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VCI-Konferenz: SAP-Anwendungen im Mittelpunkt

29.09.2011 -

VCI-Konferenz: SAP-Anwendungen im Mittelpunkt

Im November treffen sich in Frankfurt Anwender aus Chemie und Pharma, um sich zu modernen SAP-Anwendungen auszutauschen. Die Veranstaltung wird vom VCI und der SAP organisiert und stellt eine der größten Branchenveranstaltungen dar. CHEManager sprach mit Jochen Gintzel, Vorsitzender des VCI-Ausschusses für Informatik und Telekommunikation, und Hartmut Cordes, dem Leiter des Geschäftsbereiches Process & Consumer Industries, Trade, Financials der SAP Deutschland. Das Gespräch führte Dr. Michael Klinge.

CHEManager: Herr Gintzel, am 26. und 27. November treffen sich die chemische und pharmazeutische Industrie mit SAP und Partnern beim europäischen Kongress für die Prozessindustrie. Mit welchen Erwartungen reisen Sie als Vertreter der Chemie- und Pharmaindustrie nach Frankfurt?

Jochen Gintzel: Als erstes wünsche ich mir, dass die Veranstaltung nicht nur ein Treffen von IT-Experten und -Beratern wird, sondern auch das Interesse von Verantwortlichen aus den Geschäfts-, Corporate- und Servicebereichen weckt. Wir haben bei der Vorbereitung der Veranstaltung versucht, Praxisbeispiele in den Vordergrund zu stellen, an denen der „Wertbeitrag“ der IT anschaulich festgemacht werden kann. Dementsprechend wurden die Vorträge jeweils den Kernprozessen des Unternehmens zugeordnet. Wenn die Teilnehmer aus den Vorträgen und Diskussionen Anregungen und Ideen für ihre Unternehmen ableiten können, hat die Veranstaltung aus meiner Sicht ihren Zweck erfüllt. #

Darüber hinaus würde ich mich freuen, wenn die Veranstaltung einen Beitrag dazu leistet, die Erwartungshaltung gegenüber der IT im Allgemeinen und der Anwendungssoftware im Besonderen gerade zu rücken. Wichtig ist, dass die Reihenfolge stimmt. Am Anfang sollten die Idee und der Wille des Unternehmens zu einer Prozessoptimierung oder organisatorischen Änderung stehen. Danach entscheidet die Funktionalität, Qualität und Flexibilität der Anwendungssoftware über Aufwand und Zeit der Umsetzung. Diese drei Anforderungen bestimmen meiner Ansicht nach die Anforderungen gegenüber SAP.

Ein gutes Beispiel dafür zeigen die Erfahrungen mit CRM. Mit der Einführung des CRMModuls habe ich noch kein gutes Customer Relationship Management. Umgekehrt kann ich die CRM-Prozesse nicht umsetzen, wenn die Software wesentliche funktionale Anforderungen nicht abdecken kann.

CHEManager: Herr Cordes, inwieweit decken sich die Erwartungen Ihrer Kunden mit denen der SAP?

Hartmut Cordes: Viele unserer Kunden äußern – wie eben Herr Gintzel – den Wunsch, die Veranstaltung zu einem Treffpunkt nicht nur von IT-Experten, sondern auch von Verantwortlichen aus anderen Geschäftsbereichen zu entwickeln. Das ist auch ganz im Sinne der SAP, denn SAP-Projekte sind heute mehr denn je Vorhaben, die das ganze Unternehmen fordern. Dazu gehört der IT-Chef ebenso wie der CFO oder die Fachabteilung.

Wichtig sind uns konkrete Anwendungsbeispiele aus der Unternehmenspraxis. Noch mehr als in den vergangenen Jahren werden unsere Kunden und deren Anwendungsbeispiele die Vorträge prägen. Dieses Jahr sind beispielsweise Unternehmen wie Henkel mit der Eröffnungs-Keynote, BASF, Solvay, Novartis, Byk Chemie, Aesculap, Celanese, Merck, Merz, Boehringer Ingelheim, Clariant, Wacker, Roche, Bayer, Grünenthal, Amgen, Südchemie, OMV und andere.

