Anlagenbau & Prozesstechnik

Neue Pfade in der reinen Produktion: Sicherheit beim Einsatz von Verbrauchsmaterialien

06.10.2014 -

In den letzten Jahren wurden Reinraumsysteme in reinen Fertigungsbereichen soweit optimiert, dass deren Kontaminationseintrag als sehr gering eingeschätzt werden kann. Allerdings weisen die meisten reinen Produktionsbereiche interne Kontaminationsquellen auf. Dies können Prozessgeräte und Automatisierungssysteme sein, in erheblichem Maße aber auch Verbrauchsgüter.
Das Fraunhofer IPA verzeichnet vermehrt Fra­ge­stellungen zur Auswahl geeigneter reinheitstauglicher Verbrauchsmaterialien wie Reinraumbekleidung, Wischtücher, Mopps, Stifte und Reinraumpapier. Aufgrund ihrer Vielzahl und häufigen, räumlichen Nähe zu reinheitskritischen Prozessen oder Produkten sind sie als besonders kritisch einzustufen. Ihr Kontaminationseinfluss wird bislang häufig unterschätzt. Neueste Untersuchungen belegen die immense Auswirkung von Verbrauchsmaterialien auf die reine Produktionsumgebung, es stehen jedoch bisher weder allgemeingültigen Informationen noch einheitlichen Prüf- und Bewertungsverfahren zur Verfügung. Diesem Bedarf soll mit Hilfe eines schlagkräftigen Industrieverbunds zeit­effi­zient auf höchstem technisch-wissenschaft­lichem Niveau entsprochen werden.

Die Umfrage
Im Vorfeld wurde in einer Befragung festgestellt, welche Anforderungen bei Anwendern reiner Verbrauchsmaterialien besteht, um daraus die thematische Ausrichtung des Industrieverbunds abzuleiten. Im Rahmen des Industrieverbunds sollen einheitliche Prüfverfahren erarbeitet und evaluiert werden, um eine eindeutige Einsatzfähigkeit von Verbrauchsmaterialien für reine und hygienische Anwendungen zu erzielen. Dadurch werden die Produkte vergleichbar und der Anwender gewinnt für die Auswahl geeigneter Verbrauchsgüter für seinen individuellen Bedarf Sicherheit.

Ergebnisse der Umfrage
Für die Umfrage wurden über 2.500 Ansprechpartner in relevanten Unternehmen angeschrieben und um Beteiligung an der Umfrage gebeten. Darüber hinaus erfolgte die Veröffentlichung der Umfrage in Fachzeitschriften und Internetportalen. Die Rückläuferquote betrug rund 8 % und kann als repräsentativ angesehen werden. Die Umfrage bestand aus einer überschaubaren Anzahl von Teilfragestellungen, die von den Teilnehmern beantwortet werden sollten. Im Folgenden werden ausgewählte Ergebnisse der Umfrage zusammengefasst.

Welche Industriebranchen der Unternehmen haben sich an der Umfrage beteiligt?
Verbrauchsmaterialien werden in reinen Produktionsbereichen verschiedener Branchen eingesetzt. Dies bestätigt die durchgeführte Umfrage. Aus Abb. 1 geht eine recht homogene Verteilung der verschiedenen Industriebranchen hervor. Die Zusammenfassung in übergeordneten Bereichen lässt drei Hauptbereiche erkennen: Elektronik (24,8 %), Life Science (23,4 %) und Automotive (16,8 %).

Welche Reinheitskriterien sind relevant?
Aus dem technologischen Umfeld resultieren die Anforderungen an die Verbrauchsmaterialien, die in reinen Produktionsbereichen branchenabhängig mit unterschiedlichen Reinheitskriterien eingesetzt werden. Als wichtigstes Kriterium werden partikuläre Kontaminationen angesehen. Gefolgt von Reinigbarkeit, Chemikalienbeständigkeit und Elektrostatik. Ionische und molekulare Kontaminationen werden mit geringerer Häufigkeit angegeben. Für molekulare Kontaminationen kann zukünftig jedoch ein höherer Bedarf erwartet werden.

Welche typischen Verbrauchs­materialien werden verwendet?
Verbrauchmaterialien werden in reinen Produktionsbereichen in Vielfalt eingesetzt. Handschuhe und Tücher sind die am häufigsten eingesetzten Verbrauchsmaterialien, gefolgt von Überschuhen, Haarnetzen und Overalls. Hauben, Papier, Gesichtsmasken, Mopps und Stifte finden ebenfalls Verwendung.

Welcher Bedarf besteht an einheitlichen, reproduzierbaren Prüfverfahren und Klassifizierungssystemen zur Be­urteilung von Verbrauchsmaterialien?
Diese Fragestellung ist von den Teilnehmern der Umfrage eindeutig beantwortet worden. Über 92 % sehen Bedarf an einheitlichen, reproduzierbaren Prüfverfahren und Klassifizierungssystemen zur Beurteilung von Verbrauchsmaterialien.

Gründung des Industrieverbunds: »Cleanroom Suitable Consumables«

Im Rahmen des Industrieverbunds sollen einheitliche Prüfverfahren erarbeitet und evaluiert werden, um eine eindeutige Einsatzfähigkeit von Verbrauchsmaterialien für reine und hygienische Anwendungen zu bestimmen. Mit einer Kick-off-Veranstaltung sollen die Interessenten
­des Industrieverbunds gemeinsam mit dem Fraunhofer IPA die Zielstellung des Industrieverbunds konkretisieren. Da bisher international kein umfassendes Regelwerk zur Verfügung steht, Verbrauchsmaterialien zu untersuchen, zu klassifizieren sowie auf deren Einsatzfähigkeit in reinen / hygienischen Bereichen hin zu beurteilen, können im Industrieverbund maßgebliche, richtungsweisende Ansätze erarbeitet werden. Nach erscheinen der VDI 2083 Blatt 9.2 »Reinheitstaugliche Verbrauchsmaterialien« soll hier ein Bezug geschaffen werden. Wie auf der Reinraum Lounge im Juni 2014 angekündigt, besteht aufgrund der Vielfalt der Verbrauchsmaterialien sowie der aus dem reinen Fertigungsumfeld resultierenden Reinheitskriterien ein erheblicher Bedarf zur Ergänzung.

Anmeldung Kick-off-Veranstaltung
Alle Teilnehmer der Umfrage sind herzlich zur Kick-Off-Veranstaltung des Industrieverbunds am 20. November am Institutszentrum der Fraunhofer-Gesellschaft in Stuttgart eingeladen. Darüber freuen wir uns über weitere interessierte Teilnehmer. Nähere Informationen zur Anmeldung erhalten Sie auf: www.cleanroom.fraunhofer.de/consumables

Kontakt

Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA

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