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US-Chemieindustrie erholt sich in kleinen Schritten

08.02.2010 -

Die US-Immobilienkrise weitete sich in den vergangenen beiden Jahren zur weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise aus. Die Vereinigten Staaten waren dabei das Epizentrum. Die US-Wirtschaft stagnierte bereits 2008. Im letzten Jahr sank die Wirtschaftsleistung um 2,6%. Die Industrieproduktion wurde sogar um mehr als 11% gedrosselt. Zwar half der schwache Dollar den Exporteuren, der rückläufige Inlandsumsatz brachte jedoch vielen Branchen massive Probleme. Neben der Bauwirtschaft, die besonders unter der Immobilienkrise litt, gerieten die Automobil- und Konsumgüterproduzenten in den Abwärtssog. Dabei belastete die Schwäche der Bau- und Automobilindustrie das amerikanische Chemiegeschäft besonders stark. Die Chemieproduktion sank in den Jahren 2008 und 2009 jeweils um knapp 5%. Mitte des Jahres 2009 erreichte die US-Wirtschaft die Talsohle. Im weiteren Jahresverlauf setzten sich die Auftriebskräfte durch. Die Trendwende war geschafft. Die Prognosen für 2010 sehen wieder etwas freundlicher aus, wenngleich die Wachstumsraten vor dem Hintergrund des vorangegangenen Rückganges relativiert werden müssen (Grafik 1).

Chemieproduktion legt frühzeitig zu

Die schwerste Rezession der US-Wirtschaft seit der „Great Depression" endete im Sommer 2009. Das Bruttoinlandsprodukt konnte im dritten Quartal wieder zulegen, ebenso die Industrieproduktion in den USA. Dabei stieg die Nachfrage nach Chemikalien frühzeitig, weil chemische Vorprodukte zur Ausweitung der Industrieproduktion benötigt wurden. Die US-amerikanische Chemieproduktion erreichte daher bereits im ersten Quartal 2009 den Tiefpunkt, nachdem sie innerhalb weniger Monate auf das Niveau von 2003 abgeschmolzen war. Seitdem fahren die Unternehmen der Branche ihre Produktion wieder hoch. Im vierten Quartal 2009 erreichte die US-Chemieproduktion das Niveau des zweiten Halbjahres 2005 (Grafik 2). Dies ist aber immer noch als niedrig zu bewerten, weil im Vergleichzeitraum der Hurrikan Katrina zu massiven Ausfällen in der amerikanischen Petrochemieproduktion geführt hatte. Trotz Belebung bleibt die Lage im amerikanischen Chemiegeschäft schwierig.
Ein Blick auf die einzelnen Chemiesparten zeigt ein heterogenes Bild: Während die Pharmaproduktion im Gesamtjahr 2009 immerhin um 0,8% ausgedehnt wurde, war sie in den übrigen Chemiesparten rückläufig. Bei den Grundstoffen (Petrochemikalien, Anorganika und Polymere) und den Konsumchemikalien sank der Output um bis zu 6%. Besonders hart traf die Nachfrageflaute die Hersteller von Fein- und Spezialchemikalien. In dieser Sparte musste die Produktion um mehr als 15% gedrosselt werden (Tabelle 1). Dieser Rückgang spiegelt dabei das niedrige Produktionsvolumen vieler industrieller Kunden wider.

Preisverfall gestoppt

Die Chemikalienpreise der amerikanischen Produzenten erreichten im dritten Quartal 2008 ihren Höhepunkt. Bis zu diesem Zeitpunkt konnten die Unternehmen die gestiegenen Öl- und Gaspreise an die Kunden weitergeben. In Zeiten der Wirtschaftskrise wurde dies zunehmend schwieriger. Denn angesichts des einsetzenden Verfalls der Ölpreise erwarteten auch die Kunden der Chemieunternehmen zunehmend Preissenkungen. Die Chemikalienpreise sanken von Monat zu Monat. Erst Mitte des Jahres 2009 konnte der Preisverfall gestoppt werden (Grafik 3). Aufgrund steigender Nachfrage sowie steigender Preise für Öl und Gas zogen die Chemikalienpreise in den USA zuletzt wieder leicht an. Chemische Erzeugnisse waren im Gesamtjahr 2009 aber immer noch 1,5% günstiger als ein Jahr zuvor.

Umsatzminus im In- und Ausland

Die Nachfrage nach chemischen Erzeugnissen begann im Sommer 2008 eine beispiellose Talfahrt. Rückläufige Preise und stark sinkende Absatzmengen führten binnen weniger Monate zu einem Rückgang des Branchenumsatzes um mehr als 15%. Im zweiten Quartal 2009 stabilisierte sich die Lage. In den folgenden Quartalen zogen Preise und Verkaufsmengen wieder an (Grafik 4). Dennoch wurde im Gesamtjahr das Umsatzniveau des Vorjahres um 12% verfehlt. Die Geschäfte liefen im In- und Ausland gleichermaßen schlecht. Die Exporte sanken 2009 um 12,5%. Der Inlandsumsatz der US-Chemieindustrie schrumpfte um 11%. Hätte der schwache Dollar nicht die Wettbewerbsfähigkeit der US-Produzenten gestärkt, wären die Rückgänge noch schärfer ausgefallen.

Weniger Chemiebeschäftigte

Die schwache Konjunktur hinterließ ihre Spuren in den Belegschaftszahlen. Im Gesamtjahr 2009 sank die Beschäftigung in der US-Chemieindustrie um 4,3%. Seit Mitte des Jahres 2008 haben die Unternehmen der Branche rund 50.000 Arbeitsplätze abgebaut. Derzeit beschäftigen sie rund 800.000 Mitarbeiter.

Nur langsame Erholung

Ein Blick auf die Produktionsentwicklung der amerikanischen Chemieindustrie (Grafik 2) legt die Vermutung nahe, dass die Folgen der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise rasch überwunden werden könnten. Das Produktionsniveau vor der Krise scheint bereits in greifbarer Nähe zu liegen. Doch der Schein trügt. Die gesamtwirtschaftliche Erholung erfolgt nur zögerlich. Die Bürger müssen ihren Konsum drosseln, weil sie stark verschuldet sind. Die steigende Arbeitslosigkeit belastet den Konsum zusätzlich. Wenn in den kommenden Monaten die Konjunkturprogramme auslaufen, drohen die Auftriebskräfte nachzulassen. Zudem müssen wichtige Kunden der Chemieunternehmen - u.a. in der Automobilindustrie und am Bau - weitere Überkapazitäten abbauen. Rückschläge und Enttäuschungen für das Chemiegeschäft sind daher nicht auszuschließen. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass sich im Chemiegeschäft die Wachstumsraten in den kommenden Monaten wieder deutlich abschwächen. Die Erholung erfolgt nur noch in kleinen Schritten. Im Gesamtjahr 2010 dürfte die Chemieproduktion nur um 4,5% ausgeweitet werden. Die Lage bleibt schwierig.

 

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