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Chemiekonjunktur – Europas Chemie weiter im Aufwind

Überdurchschnittliches Wachstum in Niederlande, Italien und Spanien

30.05.2018 -

Die europäische Wirtschaft ist gut ins Jahr 2018 gestartet. Nahezu alle europäischen Volkswirtschaften setzten zuletzt ihren Wachstumskurs fort. Die Wirtschaftsleistung der Europäischen Union (EU) stieg von Januar bis März im Vorjahresvergleich um 1,9 %. Dennoch dürfte der konjunkturelle Rückenwind im weiteren Jahresverlauf nachlassen. Die Ölpreise legten an den internationalen Rohstoffbörsen wieder zu. Das entzieht Europa Kaufkraft. Hinzu kommen weitere Belastungsfaktoren. Für Unsicherheit sorgt vor allem die Weltlage: Die USA haben der Ankündigung einer dezidiert protektionistischen Handels- und Industriepolitik Taten folgen lassen. Aber auch die Haltung Chinas ist nicht förderlich: Das Reich der Mitte möchte zwar selbst stark in ausländische Märkte vordringen. Investitionen für ausländische Unternehmen im eigenen Land erschwert China aber weiterhin. Diese Lage kann sich zu einem globalen Handels- und Währungskrieg ausweiten.

Gute Aussichten für Europas Chemie
Noch aber sind die Aussichten für Europa gut. In diesem Jahr rechnet der Verband der Chemischen Industrie (VCI) nur mit einer leichten Abschwächung des Wirtschaftswachstums in der EU auf 2,0 % (Grafik 1). Noch besser sehen die Aussichten für die Industrie aus. Sie wird ihre Produktion voraussichtlich um 2,5 % ausweiten können. Einen besonderen Aufwind spüren die Hersteller von Investitionsgütern. Von der guten Industriekonjunktur profitiert auch das Chemiegeschäft. Die chemisch-pharmazeutische Industrie dürfte in diesem Jahr ein Produktionsplus erneut von 2 % erreichen.

Chemiewachstum legt Verschnaufpause ein
Die Produktion der europäischen Chemie- und Pharmaindustrie stieg im vergangenen Jahr von Quartal zu Quartal kräftig, so dass die Branche im Gesamtjahr 2017 einen Zuwachs von 1,9 % verbuchen konnte. Die Unternehmen starteten daher mit viel Rückenwind ins neue Geschäftsjahr. Doch der Jahresbeginn 2018 verlief für Europas Chemie holprig. Im Vergleich zu den vorangegangenen drei Monaten mussten die Unternehmen die Produktion um 0,6 % drosseln (Grafik 2). Dennoch lag die Produktion von ­Januar bis März immer noch knapp 3 % höher als ein Jahr zuvor. Während die Bestellungen aus dem Ausland weiter zulegten, hielten sich europäische Industriekunden mit den Chemikalienbestellungen zurück.

Erste Kennzahlen für das zweite Quartal deuten darauf hin, dass die europäische Industrie nur eine vorrübergehende Verschnaufpause eingelegt hat. Nach jüngsten Schätzungen dürfte die europäische Chemie- und Pharmaindustrie im zweiten Quartal ihre Produktion wieder leicht ausweiten. Insgesamt war die Chemieproduktion in der EU im ersten Halbjahr auf hohem Niveau stabil. Die Kapazitäten waren zuletzt mit durchschnittlich 82 % weiterhin gut ausgelastet. Allerdings zeigten sich deutliche Unterschiede in den einzelnen Chemiesparten. Zwar verbuchte im ersten Halbjahr sowohl die Pharmaindustrie als auch die Chemiesparten insgesamt ein deutliches Produk­tionsplus von knapp 3 % (Grafik 3), doch die Grundstoffchemie konnte nicht an das gute Vorjahr anknüpfen. Die Hersteller von anorganischen Grundstoffen und Petrochemikalien mussten ihre Produktion zurückfahren. Demgegenüber konnten die Geschäfte mit Konsum- und Spezialchemikalien gegenüber dem guten Vorjahr noch einmal zulegen. Den größten Zuwachs verbuchten die Polymere. Die Produktion von Kunststoffen und Chemiefasern legte um rund 8 % zu.

