Strategie & Management

Kommunikation als strategische Führungsaufgabe

Krisenkommunikation: Personalabbau und Standortschließungen sind nicht nur operative Herausforderungen

19.02.2020 -

Der Nachrichtensender NTV fasste die Konjunkturprognose des Verband der Chemischen Industrie (VCI) vergangenen Dezember wie folgt zusammen: „Maue Nachfrage, trübe Aussichten – Chemiebranche schleicht in neues Jahrzehnt“. Zu globalen Stressfaktoren treten nationale wie die erhöhte CO2-Bepreisung, die nach Ansicht des Verbands „die Wettbewerbsfähigkeit vor allem des Mittelstands in der Chemiebranche gefährdet“.

Absehbar werden sich Unternehmen aufgrund dieser Entwicklung restrukturieren. Was dabei häufig vergessen wird: Personalabbau oder gar Standortschließungen sind nicht nur operative Herausforderungen. Ohne begleitende Kommunikationsstrategie werden kurzfristig erzielte Kosteneinsparungen leicht durch langfristige Effekte wie sinkende Mitarbeitermotivation oder eine beschädigte Reputation wieder zunichtegemacht.
Die Entscheidung, ein Unternehmen zu restrukturieren, basiert auf knallharten Fakten. Betriebswirtschaftliche Kennzahlen begründen nicht nur die Notwendigkeit der Restrukturierung, sondern auch ihre Zielbeschreibung etwa in Form verbesserter Umsatzrenditen.
In einem mechanistischen Modell geht das Management anschließend davon aus, dass die am Besprechungstisch beschlossenen Schritte die im Excel-Sheet festgehaltenen Ergebnisse liefern. Wie sollte es anders sein, wo doch das Vorgehen ‚völlig logisch‘ ist!

Datenfixierung greift zu kurz
Leider blendet diese datenfixierte Betrachtungsweise wichtige Elemente der Wirkungskette aus. Auch wenn der Mensch sich für ausgesprochen rational hält, wissen wir doch aus umfangreicher Forschung, dass Einstellungen und Meinungen zum größten Teil emotional begründet sind. Dementsprechend beurteilen Mitarbeiter und Öffentlichkeit auch das Handeln von Unternehmen vorwiegend emotional: Es zählen vor allem die Auswirkungen, die es auf die betroffenen Menschen hat.
Die operativen Entscheidungen des Managements lassen sich daher nicht von ihrer kommunikativen Wirkung trennen. Gerade in kritischen Situationen kann Verhalten sogar eine stärkere kommunikative Wirkung entfalten als verbale Äußerungen: Dem Kapitän, der nach einer Havarie als Erster in ein Rettungsboot steigt, wird niemand seine explizite Versicherung abnehmen, es sei alles in Ordnung und man möge doch bitte nicht in Panik geraten.
Dementsprechend ist die Frage „Wie wirkt das?“ im Rahmen einer Restrukturierung oft wichtiger als die Frage „Wieviel können wir dadurch einsparen?“. Lavieren und Herumdrucksen können ebenso Vertrauen zerstören wie das rücksichtslose Durchsetzen der eigenen Ziele.

Kommunikation als Erfolgsfaktor
Das hat durchaus messbare Folgen: Nachlassende Motivation der Belegschaft senkt erfahrungsgemäß die Produktivität; Streiks beschädigen die Lieferfähigkeit; anhaltende kritische Berichterstattung verunsichert Kunden und macht kreditgebende Banken nervös.
Zudem bieten die mit einer Re­strukturierung verbundenen Auseinandersetzungen weiteren Interessengruppen eine willkommene Bühne für die eigene Inszenierung und Profilierung – seien es Gewerkschaften, politische Akteure oder NGOs.
Kommunikation ist deshalb in Restrukturierungssituationen eine strategische Führungsaufgabe. Sie kann nicht „nachgeschaltet“ werden, wenn die wichtigen Entscheidungen bereits getroffen sind, sondern muss in die Entscheidungsprozesse selbst eingebunden sein. Nur so kann sie die kommunikative Wirkung unterschiedlicher Handlungsoptionen bewerten und dazu beizutragen, dass die gefassten Beschlüsse anschließend auch vermittelbar sind.

Sechs Schritte zum Erfolg
Die folgenden Schritte helfen, bereits in der Planung eines Restrukturierungsprojekts die kommunikative Perspektive zu berücksichtigen und damit Schaden vom Unternehmen abzuwenden.

  • Ziele klären
    Definieren Sie, was am Ende des Prozesses stehen soll: die Senkung flexibler Kosten, ein punktueller Personalabbau oder die Schließung eines Standorts? Nur auf der Basis eines klar definierten Ziels lassen sich eine Verhandlungs- und damit verbundene Kommunikationsstrategie entwickeln.

 

  • Narrativ entwickeln
    Entwickeln Sie eine empathische Erzählung, die die notwendigen Entscheidungen aus den Rahmenbedingungen herleitet und das Zukunftsszenario beschreibt. Zeigen Sie auf, welche Alternativen geprüft wurden, und machen Sie deutlich, wie Sie negative Auswirkungen auf die Betroffenen abmildern werden.
  • Individuell kommunizieren
    Identifizieren Sie unterschiedliche Gruppen von Betroffenen und deren jeweils vordringliche Informationsbedürfnisse. Entwickeln Sie Kommunikationsinhalte und -in­strumente, die speziell diese Bedürfnisse adressieren.
  • Widerstand antizipieren
    Recherchieren Sie, welche Organisationen möglicherweise aktiven Widerstand leisten werden, und entwickeln Sie Strategien für den Umgang damit.
  • Motivation bewahren
    Schaffen Sie möglichst früh in der Umsetzung Klarheit darüber, welche Funktionen wegfallen, und gehen Sie fair mit den Betroffenen um – denn das hat Signalwirkung. Zeigen Sie der verbleibenden Belegschaft eine klare Perspektive auf und feiern Sie das Erreichen von Meilensteinen. Das lenkt den Blick nach vorne.
  • Externe und interne Kommunikation verzahnen
    Medienberichterstattung beeinflusst die Stimmung innerhalb der Belegschaft; umgekehrt dringen Informationen aus dem Unternehmen nach außen. Deshalb müssen interne und externe Kommunikation stets aufeinander abgestimmt sein. Und stellen Sie bitte sicher, dass Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wichtige Informationen immer direkt vom Arbeitgeber erfahren und nicht aus den Medien.

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