Anlagenbau & Prozesstechnik

Kosmetikprodukte aus Fischabfällen

ISC3 unterstützt äthiopisches Start-up für eine nachhaltige, biobasierte Kollagenproduktion

06.06.2023 - Die Idee für das Startup Ray Cosmetics aus Äthiopien kam CEO und Gründerin Rewla Ephrem und ihren Mitstreitern Yared Assefa und Abrehame Dessie am malerischen Tana-See in Bahirdar. Unterstützt vom ISC3 produziert das Start-up biobasiertes Kollagen aus Fischhaut.

An dem wunderschönen Ort herrschen – völlig unpassend – unangenehme Gerüche. Grund dafür ist die Umweltverschmutzung durch Fischabfälle, die dort in großen Mengen in den See geworfen werden. In dem Bestreben, praktische Probleme der Gemeinschaft zu lösen und gleichzeitig die Arbeitslosigkeit zu verringern, nahmen sie am nationalen Ideen­wettbewerb für Agrarunternehmen 2021 teil und gründeten das Start-up Ray Cosmetics.

Unterstützung bei der Umsetzung bis hin zur Erarbeitung der Marktreife im Business Incubation Techno-Entrepreneurship Center (Bitec) erhielten die Gründer und Gründerinnen zunächst vom Makerspace ihrer Universität. Heute extrahiert das Start-up Kollagen aus Fischhautabfällen, gewinnt so wertvolle Grundprodukte für Kosmetik aus Agrarabfällen und verhindert gleichzeitig, dass diese die lokalen Wasserressourcen verschmutzen. Ray Cosmetics konzentriert sich auf Kosmetikprodukte auf natürlicher Basis, die erschwinglich sind und lokale Gemeinschaften unterstützen. Für diesen Beitrag zur nachhaltigen Chemie wurde das Start-up im Rahmen der ISC3 Innovation Challenge 2022 mit dem Best-Social-Impact Award und als ISC3 Start-up des Monats im Oktober 2022 ausgezeichnet. Das International Sustainable Chemistry Collaborative Centre (ISC3) unterstützt das junge Unternehmen seit 2022 im Rahmen des ISC3 Global Start-up Service.

Extraktion von Kollagen aus Fischhaut

Der Name des Start-ups enthält das amharische Wort „Raey“, was „sehen“ bedeutet, und dafür steht, dass Schönheit an den unmöglichsten Orten zu finden ist, wenn man nur richtig hinschaut. Ray Cosmetics hat richtig hingeschaut und verwendet als Ergebnis Fischhaut- und Fischschuppenabfälle aus dem Tana-See und anderen lokalen Fischverarbeitungsbetrieben als Rohstoff für die Herstellung von Haut- und Haarpflegeprodukten auf natürlicher Basis. Nach Angaben der Ethiopian Fish Corporation belaufen sich die jährlichen Fischabfälle wie Häute, Schuppen und Gräten, die rund um den Tana-See weggeworfen werden, auf etwa 16,7 t pro Jahr. Ray Cosmetics gewinnt aus acht bis zehn durchschnittlich großen Fischhäuten, einschließlich Schuppen, 1 L seines Produktes für die Kosmetikindustrie. Die aus den Fischabfällen gewonnenen Schuppen und Häute werden dafür zunächst mehrfach mit destilliertem Wasser gewaschen und eingeweicht. Im Extraktionsprozess werden sie dann mit einer Reihe chemischer und technischer Verfahren behandelt.

Mit dieser Methode wird das säurelösliche Kollagen extrahiert, das dann im nächsten Schritt mit einem speziellen Verfahren weiterbehandelt wird, um letztendlich die Wasseranteile in den Produkten des Start-ups zu ersetzen. Das gewonnene Kollagen ist ein Eiweißzusatz, der für Haut- und Haarpflegeprodukten verwendet wird. Die Substanz hat feuchtigkeitsspendende, alterungshemmende und entgiftende Eigenschaften, zusätzlich zur Perlenessenz, die in der Fischhaut und den Fischschuppen enthalten ist. Das junge Unternehmen verwendet 88 % natürliche Inhaltsstoffe, darunter den Kollagenextrakt aus Fischabfällen. In Zukunft will das Start-up nur noch natürliche Inhaltsstoffe verwenden und herkömmliche Zusatzstoffe wie Konservierungsmittel, Verdickungsmittel und Duftstoffe durch natürliche Alternativen ersetzen.