Anders ausgedrückt: Wir versuchen, die konkreten Erfahrungen der Unternehmen mit der jeweiligen Wertschöpfung, zu der Software beiträgt, in den Mittelpunkt der Veranstaltung zu rücken. Wenn das gelingt, haben wir eine hervorragende Grundlage, um die Erwartungshaltung an die IT auf ein solides Fundament zu stellen – wie eben gefordert.

CHEManager: Welche Themen des Kongresses werden besonders im Vordergrund stehen?

Hartmut Cordes: Thematische Schwerpunkte haben wir in diesem Jahr mehrere: Gleich zu Beginn der Veranstaltung wird in den beiden Keynotes das Thema „Wertschöpfung durch IT“ beleuchtet. Im Kongress selbst bilden Themen wie Logistik, Produktion und Instandhaltung einen wichtigen Schwerpunkt. Einen deutlichen Bedeutungszuwachs im Vergleich zur letzten Veranstaltung erhielt das Thema Innovationsmanagement bzw. Forschung und Entwicklung. In diesem Feld werden die Weichen für die Zukunft gestellt.

Was IT-Infrastrukturen dazu beitragen können, zeigt dieser Block. Außerdem kommen auch die klassischen Anwendungen für Finanzen & Controlling, Personalmanagement sowie Marketing & Vertrieb nicht zu kurz. Last but not least: Zwei Veranstaltungen in der Veranstaltung runden in diesem Jahr das Spektrum ab: das Enterprise SOA-Forum am 26.11. und das Mittelstandsforum am 27.11.

CHEManager: Herr Gintzel, in welchen Punkten wünscht sich die chemisch- pharmazeutische Industrie mehr Initiative von der SAP?

Jochen Gintzel: Nach wie vor repräsentieren die ERP-Systeme die betriebswirtschaftliche Hauptkomponente unserer IT-Systeme. Daher möchte ich SAP ans Herz legen, auch die klassischen ERP-Funktionalitäten weiter zu entwickeln und darüber regelmäßig zu berichten. Mir scheint das Brot-und-Butter-Geschäft der SAP zur Zeit etwas aus dem Fokus zu geraten.

Der Wert von Zusatzkomponenten ist demzufolge umso höher, je tiefer diese logisch in die Datenstrukturen der ERPSysteme integriert werden können. Hier sehe ich noch Verbesserungspotentiale für konzernweit genutzte Customer/ Supplier Relationship, Supply Chain und Transportation- Management Komponenten. Eine Anbindung an mehrere ERP-Systeme wird dringend benötigt.

Zur Planung des Ausbaus der IT Landschaft sollte SAP langfristig und nachhaltig darlegen, welche Applikationen künftig im eigenen Hause weiter entwickelt werden und welche mittelfristig den zertifizierten Softwarelieferanten überlassen werden.

Die Diskussion um das Thema „Service Orientierte Architektur SOA“ hat bisher entweder einen sehr stark technischen geprägten Fokus gehabt oder ist sehr allgemein und marketingorientiert geführt worden. Die konkreten Nutzenaspekte im eingangs erwähnten Sinne, also Funktionalität, Qualität und Flexibilität, müssen mehr auf die Gegebenheiten der chemischen und pharmazeutischen Industrie ausgerichtet werden. Parallel ist die Definition einheitlicher und nachhaltiger Standards zu führen. Hierfür muss sich SAP mit ganzer Kraft einsetzen.

CHEManager: Herr Cordes, welche Schritte tut die SAP in dieser Richtung?

Hartmut Cordes: ERP-Systeme und die klassischen ERP-Funktionalitäten sind nach wie vor das zentrale Geschäftsfeld der SAP und nehmen deshalb auch beim Kongress einen entsprechend großen Raum ein. Allerdings ist die Art und Weise, wie wir heute neue Funktionalität in die ERPSysteme bringen, anders als noch vor einigen Jahren. Die aktuelle Version unseres Systems, ERP 6.0 ist das langfristige IT-Fundament für unsere Kunden, mindestens bis 2010. Das garantiert Investitionssicherheit und Planbarkeit für den Anwender. Neue Funktionalität wird in sogenannten Enhancement Packages ausgeliefert, die während des laufenden Betriebs installiert werden können. Diese Packages werden circa drei bis vier Mal pro Jahr ausgeliefert, wobei der Kunde entscheiden kann, ob er die zusätzliche Funktionalität tatsächlich benötigt.

