Strategie & Management

Henkels digitale Zukunft mit KI

Künstliche Intelligenz transformiert Industrie und Konsumentenerlebnisse

29.01.2024 - KI bei Henkel: Die Zukunft gestalten, Mensch und Technologie im Fokus. Interview mit Michael Nilles, Chief Digital and Information Officer (CDIO).

Michael Nilles, Chief Digital & Information Officer (CDIO) bei Henkel, ist überzeugt: „Künstliche Intelligenz verändert Wirtschaft und Gesellschaft in einem ähnlichen Ausmaß wie das Internet, aber mit Lichtgeschwindigkeit!“ In dem globalen Konzern, der sowohl im Industrie- als auch im Konsumgütergeschäft führende Marktpositionen hält, ist er verantwortlich für Digitalisierung, IT und Venturing. Im Rahmen der CHEManager-Serie über die Digitalisierungsstrategien namhafter Chemie- und Pharmaunternehmen sprach er mit Stefan Gürtzgen darüber, wie Henkel auf veränderte Konsumentengewohnheiten reagiert und warum es zur unternehmenskritischen Kernkompetenz wird, Industrie und künstliche Intelligenz smart miteinander zu verbinden.

CHEManager: Herr Nilles, welche Bedeutung hat die Digitalisierung für die zukünftige Ausrichtung und die Wettbewerbsfähigkeit Ihres Unternehmens?

Michael Nilles: Neben Nachhaltigkeit und Innovation ist Digitalisierung eine der wichtigsten Säulen bei Henkel, um unseren Wettbewerbsvorteil zu stärken und ganzheitliches Wachstum voranzutreiben. Um die digitale Transformation in unserem Unternehmen zu beschleunigen, haben wir 2020 die Digitaleinheit Henkel dx gegründet. Hier treiben wir mit gebündelter Tech-Expertise und Start-up-Mentalität die Digitalisierung über alle Unternehmensbereiche und Funktionen hinweg voran. Wir sehen die Chance, mithilfe der Digitalisierung Wettbewerbsvorteile zu erlangen und schneller zu wachsen als der Markt. 

Wie genau?

M. Nilles: Die Digitalisierung kann ein echter Wertschöpfungsfaktor sein, um in direkten Kontakt mit Kunden und Konsumenten zu treten und so unsere Zielgruppen besser anzusprechen und schneller zu verstehen. Nur durch diesen direkten Kontakt mit den Verbrauchern sind wir wirklich am Puls der Zeit und können schnell auf Trends im Markt reagieren. Denn das Kaufverhalten von Konsumenten hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Sie entscheiden, wann, wo und wie sie mit Produkten und Marken in Kontakt treten. Ob physisch im Handel, über Smartphone-Apps oder perspektivisch in virtuellen Welten wie dem Metaverse. 

„Künstliche Intelligenz verändert Wirtschaft und Gesellschaft in einem ähnlichen Ausmaß wie das Internet, aber mit Lichtgeschwindigkeit!“


Wie geht Henkel dabei konkret vor?

M. Nilles: Mit unserer digitalen Geschäftsplattform RAQN, die wir in enger Zusammenarbeit mit Adobe entwickelt haben, können wir auf veränderte Konsumentengewohnheiten eingehen, wie dem zunehmenden Wunsch nach Personalisierung. Auf dieser Plattform haben wir eine Umgebung geschaffen, in der Marketing, Produkte sowie Dienstleistungen schnell, gezielt und effizient bereitgestellt werden können. RAQN ist ein multifunktionales Tool, das digitalen Handel und Marketing mit der Consumer & Customer Intelligence (CQ) Engine verbindet. Die CQ Engine wandelt vorhandene Daten in Echtzeitkundenprofile um und nutzt die KI-basierten Erkenntnisse daraus, um unseren Konsumenten ein konsistentes Omni-Channel-Erlebnis zu bieten. Das bedeutet: Auf Basis gesammelter Daten werden individuell zugeschnittene Inhalte entlang der Customer Journey angeboten. Nach nur zwei Jahren laufen bereits über 350 Webdomains von mehr als 40 Marken-Clustern weltweit auf der RAQN-Plattform. 
Ein konkretes Beispiel ist SalonLab & Me im Haarpflegesegment. Mithilfe eines Smart Analyzers scannt der Friseur die Haare seiner Kunden und gibt hyper-personalisierte Produktempfehlungen und Haarpflegetipps. Auch für dieses Geschäftsmodell bildet unsere RAQN-Plattform die Basis, um der Haarpflege der Zukunft einen Schritt näher zu kommen.

Inwieweit unterstützt Technologie die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle?

M. Nilles: Lange Zeit reichte es für Industrieunternehmen aus, den Computer rein funktional zu deuten, Computer veränderten weder ihr Geschäftsmodell noch ihre Produkte. Unser heutiges Zeitalter ist dagegen von einem rasanten technologischen Wandel geprägt. Vernetzung und digitale Transformation verändern die Dynamik der Märkte so schnell wie nie zuvor, bringen künstliche Intelligenz in physische Produkte und schaffen neue Geschäftsmodelle. Industrieunternehmen, Konsumgüterhersteller im Besonderen, werden umso erfolgreicher sein, je mehr sie selbst von den Möglichkeiten der Technik verstehen. Es geht nicht mehr nur darum, eine vom Hersteller entwickelte Software möglichst fehlerfrei einzusetzen, sondern darum, künftige Anwendungen aus den Möglichkeiten neuer Technologie herauszulesen, mit den eigenen Stärken zu kombinieren und eine holistische Verbindung von Technologie und eigener Domainexpertise auf den Markt zu bringen. Je weiter voraus Industrieunternehmen in Sachen KI denken, desto größer fällt künftig ihr Markterfolg aus. Aus dem Anwender der Vergangenheit wird ein Co-Entwickler und Co-Innovator der Zukunft. 

