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KPMG: M&A-Aktivitäten im Chemie- und Pharmasektor weiter auf hohem Niveau

Deutsche Firmen bei Chemie-Transaktionen auf dem Vormarsch

04.07.2016 -

Im ersten Halbjahr dieses Jahres verzeichneten Unternehmen der Chemie- und Pharmabranche insgesamt 669 Übernahmen und Fusionen und damit etwas mehr als im Vorjahreszeitraum (Vorjahr: 629). Das Volumen ging dabei von 247 Mrd. USD auf 123 Mrd. USD zurück, da insbesondere Pharmaunternehmen in vergleichsweise kleinere Deals investierten. Allerdings kündigen sich für den weiteren Verlauf des Jahres in beiden Sektoren einige sehr große Deals an. Deutsche Firmen sind an drei der zehn größten angekündigten Chemie-Transaktionen beteiligt. Dies zeigt eine KPMG-Analyse, die auf Zahlen von Thomson Reuters beruht.

Pharmasektor: Biotech-Unternehmen als attraktive Targets
In der Pharmabranche kam es im ersten Halbjahr 2016 zu insgesamt 339 abgeschlossenen Transaktionen mit einem Gesamtwert von 86 Mrd. USD. Das bedeutet einen Rückgang des Dealvolumens auf rund ein Drittel des Wertes zum Ende des Halbjahres 2015 (221 Mrd. USD).

Vir Lakshman, Leiter des Bereichs Chemie und Pharma bei KPMG Deutschland: „Dass der Appetit auf Mega-Deals zu Beginn des Jahres nachgelassen hat, hat unterschiedliche Ursachen. Zum einen haben vergleichsweise volatile Aktienmärkte die Unternehmen vorsichtiger werden lassen. Zudem hat die US-Regierung Konzernen bekanntlich erschwert, ihre Konzernzentrale in Länder mit niedrigeren Steuersätzen zu verlagern. Eine Folge davon war unter anderem, dass Pfizer im April dieses Jahres die geplante Übernahme von Allergan wieder abgesagt hat.  Beispiele aus dem Onkologie-Markt zeigen aber, dass Pharmaunternehmen weiterhin auf milliardenschwere Übernahmen setzen um ihre Positionierung in lukrativen Wachstumsmärkten auszubauen. Insbesondere Biotech-Unternehmen sind attraktive Targets, zumal sich die Umsätze im Onkologie-Markt Studien zufolge von 83 Mrd. auf fast 190 Mrd. USD in 2022 mehr als verdoppeln sollen.“

Drei Mega-Deals im Pharmasektor
Die drei größten Deals im Pharmasektor waren im ersten Halbjahr für fast 60% des gesamten Investitionsvolumens verantwortlich. Allen voran die 32 Mrd. USD-Akquisition des US-Biotech-Unternehmens Baxalta durch Shire. Zudem schloss Abbvie im zweiten Quartal die Übernahme des US-Biotech-Stammzellenspezialisten Stemcentrx ab, um sich Zugang zu einem potentiell bahnbrechenden Heilmittel gegen Lungenkrebs zu sichern. Mit einem Wert von bis zu 9,8 Mrd. USD ist dies eine der fünf größten Transaktionen eines Venture Capital-finanzierten Unternehmens überhaupt und eine weitere Maßnahme Abbvies, um die Abhängigkeit vom Rheuma-Medikament Humira zu verringern, dessen Patent Ende 2016 ausläuft. Im zweiten Quartal offerierte zudem Sanofi 9,4 Mrd. USD für den Biotech-Krebsspezialisten Medivation, um ihr Portfolio zu verstärken.

Chemiesektor vor größter ‚all cash‘-Transaktion aller Zeiten
Im globalen Chemiesektor waren im ersten Halbjahr 2016 abgeschlossene M&A-Aktivitäten im Wert von 37 Mrd. USD zu verzeichnen (Vorjahr: 26 Mrd. USD). Das Volumen der angekündigten Transaktionen und Fusionen ist allerdings um ein Vielfaches höher: es beläuft sich auf 131 Mrd. USD – mehr als eine Verdopplung des Halbjahreswertes 2015.

Vir Lakshman: „Der Konsolidierungstrend der Branche hält an, insbesondere im Bereich der Agrochemie. Deutsche Firmen sind hieran maßgeblich beteiligt und schärfen ihre Portfolios mit Zukäufen von US-Unternehmen.“

Bayers Barangebot an den US-Saatgutspezialisten Monsanto im Wert von 62 Mrd. USD stellt nicht nur die größte angekündigte Transaktion des ersten Halbjahres 2016 in der Chemiebranche dar, sondern auch die potenziell größte ‚all cash‘-Akquisition überhaupt. Mit der Übernahme strebt Bayer unter anderem die Weltmarktführerschaft in den Bereichen Pflanzenschutz und Saatgut an. Im ersten Halbjahr 2016 hat außerdem ChemChina die 43 Mrd. USD-Akquisition des Agrochemieunternehmens Syngenta angekündigt. Zudem steht die im vergangenen Jahrangekündigte Fusion von Dow und DuPont für 62 Mrd. USD ebenfalls noch aus.

Deutsche Unternehmen investieren in Spezialchemie
Auch außerhalb des Agrochemiemarktes investieren deutsche Chemiekonzerne Milliarden in Unternehmen der Spezialchemie. Evonik übernahm im Mai große Teile des Spezialchemiegeschäfts des US-Gasproduzenten Air Products für 3,8 Mrd. USD – der größte Deal in der Geschichte von Evonik. Der Essener Konzern sicherte sich dadurch nicht nur die Marktführerschaft in Nordamerika, sondern kommt damit auch dem Unternehmensziel näher, bis 2018 den Umsatz auf 18 Mrd. EUR zu steigern. Zudem erwarb die BASF den Lackspezialisten Chemetall, Teil der Albermale Gruppe, für 3,2 Mrd. USD und ergänzt damit seine eigene Lacksparte mit Expertise in der Oberflächenbehandlung.

Vir Lakshman: „Wie bereits Anfang des Jahres erwartet, fokussieren sich Chemieunternehmen derzeit vor allem auf die margenstarke Spezialchemie, ein Geschäftsfeld mit hohen Eintrittsbarrieren für neue Wettbewerber.“