Strategie & Management

Wacker auf dem Weg zur Data Driven Company

Wertschöpfung aus Daten zur Steigerung von Wachstum, Geschwindigkeit, Resilienz und Nachhaltigkeit

14.06.2023 - Die Digitalisierung ist allgegenwärtig und verändert nicht nur Geschäftsabläufe in der Chemie- und Pharmaindustrie, sondern etabliert sich mehr und mehr als Treiber innovativer Geschäftsmodelle und somit als strategischer Faktor für nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit.

Stefan Gürtzgen befragte im Rahmen der CHEManager-Serie über die Digitalisierungsstrategien namhafter Chemie- und Pharmaunternehmen Martin Richtberg, CIO und CDO bei Wacker Chemie, dazu, welche Rolle die IT hierbei einnimmt und welche Technologien für ihn dabei eine zentrale Rolle spielen.

CHEManager: Herr Richtberg, welche Bedeutung hat die Digitalisierung für die zukünftige Ausrichtung und die Wettbewerbsfähigkeit Ihres Unternehmens?

Martin Richtberg: Digitalisierung ist in der chemischen Industrie mittlerweile ein wichtiger Wettbewerbsfaktor. Daher haben wir bereits im Jahr 2017 mit dem Programm Wacker Digital eine konzernweite strategische Plattform geschaffen, um unsere digitalen Aktivitäten gezielt auszubauen – und das nicht nur mit Blick auf innovative digitale Technologien und Prozesse: Ebenso wichtig ist uns die digitale Transformation und der damit einhergehende Kulturwandel im Unternehmen. Das Programm ist langfristig angelegt, der Schwerpunkt verschiebt sich dabei aktuell zunehmend in Richtung ‚Wertschöpfung aus Daten‘.

 

„Digitalisierung ist in der chemischen Industrie
mittlerweile ein wichtiger Wettbewerbsfaktor.“

 

 

Ziel ist es, eine möglichst breite Nutzung relevanter Daten im Konzern zu ermöglichen, denn dies wird aus unserer Sicht ein immer wichtigerer Aspekt im Kontext von Wachstum, Geschwindigkeit, Resilienz und Nachhaltigkeit.

In welchen Bereichen oder Prozessen sehen Sie die größten Potenziale?

M. Richtberg: Für Wacker als produzierendes Unternehmen stehen digitale Lösungen für den Geschäftsbetrieb und die Produktion im Vordergrund, um so die Prozesse zu optimieren, die Automatisierung manueller Abläufe zu verbessern, die Produk­tionsleistung weiter zu erhöhen und so unsere Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Hier haben wir bereits beachtliche Erfolge vorzuweisen: Inzwischen erzielt Wacker einen wiederkehrenden finanziellen Nutzen durch digitale Anwendungen, der jedes Jahr im deutlichen zweistelligen Millionen-Euro-Bereich liegt.
Darüber hinaus beschäftigt uns, wie bereits erwähnt, das Thema „Daten“ zunehmend mehr, denn Daten zuverlässig zu generieren, intelligent zu verknüpfen und einfach nutzbar zu machen sind entscheidende Schritte einer langfristig erfolgreichen Digitalisierung. Und das erstreckt sich über alle Bereiche, von Einkauf und Lieferkette über Technik und Produktion bis hin zum Kunden.

Wie tragen Daten in Ihrem Unternehmen konkret zur Wertschöpfung bei?

M. Richtberg: Als forschendes und produzierendes Unternehmen fallen bei uns viele Informationen und Daten an, daher legen wir viel Wert auf Technologien und Lösungen, um diese zu erfassen, zu verarbeiten und zu visualisieren. Damit einher geht die Nutzung von maschinellem Lernen und künstlicher Intelligenz, die auf diesen Daten aufbauen. Hier haben wir im Rahmen unseres Digitalprogramms eine geeignete digitale Infrastruktur geschaffen, die wir derzeit gezielt ausbauen. In diesem Zusammenhang wurden wir von der RWTH Aachen auch für herausragende Leistungen bei der Implementierung von KI in der Forschung ausgezeichnet.

Wo stehen Sie bezüglich der Umsetzung Ihrer Digitalstrategie?

M. Richtberg: Die erste Phase des Programms „Wacker Digital“ hat die Basis für digitales Wachstum im Konzern gelegt – dies war ein essenzieller Schritt, um eine erfolgreiche Skalierung digitaler Lösungen im Konzern zu ermöglichen. Wie schon angesprochen liegt ein wesentlicher Schwerpunkt im Bereich ‚Manufacturing Operation Management‘. Hier haben wir zunächst eine zukunftsfähige IT-Infrastruktur aufgebaut, die wir nun in verschiedenen Anlagenbereichen ausrollen – wir ernten also zunehmend die Früchte unserer Bemühungen und sehen ein sehr gutes Momentum.