Chemikalienpreise im Aufwind
Während die Pharmapreise stabil blieben, setzten die Chemikalienpreise im bisherigen Jahresverlauf ihren Aufwärtstrend beschleunigt fort (Grafik 4). Im Vergleich zum Vorjahr stiegen die Preise für chemische Erzeugnisse um 2,5 %. Die Unternehmen konnten dank der stabilen Nachfrage und gut ausgelasteter Kapazitäten steigende Rohstoffkosten rasch an die Kunden weitergeben. Am größten war der Preisanstieg in den Grundstoffsparten Petrochemie und Polymere, die am Anfang der Wertschöpfungsketten stehen und stärker von der Ölpreisentwicklung abhängen. Aber auch die übrigen Sparten konnten Preiserhöhungen durchsetzen.
Der Preis für Rohöl setzte seinen Aufwärtstrend vom Jahresende 2017 im bisherigen Jahresverlauf fort. Ein Fass Rohöl der Nordseesorte Brent kostete von Januar bis März 66,95 USD. Gegenüber dem Vorquartal war dies ein Anstieg von fast 9 %. Im Zwölfmonatsvergleich war Rohöl nahezu 24 % teurer. Auch der Preis für Naphtha, dem wichtigsten Rohstoff der Chemieindustrie, legte im bisherigen Jahresverlauf zu.

Nicht alle Länder können Schritt halten
Das Chemiegeschäft verlief zu Jahresbeginn nicht in allen ­europäischen Volkswirtschaften rund. Ein Blick auf die Produktion bedeutender europäischer Chemieländer zeigt, dass einige nicht mehr an das gute Vorjahresniveau anknüpfen konnten. Beispielsweise lag die Chemieproduktion in Polen oder Großbritannien im ersten Quartal niedriger als ein Jahr zuvor ­(Grafik 5). Auch Belgien und Frankreich mussten die Chemieproduktion zuletzt drosseln. Beide Länder konnten im Vorjahresvergleich dennoch ein kleines Plus verbuchen. Demgegenüber konnten die Niederlande, Italien oder Spanien ihre Chemieproduktion im Vorjahresvergleich kräftig ausweiten. Den größten Zuwachs gab es in Deutschland. Doch hier ist das Wachstum fast ausschließlich vom Pharmageschäft getragen. Rechnet man dieses heraus, bewegt sich die deutsche Chemie in etwa im Gleichschritt mit den übrigen EU Ländern.

Dynamik lässt leicht nach
Trotz zahlreicher konjunktureller Risiken verlief der Jahresauftakt für die europäische Chemie- und Pharmaindustrie insgesamt erfreulich. Zwar musste die Branche die Produktion zu Jahresbeginn leicht drosseln. Dies war jedoch keine Trendwende. Im ersten Halbjahr blieb die Mengenentwicklung auf hohem Niveau stabil. Die Preise legten wegen deutlich anziehender Rohstoffpreise zu. Das beflügelte den Branchenumsatz. Vor diesem Hintergrund ist die Stimmung in den Unternehmen gut, wenngleich es zwischen den Sparten und den einzelnen Ländern deutliche Unterschiede gab. Für die kommenden Monate hoffen die Unternehmen auf eine steigende Nachfrage. Die europäischen Volkswirtschaften dürften ihren Aufschwung fortsetzen. Die Industriekonjunktur verliert aber nach dem starken Vorjahr an Dynamik. Vor diesem Hintergrund lässt auch im Chemiegeschäft die Dynamik allmählich nach. Angesichts des guten Vorjahres rechnet der VCI für das Gesamtjahr 2018 dennoch mit einem Anstieg der Chemieproduk­tion in Höhe von 2 %.

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