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Wettbewerbsdruck auf EU-Chemieindustrie verringern

Solvay-CEO Ilham Kadri fordert europäischen „Inflation Reduction Act“

14.12.2022 - Die Lage der europäischen Chemieindustrie bleibt angespannt. Aufgrund der hohen Energiepreise drosseln viele Unternehmen ihre Produktion, gleichzeitig steigen die Importe von Wettbewerbern aus China, dem asiatisch-pazifischem Raum und den USA, die von günstigeren Energiepreisen profitieren.

Der bereits im Sommer in den USA verabschiedete „Inflation Reduction Act“ (IRA) verschärft den Wettbewerbsdruck nun nochmals, denn bei dem 430 Mrd. USD schweren Programm geht es nicht nur um eine Inflationsreduzierung, sondern vor allem darum, klimafreundliche Technologien zu fördern und so die amerikanische Industrie zukunftsfest zu machen. In Kombination mit günstigen Energiepreisen werden die USA für europäische Unternehmen als Investitionsstandort damit noch attraktiver.

Ilham Kadri, CEO des europäischen Chemieunternehmens Solvay, sagt: „Die Industrie hat jahrelang vom günstigen Gas aus Russland profitiert. Diese Abhängigkeit hat sich nun zu einem Wettbewerbsnachteil entwickelt. Sollte Europa keine adäquate Antwort auf den IRA finden, besteht das Risiko, dass die Branche einen Großteil ihrer Investitionen in die USA verlagert, wo die Energiekosten deutlich niedriger sind und die Regierung auf eine aggressive Anreizpolitik setzt.“

Dies könnte langfristig den Wirtschaftsstandort Europa gefährden, denn die chemische Industrie ist der energieintensivste und gleichzeitig viertgrößte Wirtschaftszweig. Darüber hinaus ist die Chemieindustrie für den langfristigen ökologischen Wandel in Europa unverzichtbar, da sie maßgeblich an der Produktion von Schlüsselelementen wie etwa Elektrobatterien und Seltenen Erden beteiligt ist. Allerdings importierte die EU im ersten Halbjahr 2022 zum ersten Mal mehr Chemikalien als sie exportierte, sowohl mengen- als auch wertmäßig, was zu einem Handelsdefizit von 5,6 Mrd. EUR führte. Dies bedeutet, dass neue Importabhängigkeiten geschaffen werden.

„Anstatt sich gegen das neue Gesetz der USA zu positionieren, sollte die EU deshalb eine eigene Anreizpolitik für Investitionen entwickeln, sozusagen eine Art europäischen Inflation Reduction Act“, so Kadri. „Natürlich darf die Branche sich nicht nur auf Subventionen verlassen. Wir stehen heute jedoch vor einem dreifachen Wandel: Energie, Digitalisierung sowie die damit verbundenen gesellschaftlichen Veränderungen. Um all die daraus entstehenden Herausforderungen zu meistern und den Wirtschaftsstandort Europa zu stärken, braucht es ein Zusammenspiel aus Unternehmensinvestitionen und öffentlichen Fördermitteln.“

Die Solvay-Gruppe investiert 2 Mrd. EUR, um die Energiewende im Unternehmen voranzutreiben und bis 2050 in allen Geschäftsfeldern eine komplette CO2-Neutralität zu erreichen. Die Gruppe ist auch mit Standorten in den USA vertreten, plant aber nach wie vor, erhebliche Investitionen in Europa zu tätigen. Ilham Kadri schätzt die Zukunft der europäischen Chemieindustrie grundsätzlich positiv ein.

„Die aktuelle Lage ist ohne Frage besorgniserregend. Das Ende der Abhängigkeit von russischem Gas ist jedoch eine hervorragende Chance, die Energiewende noch nachdrücklicher voranzutreiben und auf erneuerbare Energien umzusteigen. Grundsätzlich hat Europa dafür sehr gute Voraussetzungen. Wir haben die Innovationskraft, die Fachkräfte und Nachwuchstalente und wir Europäer haben es immer verstanden, uns neu zu erfinden. Was jedoch fehlt, sind gezielte Investitionen auf europäischer Ebene und eine effiziente Infrastruktur, die jetzt geschaffen werden muss.”

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