„Die Digitalisierung kann ein echter Wertschöpfungsfaktor sein, um in direkten Kontakt mit Kunden und Konsumenten zu treten.“


Demnach hat KI bei Henkel einen hohen Stellenwert?

M. Nilles: Bei Henkel ist KI keine Zukunftsvision mehr, sondern erweist sich schon heute als hochwirksam. Sie wird bereits für verschiedene Aufgaben eingesetzt, insbesondere zur Verarbeitung von großen Datenquellen. Wir automatisieren Prozesse, die in der Vergangenheit manuell durchgeführt werden mussten. Wir beschleunigen und verbessern den Kundenservice. Wir optimieren die Arbeit in den Forschungs- und Entwicklungslaboren, um Innovationsprozesse zu beschleunigen. Marketing, Finanzwesen, IT und Customer Experience bieten zahlreiche weitere Anwendungsmöglichkeiten. Vor allem aber geht es darum, unseren Konsumenten mit Hilfe von künstlicher Intelligenz zu besseren Erlebnissen zu verhelfen. KI ermöglicht Kauferlebnisse, die hinsichtlich Bequemlichkeit, Treffsicherheit und Personalisierung noch vor Kurzem als unvorstellbar galten. Beispielsweise können Verbraucher auf den Webseiten von Persil für einen Kundenservice rund um die Uhr auf digitale Assistenten zugreifen, und auf den digitalen Kanälen von Schwarzkopf können sie aktuell mehrere Hundert Haarfarben in einem Virtual-Try-On ausprobieren. 

Spielt generative KI – GenAI – auch schon eine Rolle bei Henkel? 

M. Nilles: GenAI verändert Wirtschaft und Gesellschaft in einem ähnlichen Ausmaß wie das Internet – aber mit Lichtgeschwindigkeit. Basierend auf unserer umfassenden Erfahrung mit KI führen wir derzeit Pilotprojekte zu GenAI durch, so im Bereich Forschung & Entwicklung zur Validierung von Daten und Technologien, sowie zur Erstellung von Inhalten. Unser Ziel ist es, einen rechtskonformen Rahmen und eine verantwortungsvolle Nutzung von GenAI zu definieren. Konkret gehen wir das Thema mit drei Säulen an: 
Erstens interne Innovationskraft: Unsere internen Experten treiben die Entwicklung neuer, datengetriebener Lösungen in unseren Innova­tion-Hubs in Berlin, Düsseldorf, Bangalore, Schanghai und in den USA in interdisziplinären Teams voran. So haben wir zum Beispiel auch ein cross-funktionales GenAI-Innovationsteam gegründet, welches sich genaustens mit der Technologie auseinandersetzt und Anwendungsmöglichkeiten für Henkel prüft.
Zweitens Kooperationen mit Start-ups: Die beste Technologie entsteht immer in Netzwerken. Offener Austausch zwischen Kreativen und Technologen ist der Nährboden, auf dem Innovationen wachsen. Bei Henkel dx Ventures, unserem 2021 gegründeten Venturing-Arm, investieren wir gezielt in Nachhaltigkeit, Digital Commerce und Innovationen im Bereich F&E. Wir sind Investoren und industrieller Anwender zugleich – das verschafft Gründern, die mit uns zusammenarbeiten, einen wichtigen Startvorteil. 
Drittens strategische Partnerschaften: Zusätzlich haben wir weitreichende strategische Partnerschaften mit Adobe, SAP und Microsoft abgeschlossen. Auf Augenhöhe schließen wir uns als Industrie- und Konsumgüterunternehmen mit diesen bekannten Softwarefirmen zusammen. Gemeinsam treiben wir die Grenzen dessen voran, was Software und AI/GenAI heute und morgen leisten können. Es sind Kollaborationen zum gegenseitigen Nutzen. Jeder bringt das ein, was er am besten kann. Und gemeinsam entsteht dann die bestmögliche Kombination von Domain-Expertise mit Computerwissen. 

Wie bewerten Sie den zukünftigen Einfluss von KI auf Ihr Unternehmen und auf die Industrie? 

M. Nilles: Ohne Zweifel wird KI auf breiter Basis zu Produktivitäts- und Effizienzsteigerungen führen, ebenso zu Umsatzwachstum. In der aktuellen KI-Welle müssen Indus­trieunternehmen jedoch viel größer denken. KI wird Gesetzmäßigkeiten heutiger Wertschöpfungsketten und deren Akteure auf den Kopf stellen, ähnlich wie es das Internet getan hat, nur viel schneller. Wertschöpfungsströme werden noch stärker von Konsumenten bestimmt werden und Stufen in Wertschöpfungsketten werden eliminiert. KI nicht nur anzuwenden, sondern zu bauen, wird zur unternehmenskritischen Kernkompetenz. Einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren im KI-Zeitalter wird es allerdings auch sein, weiterhin den Menschen in den Mittelpunkt der Entwicklung zu stellen. Es bedarf klarer Interaktionspunkte zwischen Menschen und KI, um einen verantwortungsvollen Umgang mit der Technologie sicherzustellen. Wir denken Mensch mit Technologie, Konsum- und Industriegüter mit künstlicher Intelligenz nicht getrennt, sondern entwickeln und perfektionieren beides gemeinsam im Verbund mit den Besten der Welt – das ist die Zukunft, an der wir bei Henkel arbeiten.

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