Anlagenbau & Prozesstechnik

Glasklare Kriterien

Elektrischer Membranglaswiderstand bei der pH-Messung

30.09.2014 -

Dieser Artikel beleuchtet die Rolle der Glasmembran einer pH-Glaselektrode und welche Parameter Einfluss auf die Leitfähigkeit und für die praktische pH-Messung haben.
Gewöhnlich hält man Glas für einen Isolator, welcher nicht in der Lage ist, den elektrischen Strom zu leiten. Diese pauschale Aussage trifft glücklicherweise nicht für alle Glassorten zu, sonst wäre ein millionenfach in Labor und Industrie angewandtes Messprinzip in der praktizierten Form nicht durchführbar. Gemeint ist die Messung des pH-Wertes mit einer Glaselektrode. Ganz im Gegenteil dürfte es sich beim pH-Wert wohl um die am häufigsten bestimmte Messgröße im Bereich der Analysenmesstechnik handeln. Die zur pH-Messung verwendeten Membrangläser liegen mit ihrer elektrischen Leitfähigkeit (10-10 S/cm) zwischen der Leitfähigkeit von Isolatoren (z. B. Quarzglas mit 10-18 S/cm) und metallischen Leitern (z. B. Kupfer mit 106 S/cm).

Begriffsklärung
Für den Innenwiderstand einer Glaselektrode gibt es verschiedene Begriffe, welche die gleiche Eigenschaft der pH-Messkette beschreiben. Häufig spricht man auch von Membran(glas)widerstand oder auch Nennwiderstand. Gemeint ist der elektrische Widerstand einer Glaselektrode. Der Gesamtwiderstand einer Einstabmesskette bestehend aus Glas- und Bezugselektrodenteil wird hauptsächlich durch den Glas-(pH-)Elektrodenteil bestimmt. Der Widerstand des Bezugselektrodenteils fällt mit einigen kΩ gegenüber dem Membranglaswiderstand im 2- bis 3-stelligen MΩ-Bereich nicht ins Gewicht.

Für die Messung des Membranwiderstandes verwendet man die Gleichspannung, die eine pH-Einstabmesskette bestehend aus pH- und Bezugselektrodenteil in einer Pufferlösung liefert (Abb.2). Beispielsweise kann man eine Pufferlösung nach DIN 19267 verwenden (pH-Wert 3,06 bei 25 °C). Die Messung erfolgt mit einem im Spannungsmodus betriebenem pH-Meter. Die direkt gemessene Spannung bezeichnen wir mit U1. Unter Verwendung eines Parallelwiderstandes mit RP = 100 oder 1000 MΩ erhält man eine kleinere Spannung U2.
Membrangläser sind komplexe Gemische verschiedener (Metall-)Oxide, welche unterschiedliche Funktionen beim Aufbau des Glasnetzwerkes wahrnehmen. Hauptkomponente des Membranglases ist Siliciumdioxid als Netzwerkbildner. Darüber hinaus sind weitere Oxide anderer drei- und vierwertiger Übergangsmetalle als zusätzliche Netzwerkbildner enthalten. Außerdem sind Oxide von Alkali- und Erdalkali-
metallen enthalten. Im direkten Kontakt mit wässrigen Lösungen bildet sich an der Oberfläche des Membranglases eine sog. „Auslaugschicht", in welcher Metallionen aus den Alkalimetalloxiden von Lithium und Natrium gegen Wasserstoffionen aus der benachbarten wässrigen Lösung ausgetauscht werden. Diesen Vorgang nennt man auch „Formieren" der Glasmembran. Der Ionenaustausch zwischen Glasmembran und Lösung ist die Basis für den potentialbildenden Vorgang, welcher der pH-Messung mit der Glaselektrode zugrunde liegt. Der Ionentausch setzt sich sogar etwas in das Innere des Membranglases fort. Der beschriebene Ladungstransportmechanismus reicht jedoch nicht aus, um die erforderliche durchgängige Leitfähigkeit durch die Glasmembran zu realisieren. Im Kernglas der Glasmembran wird der Ladungstransport durch die Verschiebung von Alkalimetallionen gewährleistet.

Optimierte Membranglasrezepturen
Alle Hersteller von Glaselektroden haben verschiedene Membranglasrezepturen, welche im Hinblick auf spezielle Anwendungen oder Einsatzbedingungen optimiert sind: So benötigt man beispielsweise für Messungen bei tiefen Temperaturen eher niederohmige Membrangläser. Wenn man bei hohen pH-Werten oder hohen Temperaturen messen will, dann verwendet man Membrangläser mit hoher Alkali- und Temperaturbeständigkeit, welche meist einen höheren Membranglaswiderstand besitzen.
Der Membranglaswiderstand einer bestimmten Glaselektrode ist dabei keine statische Größe, sondern er ändert sich im Laufe der Zeit und in Abhängigkeit von den Einsatz- oder Lagerbedingungen. So ändert sich auch der Widerstand einer „neuen" Glaselek-
trode, welche ungenutzt unter optimalen Bedingungen gelagert wird. Der Membranglaswiderstand wird im Laufe der Zeit durch Alterung des Membranglases immer höher. Das bedeutet für den Anwender, dass er nur so viele pH-Glaselektroden lagern sollte, wie unbedingt nötig ist. Bei der Lagerung sollte konsequent das „first-in-first-out-Prinzip" umgesetzt werden. Da die Alterung bei höheren Temperaturen schneller erfolgt, sollte natürlich auch auf die Lagerbedingungen (kühl und trocken) geachtet werden.
Bei Jumo werden die eigenen Glaselektroden auch im direkten Vergleich mit Wettbewerbselektroden unter möglichst realistischen Bedingungen Standzeittests unterzogen. Damit diese Tests nicht allzu lange dauern, führt man diese zweckmäßiger Weise bei höherer Temperatur durch. Die erhöhte Temperatur beschleunigt nicht nur die Alterung des pH-Elektrodenteils, sondern führt auch zu einer schnelleren Auslaugung des Bezugselektrodenteils.

