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„Den Patienten in den Fokus rücken“

Die Pharmaindustrie muss den Patienten als Konsumenten sehen und seine Bedürfnisse berücksichtigen

18.03.2014 -

Die Unternehmensberatung Arthur D. Little berät namhafte Unternehmen weltweit zu den Themen Strategie, Innovation und Technologie. Die Healthcare-Sparte von Arthur D. Little erarbeitet weltweit gemeinsam mit Unternehmen, Verbänden und öffentlichen Institutionen im Gesundheitsmarkt individuelle Strategien zur Steigerung der Innovationskraft, Stärkung der Wettbewerbsposition und Bewältigung notwendiger Anpassungs- und Umstrukturierungsprozesse. Dr. Thilo Kaltenbach ist Partner bei Arthur D. Little und leitet die Healthcare Practice in Central Europe. CHEManager befragte ihn zu den Erfolgsfaktoren für Innovation in der Pharmaindustrie.

CHEManager: Herr Dr. Kaltenbach, was macht generell innovative Unternehmen aus?

T. Kaltenbach: Innovative Unternehmen zeichnen sich insbesondere durch ein ausgezeichnetes Verständnis darüber aus, wie neue Technologien dazu beitragen können, die Unternehmensziele zu erreichen. Sie verstehen es nicht nur, das ganze Unternehmen zur Generierung neuer Ideen zu mobilisieren, sondern suchen auch auf strukturierte Weise den Zugang zu für sie relevante Innovationen außerhalb der Unternehmensgrenzen. Open innovation ist ein Trend unserer Zeit gerade in der Pharmaindustrie bei dem es darum geht, die Unternehmen für externe Innovationsleistungen nachhaltig zu öffnen.

Wie hängen Innovationskultur und Unternehmenskultur zusammen?

T. Kaltenbach: In unserer Innovation Excellence Studie konnten wir eine klare Korrelation zwischen Innovationsausrichtung und Unternehmenserfolg nachweisen. Dabei haben über 600 Unternehmen unterschiedlicher Branchen ihre eigene Innovationsausrichtung bewertet und wir haben diese mit den wichtigsten Unternehmenskennzahlen in Beziehung gesetzt. Das Ergebnis war eindeutig: die Unternehmen im oberen Viertel aller Teilnehmer erwirtschaften 13 Prozentpunkte mehr Gewinn aus neuen Produkten und Dienstleistungen im Vergleich zum Durchschnitt. Außerdem sind sie mit diesen Produkten um 30 % schneller an der Gewinnschwelle als durchschnittliche Unternehmen.

Wie schafft und fördert man das Bewusstsein für Innovation in einem Unternehmen?

T. Kaltenbach: Die Unternehmen müssen die Bedeutung von Innovation in allen Unternehmensbereichen und Ebenen erkennen. Mitarbeiter müssen motiviert sein, ihre Ideen im Unternehmen einzubringen und spüren, dass dies vom Management unterstützt und belohnt wird. Dazu gehört auch eine Kultur, in der Fehler erlaubt sind, Schwachstellen offen angesprochen werden können, etablierte Strukturen in Frage gestellt und um den richtigen Weg gerungen werden kann.

Ist Innovationserfolg planbar oder birgt das Forschen an neuen Lösungen oder Produkten nicht unweigerlich auch ein Risiko zu scheitern?

T. Kaltenbach: In keiner anderen Industrie ist das Scheitern von Projekten so sehr Teil des Geschäftsmodells wie in der innovativen Pharmaindustrie. Dazu gibt es keine Alternative. Ist der Fortschritt nur inkrementell, wird er später von den Gesundheitssystemen nicht mehr entsprechend bezahlt. Also müssen die Unternehmen sich an neue Krankheiten, Technologien und Lösungswege heranwagen. Dazu gehört, dass man das Scheitern neuer Projekte nicht nur akzeptiert, sondern aktiv zu einem möglichst frühen Zeitpunkt eine Selektion erfolgsversprechender Projekte betreibt um die Kosten möglichst gering zu halten. Wichtig ist dabei auch die Wertschätzung des Beitrags der Kollegen, die in diese Projekte Zeit und Herzblut investiert haben und die Belohnung des Muts, neue Wege gegangen zu sein.

Was unterscheidet den Innovationsprozess in einem Pharmaunternehmen von Unternehmen anderer Branchen?

T. Kaltenbach: Der Innovationsprozess in vielen Pharmaunternehmen ist stark strukturiert und formalisiert. Er wird bestimmt durch strenge regulative Anforderungen und dem Regelwerk der Evidence-based-Medicine. Andere Branchen sind hier freier, und können unabhängiger agieren, sich mehr am Konsumenten ausrichten.

Von welchen anderen innovationsgetriebenen Branchen kann die Pharmaindustrie lernen, und was?

T. Kaltenbach: Die Pharmaindustrie kann ganz sicher von derzeit führenden, innovativen Anbietern der IT-, Medien- und Elektronikbranchen lernen. Unternehmen wie Samsung, Apple und Google denken ihre Lösungen vom Konsumenten aus. Die Pharmaindustrie hat sich jahrelang aus guten Gründen an den Anforderungen des medizinischen Fachpersonals orientiert. Heute wird es zunehmend wichtig, den Patienten als Konsumenten zu sehen und seine Bedürfnisse in die Behandlung mit einzubeziehen.

Welche äußeren Faktoren werden künftig die Innovationsprozesse in der Pharmaindustrie beeinflussen bzw. verändern? 

T. Kaltenbach: Die Entwicklung in der IT-, Medien- und Telekommunikationsbranche haben zu einer stärkeren Einbeziehung der Konsumenten in gesundheitliche Inhalte gesorgt. Der Patient ist nun informiert und kann selbst gesundheitliche Parameter messen und in einen medizinischen Kontext bringen. Gleichzeitig haben die Fortschritte in der Genanalyse zu einer Personalisierung der Medizin geführt. Durch die Konvergenz dieser Entwicklungen wird die Pharmaindustrie den einzelnen Patienten noch stärker in den Fokus rücken.

Kontakt

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