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Chemiekonjunktur – schwache Dynamik im weltweiten Chemiegeschäft

Keine Wachstumsimpulse aus den Schwellenländern / konjunkturelle Risiken bleiben hoch

05.12.2016 -

Im Laufe des Jahres 2015 kühlte sich das weltweite Wirtschaftswachstum ab. Die Schwellenländer zeigten eine Wachstumsschwäche. In den USA nahm die Wachstumsdynamik im Jahresverlauf ab und Japan bewegte sich nur noch seitwärts. Lediglich in Europa setzte sich die zaghafte Erholung fort. Das schwierige wirtschaftliche Umfeld änderte sich im Jahr 2016 nicht. Die Entwicklung in den USA war noch das ganze erste Halbjahr von einer schwachen Dynamik geprägt. Erst im dritten Quartal zog das Wachstum wieder an. In Japan setzte sich die Wellblechkonjunktur fort. Europa blieb auf seinem robusten, aber nur moderaten Wachstumspfad. Von den Schwellenländern kamen weiterhin keine Wachstumsimpulse. Die chinesische Wirtschaft konnte zwar die Befürchtungen eines „hard landings“ ausräumen, aber die Tendenz zu einem moderateren Wachstum setzte sich fort. Brasilien und Russland scheinen zwar mittlerweile die Talsohle erreicht zu haben, das Wachstum fiel aber erneut niedriger aus als im Vorjahr. 2016 wird das globale Wirtschaftswachstum nur 2,2 % über Vorjahr liegen.

In diesem Umfeld konnte auch die Industrieproduktion nur verhalten zulegen. Mit einem Wachstum von 2,3 % wird die Dynamik weltweit kaum höher sein als in der Gesamtwirtschaft. Damit ist auch die Nachfrage nach Chemikalien geringer als in den Vorjahren. Die globale Chemieproduktion wird zwar mit einem Plus von 3,5 % im Jahr 2016 immer noch stärker wachsen als die Industrie insgesamt. Die Wachstumsraten der vergangenen Jahre werden aber nicht mehr erreicht (Grafik 1).

Asien: Abnehmende Dynamik in China

In Asien übersteigen die Wachstumsraten der Chemieproduktion zwar immer noch die anderer Regionen bei Weitem, aber im Vergleich zu den vergangenen Jahren hat die Dynamik abgenommen. Hauptgrund hierfür ist die Entwicklung in China. Der Umbau der Wirtschaft weg von Exporten und Industrie hin zu mehr Konsum und Dienstleistung hinterlässt auch im Chemiegeschäft Bremsspuren. Die Chemie kann sich nicht von der Entwicklung in der Gesamtwirtschaft und in der Industrie abkoppeln. Die Wachstumsraten der Chemieproduktion liegen aber immer noch deutlich über denen der Industrie insgesamt. Grund hierfür ist die Fokussierung des Landes auf die Chemie, verbunden mit einem starken Kapazitätsaufbau in der Vergangenheit. Die Auslastung der Kapazitäten lässt die Produktion steigen.

Die anderen großen Chemieländer der Region – Indien, Südkorea und Japan – zeigen unterschiedliche Dynamiken. In Japan verläuft die Chemieproduktion im Seitwärtsschritt – auf ein gutes Jahr folgt ein schlechtes. In Indien zeigt die Chemieproduktion in den vergangenen Jahren zwar tendenziell nach oben, aber die Volatilität ist hoch. Südkoreas Chemie wächst dagegen stabil, aber moderat (Grafik 2).

Amerika: Schwergewichte des Kontinents schwächeln

Schiefergas und billige Rohstoffe ließen ab 2014 die Chemieproduktion in den Vereinigten Staaten steigen. Der durch niedrige Energie- und Rohstoffkosten ausgelöste Investitionsboom zeigte allmählich Wirkung – wenngleich nur sehr langsam. 2016 kam dieser Aufschwung bereits wieder zum Erliegen. Der Wettbewerbsvorteil der gasbasierten US-Chemie hat sich durch die niedrigen Ölpreise deutlich verringert. Die Nachfrage nach Chemikalien litt unter der schwachen Industriekonjunktur in den USA und weltweit. Auch von der Pharmaindustrie kamen keine Impulse. Damit wird die Chemie- und Pharmaproduktion im Gesamtjahr 2016 nur um 0,5 % höher ausfallen als im Vorjahr (Grafik 3).