Elektroden auf dem Prüfstand
Im Rahmen des Standzeittests für pH-Elektroden hat Jumo unter anderem auch die zeitliche Veränderung des Membranglaswiderstands untersucht (Abb.3). Getestet wurden 21 pH-Einstabmessketten, darunter befanden sich Elektroden von Jumo und vom Wettbewerb. Der Test erfolgte bei erhöhter Temperatur (50 °C) für den angegebenen Zeitraum (Abb.4). Um neben den aufgezeichneten Messwerten noch weitere Informationen zu erhalten, wurden die Elektroden zur Messung weiterer Elektrodenparameter kurzzeitig ausgebaut und im Labor in entsprechenden Pufferlösungen gemessen.
In der Abbildung 3 sieht man, dass es Glaselektroden mit einer recht breiten Spannweite von Innenwiderständen gibt. Verschiedene Parameter haben einen Einfluss auf den Widerstand der Glasmembran, den größten hat sicherlich das verwendete Membranglas. Aber auch die Dicke der Glasmembran oder deren Fläche haben natürlich starke Rückwirkungen auf den Widerstand. Im Rahmen der glasbläserischen Fertigung der Elektroden können diese Parameter beeinflusst werden. Als Membranglasform kommen Kugel, Kegel, Kuppe und andere in Frage. (Abb.1)
Der Membranglaswiderstand aller Elektroden steigt im Laufe der Zeit durch Alterung gleichmäßig an. In einer Gruppe von Glaselektroden laufen die Innenwiderstände meistens parallel mit fortschreitender Alterung, wenn die Elektroden in etwa den gleichen Umgebungs-Bedingungen ausgesetzt werden (wie Temperatur oder Medium).
Der Innenwiderstand ist auf spätere Einsatzgebiet einer pH-Elektrode abgestimmt: Eine pH-Elektrode für den Hochtemperatureinsatz kann beispielsweise einen anfänglichen Innenwiderstand von etwa 800 MΩ besitzen. Elektroden zur pH-Messung bei tiefen Temperaturen besitzen meist Membranglaswiderstände mit weniger als 100 MΩ.

Einsatzbedingungen
Der Membranglaswiderstand einer pH-Elektrode hängt von der Temperatur ab. Zu Vergleichszwecken misst man den Innenwiderstand bei 25 °C. Nach einer Faustregel gilt, dass sich bei einer Erniedrigung der Temperatur um 10 °C der Widerstand des Membranglases in etwa verdoppelt. Das bedeutet, dass die Elektrode mit einem Innenwiderstand von 800 MΩ
bei 25 °C bei 15 °C bereits etwa 1600 MΩ Innenwiderstand hat. Mit einer solchen Konstellation wären manche am Markt erhältlichen pH-Messumformer angesichts ihres niedrigen Eingangswiderstands bereits überfordert. Es ist daher für den Projektierer einer Anlage wichtig, genau die Beding-ungen zu kennen, unter denen eine pH-Elektrode eingesetzt werden soll, damit er die richtige Elektrode auswählen kann.
Es gibt bestimmte Bedingungen, bei denen pH-Meter oder pH-Messumformer an ihre messtechnischen Grenzen geraten, wenn bei einem relativ niedrigen Eingangswiderstand des pH-Messgeräts bei tieferen Temperaturen oder mit sehr hochohmigen Glaselektroden gemessen werden soll, dann kann das Messergebnis durch „Spannungsteilereffekte" verfälscht werden.
An manchen Messumformern wird bei der Auslegung der Hardware an der falschen Stelle gespart, so dass zwar im Normalfall zuverlässig gemessen werden kann, aber wenn ungünstige Bedingungen zusammenkommen, dann kann es zu Fehlmessungen kommen. Jumo-Geräte besitzen mit ihrem hohen Eingangswiderstand eine so große Reserve, um auch unter schwierigen Bedingungen fehlerfrei messen zu können.

Fazit
Der Innenwiderstand der pH-Elektroden ist keine statische Größe, sondern ändert sich im Laufe der Zeit. Bei der Lagerung der Sensoren sollte auf die Lagerbedingungen geachtet werden. Gute Elektrodenhersteller bieten für spezielle Einsatzgebiete Elektroden mit speziellen Kennzahlen an.

Kontakt

Jumo GmbH & Co. KG

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