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Themen der Bauchemie: Produktivität und Nachhaltigkeit

Interview mit Martin Liebenau, Biesterfeld

17.03.2021 - Spezialchemikalien für den Baubereich unterliegen sich ändernden Regularien und Kundenwünschen

Biesterfeld Spezialchemie bietet diverse Chemikalien und Systemlösungen für ein großes Anwendungsspektrum im Bereich Bauchemie. Das Portfolio an Rohstoffen und Additiven namhafter Hersteller reicht von Produkten für Bodenbeschichtungen über Kleb- und Dichtstoffe bis zu Zementsystemen. Darüber hinaus unterstützt der Hamburger Distributor seine Kunden mit Systemlösungen und einem ganzheitlichen Service.
Birgit Megges befragte Martin Liebenau, Business Manager CASE (Coatings, Adhesives, Sealants, Elastomers), zu den aktuellen Markttrends.


CHEManager: Herr Liebenau, welche übergreifenden Trends beobachten Sie derzeit auf den relevanten Märkten für Bauchemikalien?

Martin Liebenau: Grundsätzlich kann man sagen, dass sich am Markt zwei wesentliche Trends ausmachen lassen: zum einen nimmt der branchen- und industrieübergreifende Megatrend Nachhaltigkeit einen immer weiter wachsenden Stellenwert ein, und zum anderen ist es der Trend zu modernen, innovativen Materialien und Produktlösungen für die Verbesserung von Leistung und Produktivität.
In Bezug auf Nachhaltigkeit geht es um ökologisch nachhaltige Systemlösungen und Materialien, die auch nach aktuellen Environment, Health, Safety-Standards – kurz EHS-Standards – unbedenklich sind. Hier sollen Materialien nicht nur eine längere Lebensdauer oder Haltbarkeitsspanne haben, sondern auch einer modern-urbanen Bauweise und innovativer Verfahrenstechniken entsprechen. Gleichzeitig steht dabei sowohl der Schutz des Endnutzers vor gefährlichen oder gesundheitsschädlichen Materialien im Vordergrund als auch derjenige der Menschen bei der Materialherstellung und -verarbeitung, wie Arbeiter auf einer Baustelle oder private Anwender. Diese entsprechenden EHS-Anforderungen steigen stetig durch wachsende Sicherheits- und Umweltansprüche, sodass die Auswirkungen insbesondere auch in der Bauchemie deutlich zu spüren sind.

 

„In Bezug auf Nachhaltigkeit geht es
um ökologisch nachhaltige Systemlösungen
und Materialien…“



Der zweite wichtige Trend ist der Einsatz von modernen, innovativen Materialien und Produktlösungen zur Verbesserung von Leistung und Produktivität. Dies ist natürlich in vielen Industriesegmenten ein großer Treiber. Dahinter steht jedoch nicht nur eine Reduzierung von Materialkosten, sondern vor allem die Vereinfachung von Verarbeitungsprozessen – bei gleichbleibender oder vielfach besserer Performance.

Wie beeinflussen diese Trends konkret die Kundenwünsche bzw. Produktanforderungen?

M. Liebenau: Die an uns gestellten Produktanforderungen gehen sehr stark in die Richtung „Clean Labelling“, d. h. unsere Kunden suchen verstärkt nach Rohstoffen ohne gefährliche oder kennzeichnungspflichtige Inhaltsstoffe. In diesem Zusammenhang sehen wir eine erhöhte Nachfrage nach VOC- oder SVHC-freien Materialien. Mitunter geht es hier natürlich auch um den Ersatz bzw. den Austausch kritischer Rohstoffe aufgrund neuer Regularien oder Verordnungen. So tritt beispielsweise zum 1. März 2022 eine Neueinstufung des Rohstoffs Dioctylzinndilaurat als Gefahrstoff in Kraft, sodass viele Formulierer bzw. Verarbeiter gezwungen werden, auf andere Materialien auszuweichen. Solch neue Anforderungen machen sich natürlich frühzeitig in unseren Entwicklungsprojekten mit Kunden bemerkbar.
Die Kundenwünsche gehen dabei vor allem in Richtung neuartiger, lösemittelfreier Kleber für Konstruktionselemente und Fußbodenbeläge, sogenannten Hybridklebstoffen. Aber auch in Beton, Trockenmörtel oder Reaktivsystemen für die Verbesserung der Haltbarkeit, Verarbeitung, Leistung oder dem universellen Einsatz.