Das Sorgenkind in Südamerika bleibt Brasilien. Zwar scheint inzwischen die Talsohle erreicht zu sein, von einem Aufschwung ist aber noch nichts zu spüren. Die Chemieindustrie ist von dieser Entwicklung nicht ausgenommen. Nach einem hoffnungsvollen Start ins Jahr 2016 ist die Chemie- und Pharmaproduktion in den folgenden Quartalen wieder gesunken. Insgesamt wird auch 2016 noch ein Minus von 1 % zu Buche schlagen.

Europa: Pharmageschäft befeuert Produktion

Die europäische Chemie- und Pharmaindustrie konnte ihre Produktion seit Beginn des Jahres 2013 kontinuierlich ausweiten. Bereits Ende 2013 war das Vorkrisenniveau erreicht worden. In 2014 und 2015 wurden Wachstumsraten von deutlich über 3 % verbucht. In 2016 nahm die Dynamik zwar wieder ab, die Produktion wird aber mit einem Plus von 1,5 % über Vorjahr liegen (Grafik 4). Die Zahlen für die Branche insgesamt verzerren allerdings das Bild. Es lohnt ein Blick auf die Sparten. Die positive Entwicklung der vergangenen Jahre verdankt die Branche nahezu ausschließlich dem Pharmageschäft. Hier kam es zu einer kräftigen Ausdehnung der Produktion, während die Chemieproduktion nahezu stagnierte. In der Basischemie musste die Produktion wegen hoher Energie- und Rohstoffkosten und des zunehmenden Importdrucks sogar gedrosselt werden. Die Spezialchemie entwickelte sich tendenziell besser. In 2016 blieb die Entwicklung in der Pharmaindustrie aufwärts gerichtet – wenngleich zuletzt das Tempo etwas nachließ. In der Basischemie setzte sich der Rückgang nicht weiter fort. Der niedrige Ölpreis kam der Wettbewerbsfähigkeit der ölbasierten europäischen Petrochemie zugute. Allerdings entwickelte sich nun die Produktion in der Spezialchemie und bei den Konsumchemikalien rückläufig.

Ausblick: Unsichere Zeiten – hohe Risiken

Im nächsten Jahr wird sich das wirtschaftliche Umfeld nicht grundlegend verändern. Die konjunkturellen Risiken bleiben hoch. In Europa nimmt die Wirtschaftsdynamik aufgrund des Brexit ab. Die Flüchtlingskrise, der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine und die Entwicklung in der Türkei bergen zusätzliche Unwägbarkeiten. Hinzu kommen Sorgen, um die Ausgestaltung der Handelsbeziehungen zum wichtigen Handelspartner USA. Die US-Wirtschaft wird ihr Wachstum leicht beschleunigt fortsetzen. Falls es zu protektionistischen Eingriffen in die Wirtschaft kommt, wie im US-Wahlkampf angekündigt, könnte das Wachstum allerdings noch gebremst werden. In China setzt sich der Umbau der Wirtschaft fort. Dementsprechend verringern sich die Wachstumsraten weiter. Russland und Brasilien verlassen die Rezession – die wirtschaftliche Dynamik bleibt aber gering. Vor diesem Hintergrund geht der Verband der Chemischen Industrie (VCI) davon aus, dass die globale Chemieproduktion in 2017 ähnlich schnell wächst wie in 2016. In den USA wird die Chemieproduktion nach einem schwachen Jahr beschleunigt zulegen können – Grund hierfür ist auch die Inbetriebnahme neuer Anlagen. Das Wachstum in der EU wird stabil bleiben. Die Chemieindustrie in den Schwellenländern profitiert von der Stabilisierung der Wirtschaft. Die Produktion wird, wenngleich nur moderat, zulegen können. In China setzt sich zwar auch in der Chemie die Abschwächung der Wirtschaftsraten fort, das Wachstum in der Chemie bleibt aber höher als in der Industrie insgesamt.

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