Auch im Bereich Customer Frontend haben wir gute Fortschritte erzielt und präsentieren uns unseren Kunden mit neuen Informations- und Kollaborationsplattformen. Im Mittelpunkt stand und steht hier das Ziel, das digitale Marketing zu forcieren und eine zentrale Verwaltung und Nutzung von Produktdaten zu ermöglichen.

Was planen Sie, um die Digitalisierung bei Wacker mittel- bis langfristig voranzutreiben?

M. Richtberg: Insgesamt ist Wacker im Bereich Digitalisierung bereits gut aufgestellt und behält diesen Kurs konsequent bei. Wir werden unser konzernweites Programm mittelfristig weiterführen, sozusagen als ‚Inkubationsplattform‘ oder Starthilfe für bereichsübergreifende Themen und Initiativen. Mindestens genauso wichtig ist aber, dass die Digitalisierung in den Geschäfts- und Zentralbereichen weiterhin von „innen heraus“ getrieben wird. Hier profitieren wir inzwischen von starken dezentralen Digitalisierungsteams.
Wir agieren mittlerweile bei Wacker global in virtuellen Teams und arbeiten dank digitaler Tools effizient und produktiv zusammen, senken unsere Prozesskosten durch automatisierte Standardabläufe, optimieren Prozesse mithilfe von Big Data und erhöhen die Produktqualität. Die smarte Nutzung unserer Daten spielt in dieser Entwicklung eine zunehmend wichtige Rolle.

Welche Aspekte sind für Sie besonders kritisch hinsichtlich der Umsetzung Ihrer Digitalstrategie?

M. Richtberg: Digitale Transformation bedeutet, digitale Technologien und Lösungen in alle Bereiche eines Unternehmens zu integrieren – es geht also nicht nur um technologische, sondern auch um kulturelle Aspekte.

 

„Ein zentraler Erfolgsfaktor ist die Bereitschaft
zur Veränderung im gesamten Unternehmen.“

 

 


Ein zentraler Erfolgsfaktor ist daher die Bereitschaft zur Veränderung im gesamten Unternehmen, die durch entsprechende Kommunikation und Information zu Projekten und Erfolgen flankiert werden muss. Des Weiteren sind auch Ausdauer und Geduld gefragt, wenn alte Abläufe, bestehende Strukturen und etablierte Arbeitsweisen durchbrochen und parallel neue Technologien eingeführt werden. Und natürlich geht das nicht ohne Investitionsbereitschaft und entsprechende Ressourcen, denn auch wenn Digitalisierung mittel- und langfristig deutliche wirtschaftliche Vorteile bringt, sind zunächst teils aufwändige Vorleistungen erforderlich.

 

„Auch wenn Digitalisierung mittel- und langfristig wirtschaftliche Vorteile bringt,
sind zunächst Vorleistungen erforderlich.“

 


Mit Blick auf die Mitarbeitenden steht die Fähigkeit zum Umgang mit und zur Nutzung von digitalen Technologien im Fokus. Das reicht von der Fach- und Methodenkompetenz bis hin zur persönlichen Sicherheit im Umgang mit digitalen Technologien. Letztlich wollen wir bei Wacker eine breite Nutzung neuer Technologien forcieren, den größtmöglichen Nutzen aus unseren Daten ziehen und die Denkweise ‚Treat Data as a Product‘ etablieren.

Wo sehen Sie Ihr Unternehmen in den nächsten Jahren?

M. Richtberg: Wacker hat bereits wichtige Schritte auf seinem Weg zu einem Digital Leader in der chemischen Industrie geschafft – aber die Reise ist für uns noch längst nicht zu Ende. Wir haben eine gute Basis gelegt; jetzt geht es darum, zu skalieren, also pilotierte Anwendungsfälle schnell in die Breite zu bringen. Dazu werden wir das zentrale Programm über die nächsten Jahre weiterführen und die Entwicklung zu einer ‚Data-Driven Company‘ interdisziplinär koordinieren. Das zentrale Digitalisierungsprogramm sowie diverse Leuchtturmprojekte in den verschiedenen Bereichen werden vom Wacker-Management eng begleitet, richtungsweisende Entscheidungen werden in einem Digital-Board getroffen. Unser Ziel für die nächsten Jahre ist es, mit effizienten Prozessen, modernen Technologien und bestens vorbereiteten Mitarbeitenden noch schneller und wettbewerbsfähiger zu werden und so die Wachstumsstrategie des Unternehmens nach besten Kräften zu unterstützen.

ZUR PERSON
Martin Richtberg ist Senior Vice President Information Technology der Wacker Chemie. Der promovierte Ingenieur kam im Jahr 2001 zum Münchner Chemiekonzern und arbeitete zunächst als Projektingenieur im Bereich technische Planung und Anlagenbau. Anschließend leitete er verschiedene Investitionsprojekte und baute u. a. einen Standort in den USA auf. Bevor Richtberg Anfang 2022 die Führung der IT-Abteilung übernahm, leitete er das globale Project Engineering.

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