 

„Der zweite wichtige Trend ist der Einsatz
von modernen, innovativen Materialien und Produktlösungen
zur Verbesserung von Leistung und Produktivität.“



Nehmen Sie seitens der Produzenten einen Innovationsschub in diese Richtung wahr?

M. Liebenau: Ganz klar: Die Hersteller arbeiten stets daran, bestehende Systeme anhand ihrer Leistung und Umweltverträglichkeit zu verbessern. So gibt es beispielsweise Epoxid­härter für emissionsfreie Fußbodensysteme, die den Fußboden doppelt so schnell wie bisher aushärten lassen, ohne umweltgefährdende flüchtige Bestandteile, also „zero-VOC“. Dies bedeutet natürlich nicht nur eine enorme Zeit­ersparnis auf der Baustelle, da viel schneller weitergearbeitet werden kann, sondern auch Schutz der Umwelt und der Verarbeiter.

Im Bereich mineralischer Baustoffe, wie zum Beispiel Beton und Mörtel, gehen die Innovationen in Richtung Aufrüstung für tiefe Temperaturen und entsprechenden Witterungseinflüssen und zur Verbesserung der Haltbarkeit gegen Feuchtigkeit. Aber natürlich sind auch Nachhaltigkeitsaspekte wesentliche Treiber aktueller Innovationen. Unsere Partner arbeiten beispielsweise an modernen Rohstoffen unter Berücksichtigung nachhaltiger Aspekte und regulatorischer Anforderungen. Dies betrifft zum Beispiel den Einsatz von recycelten oder Altmaterialen, wie Altreifen. Unter Verwendung von Polyurethanmaterialien können daraus Compounds, beispielsweise für die Trittschalldämmung und Schwingungsisolierung, hergestellt werden, die mehr Altmaterial bei gleichbleibenden Endeigenschaften aufnehmen können. Insgesamt erfahren moderne Systeme aus Polyurethan, die beständig und langlebig sind, auch einen Entwicklungsschub. Sie können beispielsweise in vielen Bereichen, wie in Dichtungs- und Betonsysteme, Fußböden oder Dämmmaterialien, Anwendung finden.

Womit können Sie Ihre Kunden unterstützen, alternative Produktlösungen zu entwickeln?

M. Liebenau: Als technischer Distributor gehen wir gezielt über die anwendungstechnische Produktberatung hinaus und zielen darauf ab, unseren Kunden europaweit einen ganzheitlichen Service bzw. Lösungen anzubieten. Das heißt, wir informieren unsere Kunden beispielsweise proaktiv über sich ändernde Regularien und gesetzliche Vorschriften, was insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen zu schätzen wissen. In diesem Fall prüfen wir die spezifischen Produktanforderungen unserer Kunden ganz genau und sprechen gezielte Produkt- oder Entwicklungsempfehlungen aus. Die empfohlene Produktauswahl können wir zudem in einem unserer Labore auf Eignung prüfen oder bestehende Systeme entsprechend testen und weiterentwickeln. Insbesondere bei Umformulierungen oder Rohstoffaustausch ist dies ein gern angenommener Service. Bei Bedarf gehen wir noch einen Schritt weiter und entwickeln speziell für unsere Kunden, hier zusammen mit dem Hersteller, maßgeschneiderte Produktlösungen.

Um dies gewährleisten zu können, setzen wir europaweit auf ein spezialisiertes Vertriebsteam, zu dem Anwendungstechniker und Chemiker gehören. Nur mit technischem Wissen und Anwendungs-Know-how können wir unseren Kunden wirkliche Lösungen anbieten. Wichtig ist aber vor allem auch der enge Kundenkontakt, persönlich und aktuell natürlich auch stark digital, um die Belange und Herausforderungen unserer Kunden zu verstehen. Ergänzend bieten wir auch Schulungen und Seminare zu aktuellen Marktthemen oder Produktherausforderungen an – teils gemeinsam mit unseren Partnern – um unsere Kunden ganzheitlich zu unterstützen.

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ZUR PERSON
Martin Liebenau verantwortet bei Biesterfeld seit 2018 als Business Manager CASE europaweit alle Vertriebsaktivitäten für die Bereiche Coatings, Polyure­thane, Bauchemie und Klebstoff. Nach seiner Promotion im Jahr 1995 stieg der promovierte Chemiker bei Biesterfeld im technischen Vertrieb ein und übernahm 2013 als Market Manager ­Coatings die Koordination aller Coatings-Aktivitäten der Biesterfeld Spezialchemie.

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