Anlagenbau & Prozesstechnik

Reinräume für Sanas-Krankenhausapotheke

Höchste Sicherheit und Schutz für Patienten und Mitarbeiter dank modernster Reinraumtechnik

23.02.2015 -

Seit diesem Jahr sind in Apotheken, in denen Zytostatika und parenterale Darreichungsformen hergestellt werden, höchste Anforderungen an Reinräume verpflichtend umzusetzen - so schreibt es die novellierte Betriebsordnung (§ 35 ApBetrO) vor. Die Sana-Krankenhaus Rügen GmbH hat daher einen Teilbereich ihrer Zentralapotheke zur Sterilherstellung von Zytostatika, Nährlösungen und Schmerzpumpen komplett um- und ausgebaut. Die WISAG Industrie Service war als Generalunternehmer für den gesamten Reinraumausbau zuständig.

Vor allem bei der Herstellung von Zytostatika gelten strenge Richtlinien. So muss die Produktion der Arzneimittel zur Krebstherapie sowohl den Bestimmungen des Arbeitsschutzes als auch den pharmazeutischen Standards genügen. Hierunter fallen alle Bearbeitungsvorgänge bis zum Erreichen einer anwendungsfertigen Darreichungsform. Darüber hinaus muss die Zahl von Partikeln und Keimen in der Luft noch niedriger sein als in Operationssälen für besonders infektionsgefährdete Bereiche. Sicherheit für die Patienten und Schutz des Personals sind hier oberstes Gebot.

Das Sana-Krankenhaus Rügen
Das Sana-Krankenhaus Rügen in Bergen ist ein Haus der Grund- und Regelversorgung und stellt die stationäre medizinische Versorgung der Bewohner und Gäste auf Deutschlands größter Insel sicher. Seit September 1991 gehört es zu Sana Kliniken, einer der größten privaten Klinikgruppen in Deutschland. Die Sana Kliniken umfasst derzeit 49 Krankenhäuser sowie 12 Alten- und Pflegeheime und beschäftigt mehr als 29.000 Mitarbeiter. Im Jahr 2013 wurden ca. 1,8 Millionen Patienten in Sana Kliniken behandelt.
Für die 60 m2 großen neuen Reinräume innerhalb der Sana-Krankenhausapotheke wurden bisher anderweitig genutzte Flächen und Räume im Bestandsgebäude umgebaut.
In fünfmonatiger Projektarbeit haben Mitarbeiter der WISAG Gebäude- und Industrieservice Mitteldeutschland, Niederlassung Dresden, diese Bereiche umgeplant, kernsaniert und die Reinräume errichtet - unter anderem mit einer neuen Raumluftanlage, die die Außenluft konditioniert. Die Anlage kühlt, be- und entfeuchtet bzw. erwärmt die Luft und bringt diese über Filterzuluftauslässe in den Reinraum. Für die in der Druckkaskade benötigten Überdrücke in den Räumen wird mehr Zuluft als Abluft in die Räume gefördert. Die Druckkaskade muss unter allen Betriebszuständen aufrecht gehalten werden. Dafür wurde eine komplexe Regelungsanlage sowie eine autarke Überwachung (Monitoringsystem) durch die Spezialisten der WISAG installiert. Die Frischluftanlage stellt den hygienisch notwendigen Außenluftwechsel sowie die Zuluft-Zufuhr für die Überdruckhaltung sicher.
Einen Sonderfall stellt das Zytostatika-­Labor B dar. Hier wird ein Unterdruck erzeugt. Für den notwendigen erhöhten Luftwechsel werden sogenannte Filter Fan Units-Einheiten eingesetzt, die die Luft über Filter im Umluftbetrieb reinigen. Mit dieser Lösung können erhebliche Betriebskosten gespart werden. Hierbei musste darauf geachtet werden, dass in Zytostatika-Herstellungsräumen ein Umluftbetrieb aus Sicherheitsgründen nicht erlaubt ist. Aus diesem Grund werden die Räume komplett mit Zu- und Abluft versorgt. Laut GMP-Richtlinien muss die lufttechnische Anlage in Herstellungsräumen der Reinheitsklasse B in einer Stunde etwa 40 Mal die gesamte Laborluft filtern. Die Luftzuführung wurde aus dem Keller durch die Wände in die Zwischendecke realisiert.
„Reinraumtechnologie ist im Gesundheitswesen ein wichtiges Werkzeug zur Qualitätssicherung. Nur mit sterilen Räumen sind die hohen Hygiene- und Sicherheitsanforderungen zu erfüllen. Für die vorgesehenen pharmazeutischen Prozesse in der Sana-Krankenhausapotheke wurde der Reinraum gemäß den EU-GMP-Richtlinien gebaut.
Eine besondere Herausforderung bei diesem Projekt waren die niedrigen Geschosshöhen im Gebäudebestand des ehemaligen Bettenhauses. Gerade für die Schwebstofffilterauslasskästen und Filter Fan Units mussten wir Sonderkonstruktionen bei Wand und Decke anfertigen. Zudem mussten unter laufendem Betrieb der bestehenden Sana-Krankenhausapotheke Wände aufgesägt und Türstürze eingezogen sowie bearbeitet werden", erklärt Jörg Pohl, zuständiger Projektleiter bei der WISAG.

