Logistik & Supply Chain

Blockchain-Technologie ermöglicht neue Geschäftsmodelle

Wie digitale Identitäten, Token und Smart Contracts unsere Wertschöpfung ändern

17.08.2021 - Innovative Technologien und deren Anwendungen haben schon immer zu neuen Geschäftsmodellen für das eigene Unternehmen, aber auch zu Umbrüchen ganzer Branchen geführt.

Durch die aufkommende Datenökonomie und den Einsatz von KI, Cloud- und IoT-Anwendungen werden Prozessverbesserungen oder gänzlich neue Produkte und Services ermöglicht. Dadurch können Einsparungen erfolgen, Umsätze gesteigert und Wachstum generiert werden. Folglich verändern Technologien auch stets die Art und Weise, wie Wert geschöpft bzw. generiert wird und haben somit einen unmittelbaren Einfluss auf das Geschäftsmodell von Unternehmen.

Ein Geschäftsmodell beschreibt im Wesentlichen, welchem Kunden welche Leistung angeboten wird, wie diese Leistung entsteht und wie sie entgolten wird. Der Kunde steht dabei stets im Zentrum des Geschäftsmodells eines jeden Unternehmens, das seine Leistungen darauf abstimmt, seinem Kunden ein bestimmtes Nutzenversprechen zu liefern.

Das Nutzenversprechen besteht z.B. daraus, dass das Produkt des Unternehmens ein bestimmtes Problem des Kunden löst oder einen Mehrwert schafft. Innerhalb eines Geschäftsmodells ist es zudem entscheidend, wie dieses Nutzenversprechen unter Berücksichtigung der gesamten Wertschöpfungskette hergestellt werden kann. Ebenso adressiert ein Geschäftsmodell die Frage, wie der Wert für das eigene Unternehmen gesichert wird bzw. welche Ertragslogik, Kosten- und Umsatzstrukturen notwendig sind.

In der Vergangenheit fokussierten sich traditionelle Geschäftsmodelle dabei vor allem auf die Bereit- und Herstellung von Gütern und Dienstleistungen. Die voranschreitende Digitalisierung verändert klassische Geschäftsmodelle jedoch nachhaltig: Durch die Verfügbarkeit von Daten wie auch deren Handelbarkeit entstehen neue Produkte und Services. So besteht das Geschäftsmodell eines Maschinen- und Anlagenbauers heutzutage nicht (nur) daraus, die Maschine herzustellen und auszuliefern, sondern die Daten, die die Maschine generiert, zu analysieren und auf Basis der Ergebnisse seinen Kunden digitale, mitunter plattformbasierte Dienstleistungen z.B. im Bereich der Smart Maintenance anzubieten.

Diese Transformation der Geschäftsmodelle lässt sich in nahezu jeder Branche wiederfinden, egal ob Chemie- und Pharma-, Logistik- oder Automobilbranche. Die Wertschöpfung innerhalb der Industrie 4.0 wird folglich durch die Vernetzung sowie Abbildung, aber auch Entkopplung von physischer und digitaler Welt ermöglicht.

Next Step: Blockchain

Auf dem Weg zu einer vollendeten Industrie 4.0 entstehen im Zuge der Datenökonomie jedoch eine Vielzahl an Herausforderungen. Diese können technischer aber auch organisatorischer oder rechtlicher Art sein. Im Zuge dieser Herausforderungen wird oftmals die Blockchain-Technologie als möglicher Lösungsansatz diskutiert.

Die Blockchain als kryptografisch gesicherter, verteilter bzw. dezentraler und kooperativ-genutzter Datenspeicher, kann Herausforderungen wie mangelnde Transparenz und Vertrauen zwischen verschiedenen Parteien oder die Vergabe von Nutzungsrechten entlang datenbasierter Prozesse lösen. Daten können nachvollziehbar und unveränderbar innerhalb einer Blockchain gespeichert werden und erlauben somit eine transparente Darstellung der entsprechenden Prozessschritte. Zudem können über Smart Contracts logische Abfolgen bzw. „Wenn-Dann“-Bedingungen dargestellt und mit der Blockchain verknüpft werden.

Folglich ist es also möglich, automatisierte Bezahlvorgänge bei entsprechendem Daten­input vertrauenswürdig abzubilden.

Ein weiterer, relevanter Aspekt der Blockchain-Technologie ist die Tokenisierung von Werten, Rechten und digitalen Assets. Über sog. Token können austauschbare Assets wie z.B. Währungen oder andere materielle Güter aber auch nichtphysische, sprich digitale, individuelle und einzigartige Assets wie digitale Kunstwerke oder Patente abgebildet werden. Besonders spannend ist dabei, dass einem digitalen Gut eine eindeutige Urheberschaft, wie z.B. im Falle eines digitalen Kunstwerks, zugewiesen werden kann. Dadurch ist es mitunter erstmalig möglich, digitale Güter und ihre Einheiten zu besitzen, zu teilen und zu handeln.

 

„Mehrwerte der Blockchain-Technologie kommen immer dann zum Tragen, wenn verfügbare Daten manipulationssicher gespeichert und vorgehalten werden sollen.“

 

Neue Geschäftsmodelle durch die Blockchain?

