinfektions- und Entsorgungsmanagement entwickelt, um gemeinsam mit den Produkten Zytostatika zu deaktivieren, um Gefahren für Mitarbeiter beim Umgang mit Zytostatika nachweislich zu senken.
Wie Frank Duvernell im offiziellen Teil bereits betonte, gehen der Reinraumbranche die Experten aus. Wer dennoch Reinräume zuverlässig und unkompliziert reinigen lassen möchte, kann die Reinigung einem professionellen Unternehmen, wie Schuelke&Mayr, anvertrauen. Eine effiziente und rückstandsfreie Raumdekontamination mithilfe der H2O2-Technologie SDS garantiert eine Dekontamination von Räumen auf Basis der HPV-Technologie, bei der hochreines Wasserstoffperoxid verdampft wird. Diese Technologie zeichnet sich gleichzeitig durch mikrobiologische Wirksamkeit bei sehr guter Materialverträglichkeit aus.

Annex 15 Revision
Ein wichtiges Thema ist auch die Annex 15 Revision, welche seit Oktober 2015 in Kraft ist. Änderungen wurden vor allem Bereich der Reinigungsvalidierung vorgenommen. Sie betreffen Desinfektionsmittelrückstände, die auf Abklatschplatten zu falschen negativen Befunden führen können. Daher muss der Abklatsch nun mit einer Methode durchgeführt werden, die nicht durch Rückstände beeinflusst wird. Speziell mit der Revision ausgeschlossen ist eine re­trospektive Validierung.