Die Reinraum-Arbeitsplätze
Zytostatika-Werkbänke gewährleisten absolute Keimfreiheit während des Herstellungsprozesses der Medikamente zur Tumortherapie, die bei den Patienten innerhalb kurzer Zeit zur Anwendung gebracht werden müssen. Die Mitarbeiter der Krankenhausapotheke müssen sich dreimal umkleiden, waschen, desinfizieren sowie spezielle Reinraumkleidung anziehen. Ein Monitoring-System überwacht kontinuierlich den Raumluftdruck, die Temperatur, die Feuchtigkeit und die Anzahl der Partikel in der Luft. Hierfür wurden Temperatur- und Feuchtefühler sowie Druckaufnehmer im Reinraum sowie Partikelsensoren in den Arbeitswerkbänken installiert. Die einzelnen Parameter müssen auf einem Rechner bzw. Datenlogger manipulationssicher gespeichert und als Chargennachweis für die Produkte mindestens zehn Jahre archiviert werden.

Versorgungssicherung
Die Sana-Krankenhausapotheke versorgt insgesamt mehr als 1.000 akut-stationäre Klinikbetten an verschiedenen Standorten, auch außerhalb der Insel Rügen, wie z. B. in der Hansestadt Stralsund. „Das Apotheken-Team stellt dabei sicher, dass die patientenindividuell hergestellten Arzneimittel in einwandfreier Qualität am richtigen Ort zur Verfügung stehen, um einen bestmöglichen Heilungsprozess unserer Patienten zu gewährleisten", so Silke Ritschel, Geschäftsführerin des Sana-Krankenhaus Rügen. Das Spektrum reicht dabei von der individuellen Arzneimittelberatung über die Einzelanfertigungen von Präparaten, die industriell nicht verfügbar sind. In den neuen Reinräumen sollen pro Jahr ca. 10.000 Medikamentendosen zur Tumortherapie unter aseptischen Bedingungen hergestellt werden. Hinzu kommen die Herstellung von Schmerzpumpen sowie Nährlösungen unter sterilen Bedingungen.
Insgesamt investierte die Sana-Krankenhaus Rügen ca. 1,1 Mio Euro in den Umbau, davon steuerte das Ministerium für Arbeit, Gleichstellung und Soziales Mecklenburg-Vorpommern einen Fördermittelbescheid in Höhe von 696.268 Euro bei. Ritschel: „Die jetzt entstandenen Räumlichkeiten erfüllen in höchstem Maße die neuen Vorgaben, sind hoch modern ausgestattet und bieten somit optimale Herstellungs- und Arbeitsbedingungen. Somit wurde auch ein seit längerer Zeit gehegter Wunsch des Apotheken-Teams und der Krankenhausleitung erfüllt. Dank des positiven Bescheids seitens des Ministeriums konnte zügig mit der Realisierung durch die Spezialisten der WISAG begonnen werden."
Auch zukünftig nehmen Krankenhausapotheken in Deutschland einen wichtigen Stellenwert bei der wirtschaftlichen Betriebsführung von Krankenhäusern ein. Nur eine technisch hochwertig ausgestattete Krankenhausapotheke gewährleistet langfristig gesehen effiziente ­Prozess- und Betriebskosten.

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