Durch ihre Eigenschaften kann die Blockchain-Technologie nahezu alle Bereiche eines Geschäftsmodells verändern. Zum einen werden neue Kundensegmente angesprochen und erschlossen, da vielleicht erstmalig der Austausch zwischen vorher nicht interagierenden, sich nicht vertrauenden Parteien ermöglicht wird. Neuartige Nutzenversprechen sind dabei bspw. die Informationsgenauigkeit über den Ursprung der Rohstoffe oder ein verbessertes Prozessmanagement beim Waren­eingang des Kunden durch digitale Zertifikate und Dokumente, die mithilfe digitaler Identitäten eindeutig zugewiesen und belegt werden können. Folglich wird auch die Wertschöpfungskette von Unternehmen und deren Netzwerkpartnern durch die Technologie verändert.

Außerdem ist es möglich, mithilfe einer Blockchain-Lösung Materialflüsse zurückzuverfolgen und somit Compliance-Verstöße, Qualitätskontrollen oder auch den CO2-Fußabdruck transparent aufzuzeigen. Zudem entstehen neue Ertragslogiken. Beispielsweise wäre es mithilfe von Smart Contracts und einer vertrauenswürdigen Datenbasis möglich, bei Erhalt der Ware automatisierte Bezahlvorgänge zu triggern, sodass Zahlungsfristen verkürzt und administrative Prozesse verschlankt werden. Darüber hinaus können auch digitale Assets in Form von Token gehandelt, getauscht und entsprechend vergütet werden. Ebenso lässt sich mittels eines Smart Contracts ein Pay-per-Use-Vergütungsmodell umsetzen.

Gleichzeitig werden mithilfe der Blockchain-Technologie aber nicht nur neue Geschäftsmodelle ermöglicht, sondern mitunter auch Intermediäre ausgeschlossen.

Infolgedessen müssen auch klassische Intermediäre, wie Banken und zentrale Plattformbetreiber ihre bestehenden Geschäftsmodelle hinterfragen.

 

„Durch ihre Eigenschaften kann die Blockchain-Technologie nahezu alle Bereiche eines Geschäftsmodells verändern.“

 

Potenziale für die Chemiebranche: Blockchain in der Praxis

Dass die Blockchain-Technologie wesentlich mehr ist als „Bitcoin“, haben zahlreiche Industrien auch abseits der Finanzbranche bereits erkannt und so werden erste vielversprechende Projekte z.B. im Bereich der Logistik und des Supply Chain Managements aber auch in der Chemie- und Pharmabranche pilotiert und umgesetzt.

Die Mehrwerte der Blockchain-Technologie kommen immer dann zum Tragen, wenn verfügbare Daten manipulationssicher gespeichert und vorgehalten werden sollen und alle beteiligten Parteien von der entsprechenden Transparenz und Datendemokratie profitieren, weil sie bspw. dieselben Compliance-­Vorgaben erfüllen müssen. Ebenso wird die Blockchain-Technologie in Kombination mit IoT, digitalen Identitäten und Smart Contracts in Bereichen erprobt, wo digitale Lösungen bisher an ihrer Vertrauenswürdigkeit scheiterten. Folglich könnten Audits und Selbstauskünfte vereinfacht werden, indem Dokumente digital vorgehalten und mithilfe digitaler Identitäten über ein sogenanntes Identity Wallet verifiziert werden.

Attraktive Anwendungsfelder in der Chemie- und Pharmabranche sind dabei vor allem der Transport von Gefahrgütern, aber bspw. auch die Nachvollziehbarkeit des Transports von temperaturkritischer Ware mithilfe von entsprechenden Sensoren, die nicht nur die genaue Position, sondern auch die Temperatur der kritischen Ware erfassen und auf die Blockchain schreiben.

Auch neue Ansätze im Bereich der Circular Economy werden durch die Blockchain-Technologie möglich: Die Rückverfolgbarkeit von Materialien und somit auch die mögliche Bestimmung des Ursprungs von Teil­elementen spielt nicht nur bei der Qualitätskontrolle, sondern auch bei der Rückführung und Entsorgung eine entscheidende Rolle. Wird transparent nachgehalten, welche Rohstoffe und Elemente auf welchen Partner zurückzuführen sind, können neue Entsorgungs- und damit verbundene Kostenmodelle implementiert werden. Außerdem ist es möglich, Netzwerkpartner für eingesparte Ressourcen oder eine entsprechende Rückführung mit Token oder anderen Anreizmechanismen zu entlohnen.

Entscheidend für den erfolgreichen Einsatz der Blockchain ist dabei jedoch nicht nur die technologische Machbarkeit, sondern auch die Frage, wie und ob das Geschäftsmodell des eigenen Unternehmens, aber auch das der beteiligten Netzwerkpartner zum Positiven verändert wird. Die Einführung von Blockchain-Lösungen ist deshalb auch stets eine Managementaufgabe und erfordert den frühzeitigen Einbezug aller Geschäftsbereiche und relevanten Netzwerkpartner.

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