„70 % der menschlichen Haut enthalten Kollagen. Das Protein nimmt eine bedeutende Rolle für deren Struktur und Funktion ein“, erklärt Rewla Ephrem: „Die Haut von Fischen enthält ebenfalls dieses Protein mit seinen wundheilenden Eigenschaften für die Haut.“ Im Vergleich zu anderen Produkten auf dem lokalen Markt in Äthiopien, die meist importiert werden und mit langen Marketing- und Lieferketten verbunden sind, bietet das Unternehmen eine erschwingliche Lösung mit Schwerpunkt auf Qualität, unkomplizierter Lieferung, umweltfreundlicher Produktion und nachhaltigen Lieferkettenprozessen.

Zum Start-up-Team gehören drei Absolventinnen und Absolventen des Bereichs Maschinenbau, zwei Personen mit einer Zusatzausbildung in Betriebswirtschaft und eine Expertin für Grafikdesign und 3D-Modellierung. Das erforderliche Dermatologifachwissen wurde von einem erfahrenen Dermatologen im Beirat eingebracht. Angetrieben von ihrer innovativen Idee erlernten die Gründer die notwendigen Kenntnisse in Chemieingenieurwesen und Dermatologie in Verbindung mit Lebensmittelabfallmanagement, um ihre Lösung auf den Markt zu bringen. Inzwischen beschäftigt Ray Cosmetics insgesamt 14 Mitarbeitende und arbeitet eng mit verschiedenen Organisationen wie der Fish Corporation, der Kommission für Arbeitsbeschaffung sowie der lokalen Jugend- und Frauenförderung zusammen, um ein nachhaltiges unternehmerisches Handeln zu gewährleisten. Durch die Herstellung von Produkten mit Mehrwert trägt das Unternehmen dazu bei, die Umweltverschmutzung durch Fischabfälle zu reduzieren und leistet einen wichtigen Beitrag zur Kreislaufwirtschaft.

Dank der Unterstützung des ISC3 konnte das Start-up gute Networking-Möglichkeiten nutzen und seine Geschäftsbeziehungen ausbauen. „Durch den Austausch mit anderen Start-ups in verschiedenen Teilen der Welt konnten wir unseren Beitrag zur nachhaltigen Chemie global bekannter machen, nicht nur gegenüber anderen Start-ups, sondern auch für potenzielle Investoren und Lieferanten“, so Rewla Ephrem. „Als Gewinner des Best-Social-Impact-Award der ISC3 Innovation Challenge 2022 erhielten wir maßgeschneiderte Unterstützung von ISC3 Global Start-up Service, der uns auch die professionelle, technische, finanzielle, Branding- und Marketingunterstützung bot, die wir für das Wachstum unseres Unternehmens benötigen.“

Heute verfolgt das Start-up das Ziel, ein führender, aber vor allem vertrauenswürdiger Hersteller von Körperpflegeprodukten und Kosmetika in Äthiopien und den angrenzenden Ländern zu werden. Das junge Unternehmen verfolgt dafür die Pläne, seine Produktion langfristig zu steigern und gesunde, nachhaltige Körperpflegeprodukte zu gewährleisten, deren Ursprung gleichzeitig die Umwelt pflegt. Als Start-up haben sie bereits die National-Bruh-Business-Idea-Competition des Ministry of Labor and Skills gewonnen. Außerdem haben sie den zweiten Platz bei der African Business Concept Challenge (ABCC) des Global Business School Network belegt.

Der Autor: René Sutthoff, Fachjournalist

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