Die andere Sache, die Herr Gintzel eben angesprochen hat, ist die Verknüpfung von Funktionalität zwischen ERP, CRM, SCM und anderen Systemen. Die zukunftsorientierte Antwort auf diese Herausforderung heißt ESOA - Enterprise Service-Orientierte Architektur. Der Grundgedanke: Business- Prozesse, die in unterschiedlichen Bereichen benötigt werden, werden als Service definiert und verschiedenen Anwendungen zur Verfügung gestellt. Das bedeutet geringere Kosten, höhere Flexibilität und schnellere Anpassung der Systeme. Was das für die chemische und pharmazeutische Industrie konkret an Vorteilen bringt, wird im Rahmen der Spezialveranstaltung Enterprise SOA am ersten Tag des Kongresses gezeigt. Zugegeben: Das Thema ESOA ist nicht einfach zu kommunizieren. Mit der Sonderveranstaltung sind wir zuversichtlich, den richtigen Weg eingeschlagen zu haben.

Zu guter Letzt: Der Europäische Kongress für die Prozessindustrie ist keine reine SAPVeranstaltung. In diesem Jahr sind über 30 Partnerunternehmen mit am Start. Viele Spezialthemen werden von solchen Partnern abgedeckt, beispielsweise Lösungen für Preis und Margenmanagement oder Reach-Compliance. Dieses sind nur einige Beispiele, welche die Breite des Angebots aufzeigen.

CHEManager: Herr Gintzel, die chemische Industrie beschäftigt sich nicht erst seit dem 1. Juni, also dem Inkrafttreten der Regelung, mit dem Thema Reach. Laut Untersuchungen von Pricewaterhousecoopers ist Reach-Compliance inzwischen auch insofern ein Wettbewerbsvorteil, als das Erlöse aus dem Verkauf von Unternehmensteilen ganz erheblich vom Grad der Reach- Compliance abhängen und damit Reach-Compliance im engsten Interesse von Investoren und Aktionären steht. Hand auf´s Herz: Wie steht es mit der Reach-Compliance der Branche? Welche Rolle nimmt eine sinnvolle IT-Unterstützung jetzt und in Zukunft ein?

Jochen Gintzel: Da die Reach-Verordnungen Gesetzescharakter haben werden, haben wir bezüglich der Compliance keine Wahlmöglichkeiten. Die Anforderungen sind schlicht zu erfüllen. Unser Verband, der VCI, unterstützt uns jedoch mit einer umfangreichen, internetorientierten Reach-Service- Plattform. Diese enthält zahlreiche Umsetzungshilfen, Leitfäden oder Musterverträge.

Doch auch die IT kann sehr hilfreich sein. Die Unternehmen erstellen derzeit Stoffdatenbanken als Grundlage für den Vorregistrierungsprozess. Dies ist erst einmal ein zusätzlicher Kraftakt für die EH&S-, Einkaufssowie der Vertriebs- und Marketing- Abteilungen.

Zur Unterstützung der Erfassung wird von der SAP das Substance-Volume Tracking Modul angeboten. Hierin werden im Wesentlichen die Überleitungen eingesetzter und produzierter Rohstoffe und Produkte zu meldepflichtigen Stoffen sowie die entsprechenden Mengen abgebildet. Die anschließenden Schritte zur Unterstützung der Registrierungsentscheidung – wie Reach-Kostenplanung und Produktbezug – und des eigentlichen Reach-Managements werden in der Regel in individuell entwickelten Applikationen durchgeführt. In der 3. Komponente, dem IUCLID5 System, erfolgt die finale Sammlung der Daten und die Kommunikation mit der Behörde.

Durch die geplante Bildung stoffbezogener Konsortien entsteht künftig darüber hinaus die Notwendigkeit des Austausches wesentlicher Stoffdaten zwischen unterschiedlichsten Unternehmen. Ziel muss sein, die oben skizzierten Individualentwicklungen der Branche zeitnah durch integrierte Standardapplikationen ablösen zu können. Wesentlicher Erfolgsfaktor wird sein, dass dies in enger Zusammenarbeit verschiedenster Unternehmen unserer Industrie auf Basis der vorhandenen Individuallösungen erfolgt. Wir erwarten, dass sich auch SAP dieser Herausforderung stellt, indem sich das Unternehmen an diesem Prozess aktiv und zeitnah beteiligt und für eine zeitnahe Umsetzung in IT-Produkte sorgt.